Enigmatic Fynomenon: Roman (INHUMAN FYNOMENON Band 2) (German Edition)
bitte!“
Fyns Tränen benetzen Keylans Schultern, tropfen in sein Gesicht. Keylan blinzelt, als eine Träne seines Hybriden-Bruders direkt in seinem Augapfel trieft. Etliche Tropfen gleiten an dem entkräfteten Freund vorbei - als Vorreiter seines Absturzes. Keylan verschwimmt in den verschleierten Blicken seiner Freunde und plötzlich passiert es, etwas das keiner glauben will:
„Keylan! Keylan, NEIN! KEYLAAAAN...!!!“
Keylans dunkelgrüne Augen sind weit aufgerissen. Er stürzt, rauscht unter einem Orchester von schreien, kreischen und plärren nach unten. Geräusche seines aufprallenden Leibes, seiner zerspringenden Glieder und Knochen, treiben Übelkeit in die Mägen seiner Beobachter, die sich gezwungen fühlen, nach unten zu starren; wie besessene Voyeure, die hinsehen müssen, um zu begreifen.
Er wird immer kleiner. Seine Stimme verhallt zwischen den schroffen Mauern, die seinen Körper aufschlagen lassen, ihn umwerfen, drehen und weiter nach unten katapultieren.
Ohnmacht hat Keylan Palmers Stimme geraubt. Er schlägt mehrere Male auf spitze Steine, seine Haut reißt, platzt und zerfetzt. Blut färbt den Strom unter ihm. Dann taucht sein roter zerschlagener Körper in die nasse Kälte, verschwindet wie ein Geist in der Gischt des wilden Flusses.
„NEIN!!!“, schreit Fyn.
Seinen Echos folgt Stille.
Die Screecher grummeln interessiert.
Alle sind sprachlos, weinen, spüren Schmerzen, bohrenden Verlust.
Nein, nicht Keylan, ... das kann unmöglich wahr sein.
„Es ist meine Schuld! KEYLAN ... mein Bruder... wieso? WIESO?!“
Fyn ist paralysiert. Sein Körper vibriert, als er realisiert, dass ES wirklich geschah und nicht wieder rückgängig zu machen ist. Es gibt keine Möglichkeit mehr, Keylans dummen Fehltritt zu löschen, auch für ihn, als übermenschlichen Hybriden, nicht.
Der phlegmatische Alpha Aleph versucht Fyn zu beruhigen.
„Es ist niemandes Schuld, junger Hybrid. Sein Schicksal nimmt ihn, wenn seine Zeit es vorsieht.“
„Scheiß Zeit!!! Aleph schieb' dir dein blödes Schicksalsgeschwafel sonst wohin! Keylan ist viel zu jung zum Sterben!“, schimpft Fyn, außer sich vor Wut und Verzweiflung. Fassungslos stehen sie da, schluchzen und können es einfach nicht verstehen.
Fyns Stimme überschlägt sich zitternd, erreicht eine untypische schrille Höhe:
„Was macht das für einen Sinn? Gerade haben wir den Tod der Erde überstanden – nur um jetzt, ein paar Tage später zu sterben? Nein,... nein... Schicksal ist Müll. Sei einfach ruhig Aleph, halt' endlich mal deine blöde Alpha-Klappe, aus der immer nur der pure Mist strömt!“
„Fyn...“
„Nein, Jonas! Aleph kapiert NICHTS. Nie kapiert der irgendwas! Der Scheintote, weiß ja nicht mal was es heißt lauthals zu lachen! Und … und niemand braucht das Schicksal, immer steht es in Verbindung mit dem Tod, mit Schmerzen und Unvermeidbarem! Hörst du Schicksal? Verzieh' dich endlich aus meinem Leben!!!“
Fyns Schrei hallt weit durch die Enge der tödlichen Schlucht.
Zeit zum Trauern haben sie nicht, denn Screecher kennen weder Rücksicht noch Mitleid!
Abgelenkt von Monstern und der permanenten Gefahr eines Absturzes, schreiten die Freunde unter Tränen und tiefer Traurigkeit voran.
Fyn ist so leer, dass seine komplette Situation ihm völlig gleichgültig geworden ist. Sollen mich doch die Screecher holen, denkt er, während er sich schniefend über das Gesicht wischt.
Keylan ist tot, sein geliebter „Bruder“, sein Kumpel ... wie oft haben sie sich zusammen müde gelacht, wie oft hat Fyn ihn verhöhnt weil er, wie so häufig, irgendwas nicht kapiert hatte.
Keylan war immer so zerstreut. Manchmal schusselig, hatte eine so lustige, lebendige und liebenswerte Art. Er war immer für Fyn da, hatte ihm zugehört, wenn ihm etwas auf der Seele brannte. Fyn erinnert sich an ihre Mehlschlacht, wobei Keylan beim Lachen beinahe erstickte, weil ihm eine weiße Staubwolke die Luft raubte. Ihre Flucht durch den Dschungel, die Begegnung mit Zapzorhida und ihr Erwachen in der neuen Welt ...
Und ich hab' ihn noch aufgezogen, hab ihn „Winselpflaume“ genannt … , erinnert sich Fyn, wobei er gleichzeitig weint und lächelt. Es tut so verdammt weh!
Aber nicht nur Fyn kämpft einen Kampf: Um diesen Verlust zu verkraften werden alle ihre Zeit brauchen. Zeit, die sie im Moment nicht haben, weil sie jetzt um ihre eigenes Leben bangen müssen.
Die Screecher verfolgen die Sieben in großen zähen Schritten. Immer wieder blitzt einer ihrer
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