Erzähl mir von morgen
schon immer gefallen. Trotz der Nähe zum Stadtzentrum war das Viertel, das kleinste in Boston, durch die Straßen aus Kopfsteinpflaster, die von Bäumen gesäumt waren, sehr ruhig und idyllisch. Die kleinen, gemütlich wirkenden Backstein- Reihenhäusern waren in den letzten Jahren zu einer sehr noblen Wohngegend geworden.
Das Taxi fuhr, nachdem ich bezahlt hatte, seinen Weg und ließ mich allein auf der Straße zurück. Ich trat auf den Bürgersteig und wartete.
Ohne einen klaren Gedanken zu fassen war ich losgefahren. Allein die Euphorie, dass endlich alles gut werden würde, hatte mich geleitet und allein durch Christopher Zusprache war ich gefahren, aber nun, allein vor Nates Haustür, wusste ich nicht mehr, was ich tun sollte.
War es die richtige Entscheidung?
Schon einmal hatte ich alles auf eine Karte gesetzt – und verloren!
Durch die matten Scheiben der Haustür konnte man den Lichtschein aus einem Zimmer im hinteren Teil des Hauses ausmachen. Er war zu Hause. Bisher war ich noch nicht in seinem Haus gewesen, doch wie ich Nate kannte, standen Designerstücke neben Familienbildern und gaben den modernen, klaren Linien einen persönlichen Touch. Aus der Vergangenheit wusste ich, dass Nate ein wenig unordentlich war und konnte mir gut vorstellen, dass sich diese Angewohnheit auch mit dem Älter werden nicht verhindern ließ.
Ich straffte die Schultern und trat die zwei Stufen zur Haustür hinauf. Mutig klingelte ich, wollte ich mir doch keine Vorwürfe machen, nicht alles versucht zu haben.
Ich wusste nicht, wie ich eine erneute Abfuhr ertragen sollte, doch besser gewagt und verloren, als niemals gewagt.
Mein Herz schlug laut in meiner Brust und trotz meiner Anspannung konnte ich ein glückliches Lächeln nicht verkneifen, als das Licht im Hausflur angeschaltet wurde und jemand die Tür öffnete.
Das Lächeln gefror in meinem Gesicht.
„Ja?“ Eine junge Frau hatte geöffnet. Mein Blick glitt verständnislos von ihren nackten Füßen, über die langen, gebräunten Beine, hinauf zu ihren kakifarbenen Shorts und dem einfachen weißen T-Shirt, das ihre perfekten Rundungen nur annähernd verdeckte.
Sie hatte kurz geschnittenes braunes Haar, in dem eine Sonnenbrille steckte, obwohl die Sonne bereites seit Stunden untergegangen war. Sie musterte mich fragend und schien sich sichtlich Gedanken über meine Kleidung zu machen, das konnte ich sehen.
„Oh!“ brachte ich heraus, bevor ich mich stammelnd entschuldigte und umdrehte. Ich bemerkte kaum, dass meine Beine sich in Bewegung gesetzt hatten. Ich stolperte durch die hohen Schuhe, fing mich jedoch und lief weiter.
Es war, als wäre mein Körper nicht mehr meiner. Ich hatte keinerlei Kontrolle. Hinter mir hörte ich, wie ein Mann und eine Frau sich unterhielten, ehe ich meinen Namen hörte.
„Greta!“ rief Nate hinter mir und schien mir nachzukommen.
Ich taumelte die Straße hinunter, wollte nur weg. Mein Herz war zerrissen und ich wusste nicht, wie ich es jemals wieder flicken konnte.
Ich spürte die Tränen kaum, die über meine Wangen rannen, versuchte nur aus dem Nebel heraus meinen Weg zu finden.
Mein Name wurde erneut gerufen, doch es war mir, als wäre ich eine andere Person. Niemand sollte nach mir rufen müssen.
Ich lief immer weiter, meine Schritte beschleunigten sich und die Absätze meiner Schuhe klackerten auf dem Bürgersteig.
Eine Windböe erfasste mein Kleid, bauschte es auf und hinderte mich im Laufen. Ich stolperte.
Eine stahlharte Hand packte sich um mein Handgelenk und ich wurde unsanft herumgerissen.
„Greta!“ zischte Nate böse.
Ich landete an seiner breiten Brust und wurde festgehalten, als ich mich von ihm lösen wollte. Hart packte er mein Gesicht, damit ich nicht ausweichen konnte und sah mich an.
Dann wischte er mir sanft und unendlich zärtlich die Tränen von den Wangen.
Ich musste einen furchtbaren Anblick abgeben. Einige Haarsträhnen hatten sich aus meiner Frisur gelöst und mein Make-up war sicher verschmiert.
„Greta!“ sagte Nate diesmal sanfter. Ich sah ihn durch einen Tränenschleier an und wünschte es würde sich ein Loch unter mir auftun, in dem ich verschwinden konnte. Schon wieder hatte ich gewagt und verloren.
Warum nur musste ich meine Fehl er immer wiederholen?
„Warum bist du weggelaufen?“ Er sah mich aufmerksam an und musterte meine Erscheinung.
Ich schüttelte den Kopf. Tränen standen in meinen Augen und ich brachte kein Ton heraus.
„Und warum hast
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