Entsetzliches Gleichmaß
das Geschehen auf dem Laufenden zu bleiben … Außer für dich, oder?«
Kira antwortete nicht. Ihr Blick haftete nach wie vor an Rokais Hinterkopf. Der Fahrstuhl wurde langsamer und hielt dann an. Sie stiegen aus und ließen ihn zurückfahren, um die anderen einzuladen.
Shing-kur nahm die Sicherheitstür in Augenschein, dann sah sie den dunklen Korridor hinab. »Hat man dich hier eingesperrt?«
Kira nickte in die Schatten. »Meine Zelle liegt gleich hinter der Kurve, am Ende des Flures. Von dem Moment, als man mich herbrachte, bis zum Ausfall der Energie, war sie alles, was ich kannte.« Sie hielt inne und entschied, die Frage nicht weiter aufschieben zu können. »Shing-kur … welches Jahr haben wir?«
Die Kressari zögerte. »Ich fürchte, ich bin mit dem bajoranischen Kalender nicht vertraut.«
»Kennst du den cardassianischen?«
»Ja«, sagte Shing-kur und verriet Kira, was sie wissen wollte.
Als sie es hörte, war ihr, als bräche etwas in ihrem Inneren zusammen. Ihre Knie wurden weich. Ihr Griff an Rokais Kragen lockerte sich, und sie musste sich an ihm abstützen.
»Kira?«, fragte Shing-kur.
»Fünfzehn Jahre«, flüsterte sie. »Wie kann das sein? Fünfzehn Jahre …«
Shing-kurs Pupillen wurden gelbgrün. »Ich dachte nicht … Es tut mir so leid.« Sie wurden weiß, als ihr Blick zu Rokai weiterwanderte. Seit sie den Lift verlassen hatten, starrte der einstige Wärter die Sicherheitstür an. »Du solltest ihn töten, Kira«, sagte die Kressari. »Er hat dich die ganze Zeit hier festgehalten. Er verdient …«
»Er wird bekommen, was er verdient«, schwor Kira und mühte sich um Fassung. »Aber zuerst hilft er mir, den zu finden, der mir das angetan hat.«
Der Lift kehrte zurück und brachte den Rest ihrer Gruppe. Kira wies Rokai an, die Tür zu öffnen. Der Dal beugte sich zum Retinascanner vor, und sofort verschwand das breite Portal in der Korridordecke. Als Kira über die Schwelle trat, gingen automatisch die Lichter an.
Ihr war zum Lachen zumute. Das Rauminnere glich dem Hauptzimmer einer üppig ausgestatteten cardassianischen Wohnung. Extravagante Möbel, stilvolle Accessoires, eine Sitzecke und ein an einen Thron erinnernder Stuhl hinter einem breiten Tisch. Hinter letzterem führte ein Korridor zu kleineren Zimmern: einem luxuriösen Schlafzimmer mit geräumigem Bad, einem Lagerraum mit medizinischen Vorräten und Geräten, einem zweiten mit Nahrung von Notrationen bis hin zu exotischen Alkoholika. Fellen fand sogar eine kleine Waffenkammer, in der diverse Energiewaffen lagen, einige Plasmagranaten, Schutzkleidung und Überlebensausrüstung unterschiedlichster Art. Fellen, die als Waffenlieferantin für eine Maquis genannte Gruppe von Föderationsrebellen inhaftiert worden war, bezeichnete das Arsenal als »Ausrüstung oberster Güte«.
Wie Kira vermutet hatte, bekam die Wohnung ihre Energie von einer anderen, vom Schaden an den Gefängnisreaktoren unbeeinträchtigten Quelle. Ein eigenes Computersystem hielt alles am Laufen, von der Lebenserhaltung über die Transporterinhibitoren bis zu Kraftfeldern, die die dicken Außenwände verstärkten. Rokai hatte nicht gelogen, als er von einem Bunker sprach. Dies war eine geheime Festung, in der sich Dukat, wenn er das wollte, vor dem gesamten Universum verschanzen konnte – und zwar eine ganze Weile lang.
»Warum?«, fragte Kira den Wärter, während die anderen den Bunker durchsuchten. »Warum braucht er so einen Ort?«
Der Dal antwortete nicht sofort. Fast schon verträumt sah er den großen schwarzen Tisch an. Shing-kur saß dort, hackte sich in den Computer und versuchte, herauszufinden, welche Ressourcen ihnen dieses Versteck sonst noch bot. Die Kressari erwies sich als sehr versiert im Umgang mit cardassianischer Technik. Dieses ungewöhnliche Talent war zum Teil schuld daran, hatte sie erklärt, dass sie in Letau gelandet war. Man hatte sie vor vier Jahren wegen des Verdachts der Spionage und Verschwörung zum Bioterrorismus eingebuchtet. Ob die Anklage gerechtfertigt gewesen war, sagte sie nicht.
Irgendwann begann Rokai dann doch: »Gul Dukat wusste, dass das Universum unberechenbar ist und sich das Glück schnell wenden kann – und wird. Diese Lektion lernte er schon in jungen Jahren, auf Bajor zu Beginn der Annektierung. Aufgrund seines damaligen Unglücks versetzte man ihn, quasi zur Strafe, nach Letau. Doch er blieb fest entschlossen, eines Tages wieder in altem Glanz zu erstrahlen … und das tat er auch, wieder und
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