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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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abwichen und kurzerhand den Fels rechts und links davon hinaufkletterten; eine Aufgabe, die allein durch Gowennas Gegenwart beinahe unlösbar wurde. Skar trug ihr Gewicht nahezu allein; Del half ihm nur da, wo es wirklich nicht anders ging, die übrige Zeit blieb er zwar in ihrer unmittelbaren Nähe, um im Notfall sofort zugreifen zu können, sah aber mit einem schadenfrohen Grinsen zu, wie Skar Gowenna über die zerklüfteten Steine zog und teilweise trug.
    Skars vor Kälte taube Hände waren bald blutig und eingerissen, aber das spürte er kaum noch. Sein Blick suchte immer wieder die zerborstenen Felsen beiderseits des Durchbruches ab, aber das einzige, was er sah, war der Schnee, der vom Wind immer wieder hochgewirbelt wurde.
    Die letzten Meter waren wieder leichter. Das Eis war hier oben fest und trug ihr Gewicht, und Del und er konnten nebeneinander gehen. Skar widerstand der Versuchung, seine Waffe zu ziehen. Aber seine Schritte wurden langsamer, je weiter sie sich dem Punkt näherten, an dem sie die andere Seite der Ebene zu sehen hofften.
    Der Anblick traf Del wie eine Ohrfeige. Er blieb stehen, so abrupt, als hätte ihn eine unsichtbare Hand mitten in der Bewegung zurückgerissen, starrte aus ungläubig aufgerissenen Augen auf die endlose weiße Fläche unter sich hinab und suchte vergeblich nach Worten. Gowenna reagierte anders — so, wie er erwartet hatte. Ein rasches Aufblitzen von Erkennen huschte über ihre Züge, gemischt mit Furcht.
    »Das ist es, wohin Vela wollte«, sagte Skar. »Nicht wahr?«
    Obwohl der Anblick für ihn nicht neu war wie für Del, lähmte ihn das bizarre Bild beinahe im gleichen Maße. Anders als am Morgen löste es jetzt Furcht in ihm aus. Irgend etwas war anders. Er konnte den Unterschied nicht in Worte fassen, aber er spürte ihn. War die Ebene am Morgen nur fremd gewesen, so wehte ihnen jetzt etwas Feindseliges, Böses entgegen, ein Hauch wie jener, den er an Bord des Dronte verspürt hatte, aber direkter, drohender.
    »Skar- was ist das?« murmelte Del. Sein Blick hing noch immer wie gebannt an den blitzenden Konturen dieses gigantischen weißen Labyrinthes, das ein verspielter Gott über die Welt verstreut zu haben schien.
    Skar zuckte mit den Achseln und sah Gowenna an. »Frag sie«, knurrte er halblaut. »Ich weiß es so wenig wie du. Ich weiß nur, daß wir hindurch müssen. Oder?« Gowenna antwortete nicht, sondern tat weiter so, als registriere sie gar nicht, was um sie herum vorging. Der Sturm zerrte an ihren Kleidern. Sie wankte, und Skar konnte sehen, wie sich ihre Hände unter dem Mantel nervös bewegten.
    »Müssen wir das wirklich?« Del riß sich los und starrte Gowenna an. »Und dann?« fuhr er fort. »Was dann, Gowenna?« In seiner Stimme war plötzlich ein gereizter, aggressiver Unterton. »Was ist das, dort unten? Und was erwartet uns dort?«
    Gowenna sah auf. Ihr Gesicht zuckte. Eine Sekunde lang hielt Del ihrem Blick stand, dann trat er plötzlich auf sie zu, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie so heftig, daß Skar ihn instinktiv zurückriß. Gowenna wankte, griff haltsuchend nach einem Felsen und fand im letzten Moment ihr Gleichgewicht wieder.
    Wütend schlug Del Skars Hand beiseite und trat abermals auf Gowenna zu. »Ich habe dich etwas gefragt«, sagte er drohend. »Also?« Gowenna schluckte. Ihr Blick suchte den Skars und wurde flehend.
    Skar sah weg.
    »Skar hat... hat recht«, brachte sie stockend hervor. »Das dort unten ist Velas Ziel. Der Ort, an den sie... gerufen wurde. Das weiße Labyrinth.«
    »Dafür, daß du nichts weißt, weißt du eine Menge«, knurrte Del.
    »Aber das beantwortet meine Frage nicht, Gowenna —
was
ist das?« Er ergriff sie abermals bei den Schultern, schüttelte sie aber diesmal nicht, sondern begnügte sich damit, sie grob herumzudrehen und festzuhalten, so daß sie auf die glitzernde weiße Einöde hinuntersehen mußte. »Und Helth?« fragte er. »Was ist mit ihm? Wird er dort unten auf uns warten — oder vielleicht deine Eisfreunde oder der Dronte?«
    »Laß mich los«, bat Gowenna. »Du tust mir weh.«
    Zu Skars Überraschung ließ Del sie wirklich los, ergriff sie jedoch gleich darauf wieder am Arm und drehte sie abermals herum. Gowennas Gesicht zuckte vor Schmerzen, und für einen ganz kurzen Moment stieg Zorn in Skar auf. Aber er zwang sich dazu, ruhig dabeizustehen und zuzuhören.
    Gowenna begann sich unter Dels Griff zu winden. »Ich weiß nichts von Helth«, keuchte sie. »Ich... Skar —

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