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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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geschehen?«
    Gowenna senkte den Blick. »Noch vor zwei Tagen hätte ich mir einzureden versucht, daß wir dann noch eine Chance hätten«, antwortete sie, sehr leise und in einem Tonfall, der Skar frösteln ließ. »Aber jetzt...« Sie schüttelte den Kopf, trat einen Schritt zur Seite und lehnte sich mit der Schulter gegen den eisglitzernden Felsen. »Ihr habt den Dronte erlebt. Die Wesen, die erwachen könnten, werden tausendmal schlimmer sein.«
    »Aber das ist doch geradezu hirnrissig!« warf Del ein. »Bei allen Göttern, Gowenna — wenn du all das gewußt hast, was hattest du dann vor? Warum hast du uns durch diese Hölle marschieren lassen? Um uns
das da.
zu zeigen?«
    Gowenna blickte traurig hinunter auf die glitzernden Ruinen von Cor-ty-cor, auf die Dels ausgestreckter Arm wies. »Nein«, sagte sie. »Aber was sollten wir denn tun? Auf dem Wrack der SHAROKAAN bleiben und warten, bis einer nach dem anderen gestorben wäre?« »Und was willst du hier tun?«
    »Ich weiß es nicht. Ich... ich hatte gehofft, den Hafen zu finden, von dem die alten Lieder berichten. Cor-ty-cor liegt am Meer, und in einem Hafen gibt es Schiffe.«:
    »Schiffe!« keuchte Del. »Eine ganze Flotte kleiner Dronte-Kinder, wie? Und du hättest eines von ihnen an die Leine genommen, und —« »Del, bitte.« Skar seufzte hörbar. Gowenna hatte recht — wo es einen Hafen gab,
konnte
es Schiffe geben, und sie waren verzweifelt genug, um nach einem Strohhalm greifen zu müssen. Draußen am See wäre ihnen der Tod gewiß gewesen.
    »Außerdem sehe ich keinen Hafen«, murrte Del.
    »Er ist da, und es ist nicht einmal mehr sehr weit«, antwortete Gowenna ruhig. »Er liegt unter der Erde, Del, so wie fast alles, was die Sternengeborenen erbaut haben. Wir könnten ihn in wenigen Stunden erreichen.«
    Del zog eine Grimasse. »Aber das wäre zu einfach, wie?«
    »Wir müssen Vela finden. Es kann sein, daß es nichts mehr gibt, wohin wir uns wenden könnten, wenn wir ein Schiff nehmen und davonsegeln würden.« Sie sprach ernst, und diesmal schien selbst Del zu spüren, daß sie von ihren Worten überzeugt war. Er erwiderte nichts mehr. »Wieviel Zeit ist noch«, fragte Skar, »bis das Kind geboren wird?«
    »Ein paar Wochen — unter normalen Umständen. Aber ich fürchte, es wird eher kommen.«
    »Und selbst wenn nicht, könnten wir keine paar Wochen nach ihr suchen«, murmelte Del. Er sah wieder auf die schimmernde Stadt aus Eis herab und ballte in ohnmächtigem Zorn die Fäuste. »Da unten kann sich eine Armee verstecken — und du willst einen einzelnen Menschen finden?« Er lachte böse. »Die Männer werden nicht mehr aufstehen, wenn sie sich noch einmal zum Schlafen niederlegen. Das heißt, wir müssen sie heute finden. In wenigen
Stunden,
Gowenna.
    Und du weißt, daß das unmöglich ist.«
    »Ich werde wissen, wenn wir uns ihr nähern«, behauptete Gowenna. »Und Skar auch.«
    Del sah überrascht auf. »Du —«
    »Nicht Vela — aber dem Kind.« Gowennas Stimme hatte plötzlich etwas Beschwörendes, aber als er sie ansah, war in ihrem Gesicht nur Müdigkeit, und er begriff, daß er selbst es war, die Furcht in ihm, die ihren Worten den Klang eines unseligen bösen Omens verlieh.
    »Ist das wahr?« fragte Del.
    Skar lächelte und widerstand im letzten Moment der Versuchung, sich umzudrehen, damit Del die Unsicherheit auf seinen Zügen nicht mehr sehen konnte. »Natürlich«, sagte er in übertrieben erheitertem Tonfall. »Hast du noch nie etwas von Vatergefühlen gehört?«
    Del blieb ernst. »Doch«, sagte er. »das habe ich. Aber ich habe allmählich die Nase voll davon, auf klare Fragen nur Rätsel zur Antwort zu bekommen, Skar.« Er schwieg einen Moment, trat dann zwischen sie, als wäre er in der Arena und darum bemüht, den Blickkontakt zwischen zwei Kämpfern zu unterbrechen, und starrte Skar an. »Auf welcher Seite stehst du eigentlich?«
    Skar drehte sich um. Er konnte spüren, daß die Kluft zwischen ihnen wieder da war, tiefer und unüberbrückbarer als zuvor. Sie war niemals geschlossen gewesen. Die scheinbare Gefahr hatte sie für ein paar kurze flüchtige Momente zusammengeschweißt, aber es war nichts als Gewohnheit gewesen, vielleicht nicht einmal mehr als ein Reflex. Del war und blieb der Fremde, den er seit dem ersten Tag ihrer Reise in ihm gesehen hatte. Mit einem Male ertrug er es nicht einmal mehr, ihm in die Augen zu sehen. »Ich wollte, ich wüßte es«, flüsterte er.
    »Auch eine Art,
nicht
zu antworten«,

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