Engelsbann: Dunkle Verlockung Teil 2 (German Edition)
nickte und zögerte kurz, ehe sie die Treppen wieder hinauflief. »Ich werde Mylady einen Tee kochen.«
Kein Tee der Welt hätte den Zorn in Nimras Herzen besänftigen können, doch Mimosas Geist sollte davon unberührt bleiben. Ihr liebes, altes Haustier in den Armen haltend, wandte sie sich ab und ging in den südlichen Teil des Gartens – ein wildes Wunderland, das Mimosas liebster Spielplatz gewesen war, bevor das Alter ihr die Flügel gestutzt hatte. Sie vernahm die beiden tiefen Männerstimmen hinter sich, und als Noel an ihrer Seite auftauchte, wusste sie, dass er den Streit, worum er auch gegangen sein mochte, gewonnen haben musste.
Er sagte kein Wort, bis Christian mit einer kleinen Schaufel in der Hand neben ihnen landete und sie Noel reichte. Sie hörte, wie Noel dem Engel etwas zuraunte, bevor dieser mit rauschenden Flügeln davonflog, gab sich jedoch keine Mühe, das Gesagte zu verstehen, denn sie hatte ihre ganze Aufmerksamkeit darauf gerichtet, Mimosa so sanft wie möglich hin- und herzuwiegen. »Du warst eine treue Begleiterin«, erklärte sie der Katze, und die Kehle wurde ihr eng. »Ich werde dich vermissen.« Manch einer – ob sterblich oder unsterblich – hätte es für dumm gehalten, einem Wesen mit einer so kurzen Lebensspanne so viel Liebe zu schenken, aber sie verstanden es einfach nicht.
»Unsterbliche«, sagte sie zu Noel, als sie sich dem südlichen Teil des Gartens näherten, »leben so lange, dass sie mit der Zeit abstumpfen und ihre Herzen hart werden. Für manche sind Grausamkeit und Schmerzen die einzige Möglichkeit, Emotionen hervorzurufen.« Nazarach, der Herrscher über Atlanta und die angrenzenden Gebiete, war einer dieser Engel, von den Wänden seines Hauses hallten die Schreie der Gepeinigten wider.
»Tiere sind unschuldig«, sagte Noel, »ohne Arglist und verborgene Absichten. Die Liebe zu einem Tier nährt die Sanftheit des eigenen Herzens.«
Es überraschte sie nicht, dass er um diese leise Wahrheit wusste. »Sie hat mich so vieles gelehrt.« Durch den geschwungenen, steinernen Bogengang betrat Nimra den verborgenen Teil des Gartens, den Mimosa so geliebt hatte. Sie hörte, wie Noel den Atem anhielt, als er das Gewirr von Rosen, Wildblumen, Pekanuss- und Obstbäumen erblickte, die sich unter den Früchten bogen. Die Wege waren beinahe bis zur Unpassierbarkeit überwuchert.
»Davon wusste ich gar nichts.« Er streckte die Hand aus, um über eine außergewöhnliche weiße Rose zu streichen.
Sie wusste, dass er keine Empörung, sondern Staunen empfand. Ebenso wie das kleine Kätzchen, das Mimosa einmal gewesen war, trug auch er eine Spur von Wildheit in sich. »Ich glaube, es wird ihr gefallen, ein Teil dieses Gartens zu sein.« Ihre Kehle fühlte sich rau an, als wäre sie mit Sandpapier überzogen.
Schweigend folgte ihr Noel über die verwilderten Wege zu einer Stelle unter den schützenden Armen einer Magnolie, die Sturm, Wind und Zeit überdauert hatte. Als sie stehen blieb, setzte er die Schaufel an und begann zu graben. Es dauerte nicht lange, bis das Loch tief genug für Mimosas Leichnam war, doch anstatt Nimra mit einem Nicken zu verstehen zu geben, sie solle die Katze hineinlegen, ging Noel zu einem Strauch in der Nähe, der in voller Blüte stand. Mit beiden Händen pflückte er die Farbenpracht, ehe er zurückkam und sie auf dem Grund des winzigen Grabes auslegte.
Nimra konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Lautlos liefen sie über ihr Gesicht, während Noel noch zweimal zu dem Strauch zurückging. Als er fertig war, lag im Grab ein samtiger Teppich aus rosa, weißen und gelben Blütenblättern, so weich wie frisch gefallener Schnee. Nimra ließ sich auf die Knie sinken, drückte ihrem Haustier einen flüchtigen Kuss auf den Kopf und legte es hinein.
Die Blüten strichen über ihre Handrücken, als sie sich von Mimosa löste. »Ich hätte etwas mitbringen sollen, um sie einzuhüllen.«
»Ich glaube, so wäre es ihr lieber«, sagte Noel und ließ weitere Blüten über Mimosa rieseln. »Es ist ein passendes Begräbnis für eine Katze, die so gern umhergestreift ist, findest du nicht?«
Sie nickte und griff hinter sich, um einige Federn aus ihrem Flügel zu zupfen. »Als sie noch ganz jung war«, erzählte sie Noel, »war sie von meinen Federn fasziniert. Sie hat immer versucht, welche zu stibitzen, wenn ich nicht hinsah.«
»Hatte sie damit je Erfolg?«
»Ein oder zwei Mal«, sagte sie, und ihr entschlüpfte ein tränennasses Lachen. »Und
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