Entdecke die Kraft der Meditation
eigenen Ängsten zu stellen. Mir ist es so ergangen.
Ich habe als achtzehnjährige College-Studentin 1971 mit dem Meditieren begonnen, als ich ein Studienjahr in Indien absolvierte. Ich war auf der Suche nach praktischen Mitteln gegen den seelischen Schmerz und die Verwirrung, die mich alle Tage als Folge einer sehr unglücklichen und chaotischen Kindheit begleiteten. Mein Vater ging weg, als ich vier war, und als meine Mutter starb, war ich neun und lebte von da an zunächst bei meinen Großeltern. Zwei Jahre später starb mein Großvater, und mein Vater tauchte kurzzeitig wieder auf, bis er nach einem Selbstmordversuch für immer in der Psychiatrie verschwand.
Als ich schließlich mit dem College begann, hatte ich in fünf unterschiedlich zusammengesetzten Haushalten gelebt, und am Beginn der Veränderungen hatte jedes Mal ein Verlust gestanden. Die Erfahrung des Verlassenseins hatte sich mir tief eingeprägt. Die Menschen, die mich aufzogen, waren fürsorglich, aber nicht in der Lage, offen über all das zu sprechen, was mir widerfahren war. So festigte sich bei mir der Eindruck, dass mir in diesem Leben eigentlich nicht viel zustand. All den Kummer, die Wut und Verwirrung behielt ich für mich, und das verstärkte noch mein Gefühl, nicht liebenswert zu sein. Wie sehr ich mich danach sehnte, irgendwo hinzugehören und dort Liebe und Geborgenheit zu finden!
Mit sechzehn schrieb ich mich zum Vorstudium an der State University of New York in Buffalo ein. Im zweiten Jahr lernte ich in einem Kurs über östliche Philosophie den Buddhismus kennen. Hier wurde die Realität des Leidens so ungezwungen und freimütig anerkannt, dass ich mich sofort angezogen fühlte. Jetzt musste ich mich nicht mehr gar so allein fühlen, ich war nicht die Einzige, die litt!
Buddha, ein um das Jahr 563 v. Chr. geborener Spross eines nordindischen Herrscherhauses, aus dem ein großer spiritueller Lehrer wurde, sagte: »Und würdest du auch die ganze Welt absuchen, nie fändest du einen, welcher deiner Liebe würdiger wäre als du.« Buddha bestätigte nicht nur die Möglichkeit der Selbstliebe, sondern ging noch weiter und sagte, es sei notwendig, diese Liebe zu uns selbst zu nähren, denn nur dann könnten wir andere lieben und für andere da sein. Solche Gedanken gaben mir Zuversicht, sie linderten meine Ratlosigkeit und Verzweiflung. Sicher, es blieben Zweifel, aber die bloße Aussicht, vom Selbsthass zur Selbstliebe zu gelangen, zog mich unwiderstehlich an. Ich war nicht auf eine neue Religion aus, ich wollte einfach, dass all das Unglück von mir genommen wurde.
Als sich die Chance bot, an einem in Indien angebotenen Studienprogramm teilzunehmen, machte ich mich auf die Reise. Dort angekommen erfuhr ich von einem hoch angesehenen Lehrer, der ein Meditationsretreat leiten würde, an dem auch Anfänger teilnehmen konnten. Ich hatte mir Meditation als etwas sehr Exotisches vorgestellt und war dann ein wenig enttäuscht, als es keinerlei mystische Anleitungen gab, schon gar nicht in abgedunkelten Gelassen, die voll eines übernatürlichen Schimmers waren. Der Stapellauf meiner Meditationspraxis war vielmehr von diesen schlichten Worten begleitet: »Setzen Sie sich bequem hin und spüren Sie Ihren Atem.«
Meinen Atem spüren?, dachte ich entrüstet. Um meinen Atem zu spüren, hätte ich in Buffalo bleiben können. Doch ich fand schnell heraus, wie unendlich viel in Bewegung kam, wenn ich mich einfach auf das Einatmen und Ausatmen sammelte. Wie nah meine Erfahrung mir da plötzlich war, wie anders – und wie viel freundlicher ich zu mir selbst sein konnte, wie viel offener anderen gegenüber!
Als ich dann lernte, wie ich tief in mich hineinblicken konnte, stieß ich auf die mächtige Goldader des Guten und Wertvollen, die es in jedem von uns und eben auch in mir gibt. Sie kann so tief verborgen sein, dass man kaum noch an sie glaubt, aber sie kann nie ganz verloren gehen. So nahm ich schließlich von ganzem Herzen an, dass es mir zusteht, glücklich zu sein, dass es jedem Menschen zusteht. Wenn ich heute einem fremden Menschen begegne, fühle ich mich ihm verbunden, da ich weiß, wie viel wir gemein haben. Und wenn ich mir selbst in der Meditation begegne, kommt es mir nicht mehr so vor, als hätte ich eine Fremde vor mir.
Meditation hat tief reichende und subtile Veränderungen meines Denkens bewirkt, und ich sehe mich heute anders in der Welt. Ich habe gelernt, dass ich nicht auf das beschränkt bleiben muss, was ich als Kind zu
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