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Erich Kastner

Erich Kastner

Titel: Erich Kastner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der 35.Mai oder Konrad reitet in die Sudsee
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geschossen? Apotheker, hören Sie, vielleicht war Ihr Spazierstock doch geladen, was?«
»Ich habe geschossen!« rief eine Stimme. Alle fuhren herum. Vor ihnen stand ein bronzebrauner Mann. Er trug

    einen Lendenschurz aus Palmenblättern, andernorts war er bunt tätowiert. »Ich bin der Häuptling Rabenaas, auch >Die Schnelle Post< genannt. Hallo, Petersilie!« Er gab dem Mädchen die Hand, dann auch den übrigen.
»Nicht, daß ich neugierig wäre«, meinte der Onkel.

    »Aber womit haben Sie eigentlich geschossen, Herr Rohrspatz?«
»Rabenaas, nicht Rohrspatz«, sagte der Häuptling zurechtweisend.
»Ganz wie Sie wollen«, rief der Onkel. »Von mir aus können Sie Hasenpfeffer heißen. Also, Herr Rabenspatz, womit haben Sie geschossen? Es klang so seltsam.«
»Mit heißen Bratäpfeln«, sagte Häuptling Rabenaas. »Ich wollte den Walfisch nur abschrecken. Ich freue mich, daß ich Ihnen eine kleine Gefälligkeit erweisen durfte.«
»Mit heißen Bratäpfeln?« fragte Konrad. »Und wo haben Sie denn Ihre Flinte?«
»Ich habe kein Gewehr«, erwiderte >Die Schnelle Post<. »Ich pflege mein Taschenmesser mit Bratäpfeln zu laden.«
»Dann natürlich!« sagte Ringelhuth. »Womit Sie aber auch geschossen haben mögen, wir danken Ihnen von Herzen!«
Rabenaas winkte ab. »Nicht der Rede wert«, bemerkte er, nickte gnädig, ging in den Wald zurück und war verschwunden.
    Petersilie brachte die Reisenden zu einem befreundeten Völkerstamm, der an einem reizenden Süßwassersee in hohen Pfahlbauten wohnte. Die Eingeborenen waren tätowiert, trugen Lendenschurze und zentnerschwere Korallenketten. Das Pferd sagte, es interessiere sich nicht für dergleichen. Es trabte statt dessen zu einem wogenden Zuckerrohrfeld und fraß sich wieder mal gründlich satt. Überdies traf es dort ein anderes Pferd, einen kleinen Schimmel, und mit dem schien es sich ausgezeichnet zu verstehen.
    Die Eingeborenen zeigten Ringelhuth und seinem Neffen unglaubliche Schwimm-und Taucherkunststücke. Dann erhielt der Onkel einen Lendenschurz aus Palmenblättern als Gastgeschenk und mußte ihn wohl oder übel sofort umschnallen. Da er aber den Anzug anbehielt, sah er nicht eben vorteilhaft aus. Die Frauen der Eingeborenen lachten sich einen Ast und liefen davon.
    Die Jünglinge zeigten ihren Gästen, wie man mit Speeren Forellen fängt und Vögel mit Lassos. Dann fuhren sie in ihren Auslegerbooten ein Achter-Rennen, daß Konrad zu atmen vergaß. Anschließend wurde ein Festessen serviert. Die Menükarte lautete folgendermaßen:
    Moskito-Ragout
Haifischflossen in gegorenem Reiswein
    Geräucherte Schlangenzungen mit Rohrzuckersalat und Pampelmusengelee
Koteletts vom Emu, Schneckenpüree Kokosnußcreme in Walfischtran.

    »Da siehst du mal wieder, wie nützlich es ist, daß wir donnerstags unseren Magen abhärten!« sagte der Onkel zu Konrad und schluckte alles mit Todesverachtung hinunter.
    Bei dem Schneckenpüree wäre ihm allerdings fast schlecht geworden.
Konrad unterhielt sich mit Petersilie. Er war traurig. Das Mädchen hatte ihm nämlich erzählt, sie habe keine Zeit mehr. Sie müsse zu der Diamantenwaschfrau Lehmann nach Bau. Denn Papa sei eine Perle aus der Krone gefallen, und die solle durch einen Diamanten ersetzt werden. Konrad sagte, sie möge doch noch ein Weilchen bleiben. Aber Petersilie schüttelte den Kopf, stand auf, gab dem Jungen die Hand, nickte dem Onkel und dem alten Häuptling zu und hüpfte davon.
»Heul nicht, mein Sohn«, sprach Ringelhuth. »Iß lieber!« Aber Konrad war der Appetit vergangen. Er schluckte die Tränen hinunter und meinte, sie müßten nun auch gehen. Ohne Petersilie mache ihm die ganze Südsee keine Freude. Außerdem würde sonst der Aufsatz nicht mehr fertig.
Dem Onkel war’s recht. Sie verabschiedeten sich von dem Häuptling, bedankten sich für die herzliche Aufnahme und liefen zu dem Zuckerrohrfeld, um Negro Kaballo abzuholen. Der stand neben dem kleinen Schimmel und sagte: »Herrschaften, nichts für ungut, aber ich bleibe hier. Das Zuckerrohr schmeckt fabelhaft. Außerdem will ich das Schimmelfräulein heiraten. Ist sie nicht süß? Ich will endlich meine eigne Häuslichkeit haben. Ich will die Rollschuhe und den Zirkus und alles vergessen, was mich an Europa erinnert. Auch werd ich nie mehr ein Wort sprechen. Ich schwör’s. Sprechen schickt sich nicht für Pferde. Zurück zur Natur!«
»Machen Sie keine Geschichten!« rief der Onkel. »Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
Negro Kaballo schwieg.
»Sie können

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