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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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wiederholt Klagen über seinen Zögling bei mir vorbrachte, und mich dazu verwenden wollte, seinen Großfürsten zu bessern oder anzufeuern. Aber ich sagte ihm, das sei mir unmöglich, denn dadurch würde ich ihm ebenso verhaßt werden, wie es seine Umgebung schon wäre.
    Damals schloß meine Mutter sich eng an den Prinzen und die Prinzessin von Hessen an, mehr aber noch an den Bruder der letzteren, den Kammerherrn von Retzki. Diese Freundschaft aber mißfiel der Gräfin Rumianzoff, dem Marschall Brummer, kurz, jedermann. Während sie mit ihren Freunden in ihrem Zimmer war, beschäftigten der Großfürst und ich uns damit, im Vorzimmer, in welchem uns niemand störte, umherzulärmen, denn an jugendlich-kindlicher Lebhaftigkeit fehlte es uns beiden nicht.
    Im Juli feierte die Kaiserin das Fest des mit Schweden geschlossenen Friedens, bei welcher Gelegenheit für mich, als verlobte Großfürstin von Rußland, ein Hofstaat eingerichtet wurde. Gleich nach diesem Feste ließ uns die Kaiserin nach Kiew abreisen. Sie selbst folgte uns einige Tage später, wir reisten in kleinen Tagereisen; meine Mutter und ich, die Gräfin Rumianzoff und eine Ehrendame meiner Mutter in einem, der Großfürst, Brummer, Berkholz und Decken in einem andern Wagen. Eines Nachmittags wollte der Großfürst, der sich in Gesellschaft seiner Erzieher langweilte, mit meiner Mutter und mir fahren. Sowie er aber in unserm Wagen saß, weigerte er sich, ihn wieder zu verlassen. Hierauf war meine Mutter, die es langweilte, Tag für Tag mit mir und ihm zu fahren, darauf bedacht, die Gesellschaft zu vergrößern. Sie teilte ihre Absicht den jungen Herren unseres Gefolges mit, unter denen sich auch Fürst Galitzin – der nachmalige Marschall dieses Namens – und Graf Zacharias Czernitscheff befanden. Man nahm einen der Reisewagen, welche unsere Betten trugen, stellte rings herum Bänke hinein, und Tags darauf bestiegen wir ihn, der Großfürst, meine Mutter, ich, Fürst Galitzin, Graf Czernitscheff und ein bis zwei der jüngsten Herren unseres Gefolges. Auf diese Weise legte die Gesellschaft in unserm Wagen den Rest der Reise sehr vergnügt zurück. Aber alle, die nicht mit uns fuhren, empörten sich dagegen, und besonders mißfiel dies dem Oberhofmarschall Brummer, dem Oberkammerherrn Berkholz, der Gräfin Rumianzoff, der Ehrendame meiner Mutter, aufs höchste, weil sie nicht mit dabei waren. Und während wir unterwegs lachten, langweilten und ärgerten sie sich.
    So kamen wir nach drei Wochen in Koselsk an, wo wir weitere drei Wochen auf die Kaiserin warteten, deren Reise unterwegs durch verschiedene Zwischenfälle verzögert worden war. Wir erfuhren in Koselsk, daß sie unterwegs mehrere Personen ihres Gefolges verbannt habe und in sehr übler Laune sei. Endlich, Mitte August, kam sie in Koselsk an, und wir blieben dort mit ihr bis Ende August. Hier spielte man vom Morgen bis zum Abend in einem großen Saale inmitten des Hauses Pharo, und zwar sehr hoch. Uebrigenswohnten wir sehr eng. Meine Mutter und ich schliefen in demselben Zimmer, die Gräfin Rumianzoff und die Ehrendame meiner Mutter im Vorzimmer, und ebenso alle andern. Eines Tages kam der Großfürst in das Zimmer meiner Mutter, als sie eben mit Schreiben beschäftigt war. Neben ihr stand ihr Geldkasten geöffnet, und er wollte aus Neugier darin herumsuchen. Meine Mutter jedoch sagte ihm, er solle ihn nicht anrühren, und er entfernte sich auch wirklich, um im Zimmer umherzuspringen. Als er aber, um mich zum Lachen zu bringen, bald nach dieser, bald nach jener Seite sprang, blieb er an dem Deckel des offenen Geldkastens hängen und warf ihn um. Nun wurde meine Mutter böse, und es entspann sich zwischen ihnen ein heftiger Wortwechsel. Meine Mutter beschuldigte ihn, den Geldkasten absichtlich umgestoßen zu haben, er wiederum beklagte sich über ihre Ungerechtigkeit, und beide wandten sich an mich, um mein Zeugnis anzurufen. Da ich die Gemütsart meiner Mutter kannte, fürchtete ich Ohrfeigen zu bekommen, wenn ich nicht ihrer Meinung wäre; ebensowenig aber wollte ich lügen, als dem Großfürsten mißfallen, und befand mich also zwischen zwei Feuern. Dennoch sagte ich meiner Mutter, ich glaubte nicht, daß Absichtlichkeit bei dem Großfürsten vorgelegen habe, sondern sein Rock wäre beim Springen an dem Deckel des Kastens hängen geblieben, der auf einem schmalen Tabourett stand. Nun wandte sich meine Mutter gegen mich, denn wenn sie erzürnt war, mußte sie irgend jemand haben, an dem sie ihre

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