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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht teilen, Gowenna. Wer sagt dir, daß hinter diesen Bergen etwas anderes ist als diesseits? Wenn es überhaupt Berge sind.«
    »Niemand«, erwiderte Gowenna trotzig, den letzten Teil seiner Antwort bewußt ignorierend. »Aber hast du eine bessere Idee? Selbst wenn uns der Dronte nicht angreift, erfrieren oder verhungern wir in ein paar Wochen, wahrscheinlich eher. Da greife ich lieber nach dieser Chance, und sei sie noch so gering.«
    »Natürlich«, seufzte Skar. »Es war auch nur...« Er brach ab, senkte den Blick und rang sich ein halbherziges Lächeln ab. Gowenna berührte ihn am Arm und legte den Kopf auf die Seite.
    »Du mißtraust mir noch immer.«
    »Tue ich das?«
    Gowenna nickte. »Ja. Und ich kann es dir nicht einmal verübeln.
    Ich habe dich ein paarmal zu oft belogen, um noch Vertrauen von dir verlangen zu können, glaube ich. Ich kann dich nur bitten, mir zu glauben.«
    »Was zu glauben?« fragte Skar. »Daß du nichts weißt? Daß du mit deiner Kunst am Ende bist, so wie ich und alle anderen?« Er schüttelte den Kopf, streifte ihre Hand ab und deutete auf den still daliegenden See hinunter. Von hier oben aus betrachtet wirkte er wie ein gigantischer schwarzer Spiegel, in dem sich das Licht der Sterne brach. Vielleicht wäre es für Skar jetzt an der Zeit gewesen, irgendein versöhnliches Wort zu sprechen, aber ihm stand der Sinn nicht nach großmütigen Gesten; im Gegenteil. Alles, was er fühlte, war eine immer tiefer werdende Verzweiflung.
    »Angenommen«, fuhr er nach einer Weile des Schweigens fort, »wir überqueren diese Berge und finden auf der anderen Seite nichts als noch mehr Eis und Schnee — was dann?«
    »Hast du Angst vor dem Tod, Satai?«
    Skar nickte ungerührt. »Du nicht? Ich kalkuliere ihn ein, bei allem, was ich tue, aber das bedeutet nicht, daß ich ihn nicht fürchte. Vor allem dann, wenn er sinnlos ist.« Er seufzte, verbarg die Hände unter seinem Fellumhang und trat nach kurzem Zögern vom Abgrund zurück.
    »Ich bin gespannt«, fuhr er in verändertem Tonfall fort, »was Helth sagen wird, wenn ich ihm mitteile, daß er seinen ganzen Kram hier heraufschaffen muß.«
    »Das muß er nicht«, erwiderte Gowenna. »Es gibt eine Stelle weiter hinten in der Höhle, wo die Decke so dünn ist, daß das Licht hindurchscheint. Wir können sie durchbrechen und von dort aus hier heraufkommen.«
    »Du hast alles genau geplant, wie?« fragte Skar, ohne aufzublicken.
    »Sicher. Ich hatte nicht vor, in diesem Eisloch zu überwintern, weißt du?«
    Skar setzte zu einer scharfen Antwort an, beließ es aber dann doch bei einem resignierenden Achselzucken. Ihr Zerwürfnis war keineswegs vergessen, auch wenn es nicht einmal offen zum Ausbruch gekommen war. Und fast hätte sich Skar wohler gefühlt, wenn sie sich wirklich gestritten hätten. Sie hatten einen Burgfrieden geschlossen, mehr nicht. Und er nahm sich vor, sich dieser Tatsache immer bewußt zu sein. In jeder Beziehung.
    »Und dann?« fragte er.
    Gowenna runzelte fragend die Brauen. »Was dann?«
    »Der Gedanke, mit einem halben Hundert bis zum Tode erschöpfter Männer über diese Eiswüste zu marschieren, gefällt mir nicht. Sie werden mich fragen, wohin wir gehen. Und ich weiß keine Antwort. Oder«, fügte er wider besseres Wissen hinzu, »soll ich ihnen sagen, daß wir unterwegs sind, um deine Rache zu vollziehen?«
    Gowennas Mine verdüsterte sich. »Sag ihnen, was du willst«, schnappte sie.
    »Natürlich«, nickte Skar. »Schließlich bin ich ja der Kommandant, nicht?«
    Gowenna überging den sarkastischen Tonfall. »Ich weiß nicht, was du ihnen sagen wirst, Skar, aber ich beneide dich nicht um diese Aufgabe.«
    »Oh«, spöttelte Skar, »danke. Dein Mitgefühl freut mich.«
    »Und dein Spott verletzt mich«, gab Gowenna ernst zurück. »Ich weiß, daß du glaubst, guten Grund dazu zu haben, aber er hilft uns nicht weiter. Wir haben gar keine andere Wahl, als zu diesen Bergen zu gehen.«
    Skar schwieg, aber er dachte an Helth, diesen ungestümen jungen Narren, der ihm nur genauso lange gehorchen würde, wie es ihm paßte. Nein; Gowenna hatte recht. Sie konnten nicht hierbleiben. Vielleicht wäre es möglich gewesen ohne Helth, sie hätten auf die winzige Chance bauen können, daß sich der Dronte zurückzog, daß er sie nicht noch einmal angriff. Aber auch das war nur ein Vielleicht. Es konnte Tage dauern, vielleicht Wochen, bis sich das bizarre Wesen so-weit erholt hatte, daß es den Kanal freigab. Es war ausgeschlossen, so

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