Erbarmungslos: Thriller (German Edition)
der flachen Hand auf den Tisch. »Es wird keine Unabhängigkeit für Taiwan geben! Das Volk dort hat gesehen, was wir tun werden, wenn es weiterhin auf Unabhängigkeit drängt. Der nächste vom Volk gewählte Präsident ist vielleicht kein Wahnsinniger mehr, sondern wird die Wiedervereinigung unterstützen. Wir werden ihn drängen, und er wird schwach sein, weil er sieht, welchen Preis er für seinen Trotz bezahlt.«
Dunne sah Tian lange an, bevor er lächelte. »Sir, Sie haben nicht annähernd so viel gewonnen, wie Sie glauben«, sagte er. »Ich bezweifle stark, dass die Unabhängigkeitsbewegung auf Taiwan tot ist. Ganz im Gegenteil. Ich vermute, mit Liang haben Sie recht. Sie haben ihn gedemütigt, worüber wir alles in allem nicht traurig sind, aber Sie werden sich klarmachen müssen, dass er mit einer Sache recht hatte: Sein Volk wird einen Führer unterstützen, der bereit ist, sich gegen Sie zu erheben. Der nächste taiwanische Präsident kann noch unangenehmer werden, als Liang es ist, und das Politbüro wird Ihnen die Schuld dafür geben. Sie mögen das nicht verstehen, aber Menschen, die die Freiheit gekostet haben, geben sie nicht freiwillig an einen Tyrannen zurück. Ja, gut, Sie haben Kinmen eingenommen, aber die Welt hat Sie als den Tyrannen gesehen, der Sie sind. Die Sache wird ausgehen wie auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Es ist zu spät, um die Kameras abzuschalten. Sie haben den Blick der Welt auf Ihr Land um zwanzig Jahre zurückgedreht. Es können Sanktionen verhängt …«
»Es werden keine Sanktionen verhängt werden«, unterbrach Tian ihn mit einer abweisenden Geste. »Ihr Land kann sie sich nicht leisten. Unsere Wirtschaft ist fast so groß wie Ihre, und Amerikaner verlangen nach unseren Waren.«
»Präsident Tian, Sie ziehen dieselben falschen Schlussfolgerungen, die alle Tyrannen gezogen haben, wenn es um die Vereinigten Staaten ging«, widersprach Dunne. »Für Sie ist unser Wohlstand gleichbedeutend mit der mangelnden Bereitschaft, ein Opfer für die gerechte Sache zu bringen. Sie werden überrascht sein, was Amerikaner bereit sind zu ertragen, wenn ihr Gefühl von Gerechtigkeit beleidigt wird.« Und Sie haben uns beleidigt, Sir.
»Amerika ist schwach«, hielt Tian voller Verachtung dagegen. Er ließ allen Anschein des Gleichmuts fallen, ob absichtlich oder unabsichtlich, konnte Dunne nicht erkennen. »Sie verkraften nicht die Bilder toter Soldaten, teures Benzin oder all das, was Ihr ungezwungenes Leben stört. Amerikaner wollen nicht wegen Kinmen leiden. Wir werden sehen, wer recht hat.«
»Ich«, sagte Dunne, ohne zu zögern. »Lesen Sie die Geschichtsbücher, Sir. Eine ganze Menge Führer, die glaubten, Amerikaner wären schwach, weil sie gut leben, haben sich eines Besseren belehren lassen. Und es wäre nicht nur ›wegen Kinmen‹. Wenn das amerikanische Volk hört, dass Sie einen unserer Piloten abgeschossen und versucht haben, einen unserer Flugzeugträger zu versenken, wird es nicht ruhig sitzen bleiben. Vielleicht gibt es keinen Krieg, doch unser Volk will sehen, dass Sie bestraft werden. Und Sie brauchen unsere Märkte immer noch dringender als wir Ihre Fabriken. Das politische Überleben Ihrer Regierung hängt davon ab. Unseres nicht.«
»Die VBA wird die Ordnung aufrechterhalten, wie sie es immer getan hat«, versicherte Tian ihm.
»Kurzfristig bezweifle ich das nicht. Aber je mehr Ihrer Bürger Sie töten, desto mehr wird die freie Welt Sie verachten. Sie haben Ihr Land in eine Abwärtsspirale geführt, und Sie, Präsident Tian, sind nicht der Mann, der dies aufhalten kann. Und wenn die Spirale nicht gestoppt wird, wird das chinesische Zeitalter vorbei sein, bevor es überhaupt begonnen hat. Sie haben alles gefährdet, was Ihr Land in den nächsten fünfzig Jahren zu tun hoffte, und mehr als Kinmen, das Wrack eines Tarnkappenflugzeugs, tote Piloten und eine schreckliche Geschichte, die Präsident Stuart oder sein Nachfolger zum richtigen Zeitpunkt öffentlich machen werden, haben Sie nicht vorzuweisen. Das werden die VBA und die Partei schließlich erkennen müssen.«
»Ich werde immer noch hier sein, wenn Sie und Ihr Präsident schon lange fort sind«, konterte Tian.
»Wir beide gehen in ein paar Monaten in den Ruhestand, das heißt also nicht viel.« Zum ersten Mal konnte Dunne diese Worte frei und zwanglos aussprechen. »Aber seien Sie gewiss, dass Präsident Stuarts Nachfolger seinen Weg im Umgang mit Ihnen fortsetzen wird. Unsere Außenpolitik in Bezug auf
Weitere Kostenlose Bücher