Lady Helenes skandaloeser Plan
1
Streng vertraulich …
18. März 1816
Gräfin Pandross an Lady Patricia Hamilton
… Liebste, was Du mir über die Eskapaden des Earls von Godwin berichtet hast, überrascht mich keineswegs. Die verstorbene Gräfin Godwin (mit der ich, wie Du weißt, eng befreundet war) würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüsste, dass ihr Sohn in seinem Haus Opernsängerinnen empfängt! Und mich schauert bei der Vorstellung, dass eine dieser übel beleumdeten Frauen sogar mit ihm leben könnte. Wie seine bedauernswerte Ehefrau das erträgt, werde ich wohl nie begreifen. Helene hat in dieser Angelegenheit stets den höchsten Anstand bewahrt, jedoch meine ich Gerüchte gehört zu haben, dass sie ihn eventuell um die Scheidung bitten wird. Ich kann mir nicht vorstellen, was
die
wohl kosten mag, aber Godwin wird ja über mindestens fünfzehntausend Pfund im Jahr verfügen und sich eine Scheidung leisten können.
Wie dem auch sei, meine Liebe, was mich wirklich interessiert, sind die Pläne für das Debüt Deiner reizenden Patricia. Hattest Du mir nicht geschrieben, dass Du am Wochenende des Fünften einen Ball geben wolltest? Mrs Elizabeth Fremable meint nämlich, dass …
21. April 1816
Helene Holland, Gräfin von Godwin, an ihre Mutter, zurzeit wohnhaft in Bath
Liebe Mutter,
ich habe durchaus Verständnis für Deinen Kummer über meine katastrophale Ehe. Ich weiß, dass mein Durchbrennen mit Rees Schande über die Familie gebracht hat, ich möchte Dich jedoch daran erinnern, dass seitdem Jahre vergangen sind. Mir ist außerdem bewusst, dass eine Scheidung noch schlimmer ist. Dennoch bitte ich Dich, meine Entscheidung zu akzeptieren. Ich kann so nicht weiterleben. Wenn ich daran denke, wie ich mein Leben vergeudet habe, bin ich tief betrübt.
Deine Dich liebende Tochter
Helene, Gräfin von Godwin
22. April 1816
Rees Holland, Earl von Godwin, an seinen Bruder, Vikar in Nordengland
Lieber Tom,
hier ist alles in bester Ordnung. Ja, ich weiß, dass mein schlechter Ruf Dir Sorgen bereitet, doch Du wirst den Schaden hinnehmen müssen, den ich unserem guten Namen zufüge. Ich versichere Dir, meine Sünden sind noch viel zahlreicher, als Dir Deine gottesfürchtigen Zuträger hinterbracht haben. In meinem Esszimmer tanzen nämlich täglich Frauen auf dem Tisch.
In brüderlicher Verbundenheit
Rees
22. April 1816
Miss Patricia Hamilton an Miss Prunella Forbes-Shacklett
Liebe Prunes,
es ist ganz schrecklich, dass Deine Mama sich mit Dir auf dem Lande vergräbt! Wann wirst Du endlich nach London kommen? Es sind schon sehr viele Leute hier, und wenn man nicht frühzeitig einen Termin abmacht, findet man kaum noch eine Schneiderin, die einem das Kleid für die Vorstellung bei Hofe näht. Aber ich muss Dir etwas ganz Tolles berichten, Prunes: Ich habe gestern einen absolut faszinierenden Mann kennengelernt. Er ist allem Anschein nach sehr berüchtigt – ein wahrer Wüstling! Ich werde seinen Namen hier nicht nennen, falls mein schrecklicher kleiner Bruder den Brief in die Finger bekommt, bevor ich ihn aufgebe, aber er ist ein Earl und seine Initialen lauten RH . Du kannst ihn im Adelsregister nachschlagen. Offenbar hat er seine Ehefrau vor ein paar Jahren aus dem Haus geworfen und lebt jetzt mit einer Opernsängerin zusammen! Mutter war, wie Du Dir vorstellen kannst, furchtbar nervös und hat mir strikt verboten, mit ihm zu tanzen, weil es Gerüchte wegen einer Scheidung gibt. Stell dir nur vor, ich würde mit einem geschiedenen Mann tanzen! Natürlich werde ich es tun, sobald sich die Gelegenheit bietet …
23. Mai 1816
Rees Holland, Earl von Godwin, an Helene Holland, Gräfin von Godwin
Helene,
wenn Du mich sehen willst, musst Du schon zu mir kommen, da ich an einer Partitur arbeite, für die in Kürze die Proben beginnen. Wem oder was verdanke ich diese reizende, wenn auch unerwartete Freude? Ich hoffe, Du wirst nicht wieder um die Scheidung bitten, denn meine Antwort ist immer noch die gleiche. Ich sage Sims Bescheid, er solle auf Antwort warten, da ich bezweifle, dass Du den Mut aufbringen wirst, diese Lasterhöhle zu betreten.
Rees (soll ich hinzufügen: Dein Dich liebender Ehemann?)
23. Mai 1816
Mr Ned Suffle, Geschäftsführer der Königlichen Italienischen Oper, an Rees Holland, Earl von Godwin
Ohne Mylord unter ungebührlichen Druck setzen zu wollen, muss ich dennoch betonen, dass ich die Partitur des
Quäkermädchens
spätestens bis Ende des Monats benötige.
23. Mai 1816
Helene Holland, Gräfin
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