ePub: Juniper Berry
wirst dich erkälten.«
Die Hand des Jungen lag über seinem Herzen, als wollte er es davon abhalten, aus seiner Brust zu springen. Er hatte ganz offensichtlich nicht damit gerechnet, an so einem verregneten Tag jemandem zu begegnen. Oder er hatte Angst davor, was in diesem Fall passieren würde. »Und … und … was ist mit d…dir?«, stammelte er mit schwacher und weinerlicher Stimme.
»Ich habe einen Regenschirm.« Zum Beweis hielt sie ihren Schirm in die Höhe.
»Aha.« Der Junge sah irgendwie traurig aus. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ließ den Regen über sein Gesicht laufen. Seine Lippen waren blau und er klapperte mit den Zähnen. Doch zumindest schien die Angst, die er eben noch vor Juniper gehabt hatte, jetzt verschwunden zu sein.
Junipers Befürchtungen lösten sich ebenfalls in Luft auf. Dieser Junge stellte ganz offensichtlich keine Bedrohung dar, weder für sie noch für sonst jemanden. Sie beschloss, ihrem Bauchgefühl zu folgen.
»Möchtest du mit unter den Schirm kommen?«, fragte sie und hielt den Regenschirm noch etwas höher.
Der Junge zögerte, dann nickte er. Juniper lief zu ihm und hielt den Schirm über ihre Köpfe. Nun, da sie so nah nebeneinanderstanden, fielen ihr sein süßlicher Geruch und seine ungewöhnlichen Augen auf. Das Braun und Gold seiner Iris schienen ständig in Bewegung zu sein. Er lächelte schüchtern, und es gefiel ihr, wie sich ein Mundwinkel hob, während der andere unten blieb. Seine Finger klopften unablässig gegen seine Beine, im selben Rhythmus, wie seine Zähne klapperten. Er zappelte die ganze Zeit herum und schien bei jedem von Junipers Wimpernschlägen zusammenzuzucken. Juniper fand das ziemlich witzig und blinzelte so schnell sie konnte. Er war ein totales Nervenbündel. Nie im Leben hätte sie sich so einen Jungen ausdenken können, schon gar nicht als einen Freund. Doch als sie ihn nun ansah, war sie hin und weg.
Seine Augen sprangen ständig hin und her, und sie folgte seinem Blick zu den Bäumen hinüber. »Wonach hast du gesucht?«
Der Junge zuckte nur mit den Schultern und sah zu der hechelnden Kitty, die ebenfalls unter dem Regenschirm Schutz gesucht hatte. Zögernd senkte er die Hand. Er streichelte Kitty vorsichtig und zog die Hand gleich wieder weg. Kitty schien das zu gefallen. Sie war ganz entspannt und rückte ein Stück näher an ihn heran.
»Du kannst nicht hier in der Nähe wohnen. Es gibt kein anderes Haus in Sichtweite.«
»Ich wohne dort drüben.« Der Junge zeigte in den Wald. »Es ist das nächste Haus. Technisch gesehen sind wir Nachbarn, auch wenn es eine halbe Stunde dauert, von uns zu euch zu laufen.«
»Ein Nachbar!« Juniper konnte ihr Glück kaum fassen. Rasch zog sie ihr Monokular aus der Tasche, hielt es vor ein Auge und blickte in die Richtung, in die der Junge gezeigt hatte. Leider waren nur dicht stehende Bäume zu sehen. Sie beschloss, im Winter etwas tiefer in den Wald hineinzugehen, wenn die Blätter gefallen waren und sie eine bessere Sicht hatte. »Wie heißt du?«, fragte sie, schob das Monokular wieder zusammen und steckte es zurück in die Tasche.
»Giles.«
»Hallo, Giles, ich bin Juniper Berry. Und das ist Kitty.«
Giles nieste. Er hielt sich beide Hände vors Gesicht und wischte sie anschließend an der Rückseite seines T-Shirts ab. Juniper beschloss, vorerst auf einen höflichen Händedruck zu verzichten.
»Was hab ich dir gesagt? Du wirst krank!« Sie wusste, dass sein Haar triefnass war, aber sie brauchte einen Vorwand, um es zu berühren. Sie hob die Hand und fuhr ihm über den Kopf, ohne darauf zu achten, dass er vor ihr zurückzuckte. Seine Haare fühlten sich an wie dicke Bindfäden oder, was Juniper noch besser gefiel, wie nasse Raupen. Sie drückte eine Strähne zusammen, und Wasser tropfte in ihre Hand. »Sieh nur, du bist klitschnass. Wie können deine Eltern dich nur so vor die Tür gehen lassen?«
»Das ist ihnen egal«, murmelte er.
»Wie bitte?«
»Nichts. Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut.«
»Nein, tut es nicht. Deine Kleider sind völlig durchnässt. Und warum trägst du nur ein T-Shirt?« Er hatte Gänsehaut auf den Armen und seine Haut war fleckig. Sie legte den Arm um ihn, damit ihm warm wurde.
Ihre Fürsorge entlockte Giles ein Lächeln. Sein ganzes Gesicht hellte sich auf, wie Schnee in der Sonne. Allmählich wurde das angstvolle Zucken weniger. »Ich mag dein Haar«, sagte er schließlich. »Es hat die Farbe von Erdbeeren und Rosen.« Was eine
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