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Erich Kastner

Erich Kastner

Titel: Erich Kastner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baron von Munchhausen
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Dorfkirchhof? Außerdem war mein Pferd verschwunden! Und ich hatte es doch neben mir angepflockt! Plötzlich hörte ich’s laut wiehern. Und zwar hoch über mir! Nanu! Ich blickte hoch und sah das arme Tier am Wetterhahn des Kirchturms hängen! Es wieherte und zappelte und wollte begreiflicherweise wieder herunter. Aber wie um alles in der Welt war’s denn auf den Kirchturm hinaufgekommen? Allmählich begriff ich, was geschehen war. Also: Das Dorf mitsamt der Kirche war eingeschneit gewesen, und was ich im Dunkeln für eine Baumspitze gehalten hatte, war der Wetterhahn der Dorfkirche gewesen! Nachts war dann das Wetter umgeschlagen. Es hatte getaut. Und ich war,
während ich schlief, mit dem schmelzenden Schnee Zentimeter um Zentimeter hinabgesunken, bis ich zwischen den Grabsteinen aufwachte.
Was war zu tun? Da ich ein guter Schütze bin, nahm ich eine meiner Pistolen, zielte nach dem Halfter, schoß ihn entzwei und kam auf diese Weise zu meinem Pferd, das heilfroh war, als es wieder Boden unter den Hufen hatte. Ich schwang mich in den Sattel, und unsere abenteuerliche Reise konnte weitergehen.

DER SCHLITTENWOLF

    Da es in Rußland nicht üblich ist, hoch zu Pferde zu reisen, kaufte ich mir einen kleinen Schlitten, spannte mein Pferd vor, und wir trabten guten Muts auf Sankt Petersburg zu. Irgendwo in Estland oder in Ingermanland, so genau weiß ich’s nicht mehr, auf alle Fälle aber in einem endlosen, unheimlichen Wald wurde mit einem Male mein Pferd unruhig und raste wie von wilder Angst gepeitscht mit mir auf und davon. Ich drehte mich um und erblickte einen riesigen Wolf, der halb verrückt vor Hunger hinter uns her jagte und immer näher und näher kam.
    Ihm zu entwischen war aussichtslos. Schon war er nur noch fünf Meter hinter uns - da warf ich mich, lang wie ich bin, auf den Boden des Schlittens, ließ die Zügel los, und der Wolf, der eigentlich mich als Mahlzeit ausersehen hatte, sprang über mich weg und verbiß sich wütend in mein Pferd. Das Hinterteil verschlang er, als war’s nicht mehr als ein Stückchen Wurst, und das arme Tier lief vor Schmerz und Schrecken noch schneller als vorher. Als ich nach einiger Zeit wieder hinblickte, sah ich voller Entsetzen, daß sich der Wolf in das Pferd förmlich hineingefressen hatte!
    Da setzte ich mich wieder hoch, ergriff die Peitsche und schlug wie besessen auf den Wolf ein. Das behagte ihm gar nicht, und er fraß sich noch schneller vorwärts. Ich schlug und schlug, und plötzlich fiel das Pferd, oder was von ihm noch übrig war, aus dem Geschirr,

    und der Wolf steckte darin! Mir tut mein Arm heute noch weh, wenn ich daran denke, wie ich stundenlang und pausenlos auf ihn mit der Peitsche eindrosch.
    Wir flogen nur so durch den Wald und über die Felder, und dann galoppierten wir an den ersten Häusern einer großen Stadt vorbei. Das war St. Petersburg, und die Leute auf den Straßen staunten nicht schlecht. Denn einen Wolf, der einen Schlitten zog, hatten sie noch nicht gesehen!

DER TRINKFESTE GENERAL
    Gleich nach meiner Ankunft in Petersburg hatte ich mich um ein Offizierspatent beworben. Doch es dauerte noch einige Zeit, bis ich in die russische Armee eingestellt werden konnte. Und so hatte ich reichlich Zeit und Gelegenheit, mein Geld auszugeben. Bis in die Nacht spielten wir Karten. Ja, und getrunken wurde auch nicht gerade wenig! Denn in Rußland ist es viele Monate kalt, und Trinken macht bekanntlich warm. Wer viel friert, trinkt

    viel und bekommt allmählich eine erstaunliche Übung darin. Ich lernte Leute kennen, die so viel trinken konnten, daß ich vom bloßen Zusehen einen Rausch kriegte. Was nicht heißen soll, daß ich immer nur zusah.
    Am meisten von allen vertrug aber ein General mit grauem Bart und kupferrotem Gesicht. Im Krieg mit den Türken hatte er bei einem Säbelkampf die Schädeldecke eingebüßt und behielt deswegen immer, auch wenn wir tafelten, seinen Hut auf. Er leerte während des Essens mindestens drei Flaschen Wodka und hinterdrein noch eine Flasche Arrak. Es kam aber auch vor, daß er zwei Flaschen Arrak trank. Doch soviel er auch trinken mochte -betrunken wurde er nie. Ich stand vor einem Rätsel, bis ich hinter das seltsame Geheimnis kam. Der General pflegte etwa jede Stunde seinen Hut ein wenig hochzuheben. Und eines Abends bemerkte ich, daß er nicht nur den Hut hochhob, sondern auch eine daran befestigte silberne Platte, die ihm als künstliche Schädeldecke diente. Auf diesem ungewöhnlichen Weg stieg der

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