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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Verne
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waren, vergingen zwei Stunden; endlich, gegen acht Uhr, wurden unsere Maulthiere vorgeführt, und wir brachen nach der Sennhütte der Pierre-Pointue auf, die 2000 Meter hoch, d.h. 1000 Meter über dem Thal von Chamouni und 2800 Meter niederer als der Gipfel des Mont-Blanc liegt.
    Als wir gegen zehn Uhr bei der Pierre-Pointue anlangten, begegnete uns dort ein reisender Spanier, Herr N…, in Begleitung zweier Führer und eines Trägers. Sein Hauptführer hatte schon achtzehn Mal den Gipfel des Mont-Blanc bestiegen; er hieß Paccard und war ein Verwandter des Doctor Paccard, der mit Jacques Balmat gemeinschaftlich die erste Besteigung des Bergriesen unternahm. Herr N… schickte sich gleichfalls an, die Ascension des Mont-Blanc zu versuchen. Er war viel in Amerika gereist und hatte die Cordilleras de los Andes auf der Seite von Quito überschritten, indem er mitten durch die Schneefelder über ihre höchsten Pässe hinüberging; nach alledem hegte er die beste Hoffnung, auch diese Unternehmung ohne bedeutende Schwierigkeiten zu einem glücklichen Ende führen zu können; hierin aber täuschte er sich; er hatte die senkrechten Abhänge, die wir bei unserer Expedition überschreiten mußten, und die Verdünnung der Luft nicht mit in Rechnung gezogen.
    Ich beeile mich übrigens, diesem Ausspruch hinzuzufügen, daß, wenn es ihm gelang, den Gipfel des Mont-Blanc zu erreichen, dies einzig und allein seiner seltenen moralischen Energie zuzuschreiben war, denn seine physischen Kräfte hatten ihn schon lange zuvor im Stich gelassen.
    Wir frühstückten auf der Pierre-Pointue so reichlich, wie es uns überhaupt nur möglich war; auch dies war eine Vorsichtsmaßregel, denn gewöhnlich schwindet der Appetit gänzlich, sobald man in die Eisregionen kommt.
    Herr N… brach mit seinen Führern schon gegen elf Uhr nach den Grands-Mulets auf, während wir erst eine Stunde später unsern Weg antraten.
    Bei Pierre-Pointue hört die Straße für die Maulthiere auf, und nun muß man im Zickzack einen sehr steilen Pfad erklimmen, der dem Rande des Gletschers der Bossons folgt und sich längs dem Fuße der »Aiguille du Midi« hinzieht. Nach einer ziemlich anstrengenden Wegstunde, die wir in großer Hitze zurücklegten, langten wir bei einem 2700 Meter hoch gelegenen Punkte, der Pierre-à-l’Echelle, an. Hier binden sich Führer und Reisende mit einem starken Seil zusammen, so daß nur ein Raum von drei bis vier Metern zwischen ihnen bleibt, und nun handelt es sich darum, auf den schwer zugänglichen Gletscher der Bossons überzugehen. Derselbe zeigt auf allen Seiten klaffende Spalten, deren Tiefe ganz unermeßlich ist, und deren verticale Wände eine unbestimmte, graugrüne Farbe haben, die förmlich lockend auf das Auge wirkt. Nähert sich Jemand den Spalten so unvorsichtig, daß sein Blick die geheimnißvollen Tiefen durchdringt, so fühlt er sich magisch hineingezogen, und nichts erscheint ihm natürlicher, als eine Spazierfahrt hinunter zu machen.
     

    Gletscherspalten von unermeßlicher Tiefe und Séracs. (S. 261.)
     
    Man geht langsam vorwärts, theils indem man um die Spalten herumbiegt, theils indem man sie auf Schneebrücken von zweifelhafter Festigkeit oder mit Hilfe von Leitern überschreitet Das Seil ist zu diesen Operationen absolut nothwendig; während des gefährlichen Uebergangs wird es gespannt, so daß der Reisende oder sein Führer, wenn die Schneebrücke einbricht, über dem Abgrunde schweben bleibt, wieder herausgezogen werden kann und nur mit einigen Contusionen davonkommt. Bisweilen auch, wenn der Spalt sehr breit, aber nicht besonders tief ist, steigt man auf den Grund hinab, um auf der anderen Seite wieder emporzusteigen. In letzterem Fall müssen Stufen in’s Eis gehauen werden, welche Arbeit von den beiden Führern an der Spitze mit einem »Piolet«, einer Art Axt oder vielmehr einem Hohlbein, besorgt wird, und ist dies eine äußerst mühsame und sehr gefährliche Arbeit.
    Noch ein besonderer Umstand macht den Zugang der Bossons gefährlich; man ersteigt den Gletscher am Fuß der Aiguille-du-Midi einer Fläche gegenüber, über die oft Steinlawinen hinweg gehen. Diese gefährliche Stelle ist etwa 200 Meter breit, und man muß sie rasch überschreiten, während einer der Führer Wache hält, um sofort die etwa drohende Gefahr zu signalisiren.
    Im Jahre 1869 kam hier ein Führer um’s Leben, und sein Körper, der durch einen Stein fortgerissen wurde, zerschellte 300 Meter tiefer auf den Felsen.
    Wir wurden

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