Engelslust
Pflanzen, die überall im Geschäft aufgehängt waren. Wohin das Auge blickte, standen Gläser und Keramikschalen mit und ohne Deckel. Es gab sogar getrocknete Insekten und welche, die noch lebten.
Cain verabschiedete sich, doch bevor er ging, drückte ihm der Chinese einen kleinen, mit roter Farbe bestrichenen Kürbis, der an einer ebenso roten Schnur hing, in die Hand. »Glücksbringer für Gesundheit und Schutz«, sagte er mit bebender Stimme. »Den werden Sie brauchen.«
Als Cain aus dem Laden trat, sperrte Mr Fang Cheng hinter ihm ab und Cain holte sein Smartphone aus der Tasche seiner Cargohose, um die Zentrale der Excelsior Corporation anzurufen. Den Glückskürbis steckte er in eine andere Hosentasche am Oberschenkel.
Cain hatte keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen oder wo er suchen sollte. Er konnte nicht viel tun, nur wieder warten, bis der Kelchdieb das Artefakt erneut aktivierte. Dann musste er hoffen, diesmal schnell genug zu sein, um den Dieb zu schnappen.
Je länger Cain darüber nachdachte, wer für die Diebstähle verantwortlich war, desto mehr Kopfzerbrechen bereitete ihm die Tatsache, dass es nur jemand gewesen sein konnte, der ihrer Organisation angehörte: Magier, Menschen, Engel und auch andere Wesen wie Elfen hatten es geschafft, sich nach strengsten Aufnahmeprüfungen der Corporation anzuschließen. Für Cain kamen jedoch nach wie vor nur Wesen in Betracht, die schon von Geburt an düstere Charaktereigenschaften besaßen, wie … Dämonen. Cains Gedanken kreisten unentwegt über die Unterweltler, die schon seit Urzeiten nach der absoluten Herrschaft strebten. Wegen ihnen würde Cain nie arbeitslos werden, denn seine Aufgabe war es, das Gleichgewicht der Mächte zu wahren. Sein ganzes Dasein als Engel galt der Dämonenabwehr. Ein harter Job, der stets seine volle Konzentration erforderte, doch leider auch verdammt eintönig war. Zum Glück hatte er seinen Kollegen Crispin, mit dem es nie langweilig wurde. Sie sahen sich zwar nicht oft, weil Cain Außendienst schob und Cris in der Zentrale arbeitete, aber viel Zeit für andere Dinge blieb ihnen ohnehin nicht.
Es war bereits zwei Uhr morgens, doch in Chinatown herrschte immer noch reges Treiben, also ging Cain tiefer in die Seitengasse hinein, wo es etwas ruhiger war. Dabei hallte das von seinen schweren Einsatzstiefeln stammende Geräusch seiner Schritte von den Hauswänden.
»Zentrale«, sprach Cain in sein Handy, das auf seine Stimme programmiert war, damit es niemand sonst benutzen konnte, denn es erfüllte eine Vielzahl weiterer Funktionen. Das Display seines Smartphones erhellte sich und zwei Sekunden später leuchtete ihm das Gesicht eines blonden Mannes entgegen: Crispin.
Wer war eigentlich auf die Idee gekommen, alle, deren Namen mit C anfingen, in ein und dieselbe Schicht zu stecken?
»Hi, Cris«, sagte Cain, wobei er sich mit der freien Hand die restlichen Tannennadeln von seiner Kleidung klopfte. Er hatte beim Abflug aus Kanada wohl einen Baum gestreift. »Ich brauche hier ein Verlegungskommando. Hast du meine Koordinaten?«
»Jepp, ich hab dich: New York, Chinatown, hinter Fang Chengs Laden. Hast du schon was über den Dieb herausbekommen?« Crispin klang aufgeregt und neugierig zugleich.
»Nein, nicht wirkl...« Plötzlich drehte sich die Welt vor seinen Augen. Er konnte sich gerade noch auf einen schmutzigen Karton setzen, bevor sein Unterbewusstsein ihn mit seltsamen Bildern und Sinneseindrücken überschüttete: Cains Schulter schmerzte höllisch. Sie brannte wie Feuer, und dieses Feuer fraß sich in rasender Geschwindigkeit durch seinen Körper. Schwer atmend und schweißüberströmt wälzte er sich auf dem Boden, der sich hart und kühl in seinen Rücken drückte. Cain wusste, dass seine Zeit bald vorüber war.
Etwas piekste in seine Wirbelsäule.
Steine … Cain lag auf felsigem Grund. Als er sich umsah, erkannte er eine von Fackeln erhellte Höhle und einen Berg voller Knochen. Er konnte kaum den Kopf drehen. Sein Körper war wie gelähmt. Der Schmerz in seiner Schulter strahlte bis in sein Gehirn aus und vernebelte seinen Verstand.
So viel zu seinem Glücksbringer von Mr Fang. Cains Herz schien immer langsamer zu schlagen, zudem hatte er eine Scheißangst. Doch trotz Furcht und Schmerzen fühlte sich Cain zur selben Zeit … erregt?
Das war unmöglich! Nur eine magische Waffe konnte ihn derart schwer verletzen, da hatte er wirklich alles andere als Lust auf Sex – dennoch fühlte sich sein Schwanz knallhart
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