Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Personen sagte, daß sie auf Bitten meiner Mutter Fräulein Jukoff entlassen habe, weil meine Mutter fürchtete, ich möchte eine zu große Zuneigung zu einem Mädchen fassen, welches dieselbe so wenig verdiene. Hierauf begann sie mit auffallender Lebhaftigkeit von der armen Jukoff zu sprechen.
Natürlich war ich durchaus nicht von dieser Szene erbaut, noch von den Gründen Ihrer Majestät, sondern tief betrübt über das Unglück des Fräulein Jukoff, die einzig und allein deshalb vom Hofe entfernt wurde, weil sie mir durch ihr geselliges Wesen besser zusagte, als meine andern Frauen. Und warum, fragte ich mich, hat man sie mir denn erst gegeben, wenn sie ihrer Stellung nicht würdig war? Meine Mutter konnte sie nicht kennen, konnte nicht einmal mit ihr sprechen, da sie nicht russisch verstand und die Jukoff keine andere Sprache kannte; folglich mußte sie sich nur an das alberne Gerede der Schenk halten, die kaum gesunden Menschenverstand halte. Dies Mädchen leidet für mich, dachte ich, deshalb darf ich es nicht in ihrem Unglück verlassen, dessen Ursache nur meine Zuneigung zu ihm war. Ich bin indes niemals imstande gewesen, zu entdecken, ob meine Mutter die Kaiserin wirklich gebeten hatte, jene Dame von mir zu entfernen. Wenn sie es dennoch getan, so muß meine Mutter den Weg der Milde dem der Heftigkeit vorgezogen haben, denn niemals hat sie über diesen Gegenstand ein Wort mit mir gesprochen. Uebrigens hätte ein Wort von ihr genügt, mich wenigstens auf eine im Grunde sehr unschuldige Zuneigung aufmerksam zu machen. Anderseits hätte auch die Kaiserin in einer etwas weniger schroffen Weise eingreifen können. Das Mädchen war jung; es hätte nur an ihr gelegen, eine passende Partie für sie zu finden, was sehr leicht gewesen wäre; aber statt dessen geschah, was ich erzählt habe.
Nachdem die Kaiserin uns verabschiedet hatte, gingen wir, der Großfürst und ich, in unsere Gemächer. Auf dem Wege dahin merkte ich, daß Elisabeth ihren Herrn Neffen von dem Vorgefallenen in Kenntnis gesetzt hatte. Ich gab ihm aber trotzdem meine Einwürfe dagegen zu verstehen und ließ ihn fühlen, daß das Mädchen unglücklich sei, einzig und allein, weil man argwöhnte, ich empfinde für sie eine besondere Vorliebe. Auch sagte ich ihm, daß ich, da sie aus Liebe zu mir litt, es für meine Pflicht hielt, sie nicht zu verlassen, so weit dies von mir abhinge. Ich schickte ihr deshalb sofort durch meinen Kammerdiener etwas Geld, doch er kam mit der Nachricht zurück, daß sie schon mit ihrer Mutter und Schwester nach Moskau abgereist sei. Darauf befahl ich, ihr das Geld durch ihren Bruder, einem Gardesergeanten, zukommen zu lassen, aber auch er hatte Befehl erhalten, sich mit seiner Frau zu entfernen, und war in einem Landregimente als Offizier angestellt worden. Noch heute ist es mir unmöglich, einen annehmbaren Grund für das alles zu entdecken, und mir scheint es fast, daß man ohne Veranlassung, allein aus Kaprice, ohne einen Schimmer von Vernunft, ja selbst ohne allen Vorwand Unrecht tat. Doch blieb es dabei nicht! Durch meinen Kammerdiener und andere Leute suchte ich eine passende Partie für Fräulein Jukoff zu finden. Man schlug mir einen Gardeunterleutnant aus adeliger Familie mit ziemlich viel Vermögen vor. Er reiste nach Moskau, um sich mit ihr, wenn sie ihm gefiele, zu vermählen, heiratete sie auch und wurde Leutnant in einem Landregimente. Sobald die Kaiserin aber davon hörte, verbannte sie beide nach Astrachan. Für eine solch hartnäckige Verfolgung Gründe zu finden, ist schwer.
Im Winterpalast bewohnten wir die Gemächer, welche wir schon früher innegehabt hatten. Die des Großfürsten waren von den meinigen durch eine mächtige Treppe getrennt, die auch zu den Zimmern der Kaiserin führte. Um zu ihm oder zu mir zu gelangen, mußte man den Vorplatz dieser Treppe überschreiten, was zumal im Winter nicht eben bequem war. Dennoch machten wir diesen Weg jeden Tag ein paarmal. Abends ging ich zum Spiel mit dem Kammerherrn Berkholz in sein Vorzimmer, während der Großfürst im andern Zimmer mit seinen Kavalieren herumtollte. Mein Billardspiel wurde jedoch bald durch den Rücktritt der Herren Brummer und Berkholz, welche die Kaiserin Ende des Winters 1746 aus dem Dienste des Großfürsten entließ, unterbrochen. Der Winter ging dahin mit Maskenbällen in den vornehmsten Häusern der Stadt, die damals alle sehr klein waren, woran aber der Hof und alle Honoratioren regelmäßig teilnahmen.
Den letzten dieser
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