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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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sich: zum tiefen Bedauern und quälenden Unbehagen des Sprechers, ungeachtet all der Folgen, deren Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit ihm wohl bewußt ist.
    Wir haben eine Aufgabe vor, die schnellstens vollendet werden muß; wir wissen, daß Aufschub unseren Untergang nach sich ziehen kann. Die wichtigste Krise unseres Lebens verlangt mit lauter Stimme sofortiges energisches Handeln. Wir glühen, Eifer verzehrt uns, das Werk zu beginnen, und die Vorahnung eines ruhmreichen Resultates setzt unsere Seele in Flammen – wir müssen die Arbeit heute noch beginnen: und doch verschieben wir sie auf morgen. Warum? Es gibt keine Erklärung dafür, außer der, daß wir fühlen: es ist ein krankhafter, ein – perverser Grund. Bedienen wir uns nun dieses Wortes, auch ohne das Prinzip zu verstehen! Der morgige Tag erscheint und mit ihm ein noch ungeduldigerer Wunsch, unsere Pflicht zu erfüllen; und mit dem Wunsch eine unerklärliche, furchtbare, weil unergründliche Begierde, wieder aufzuschieben. Je mehr Zeit verlorengeht, desto unwiderstehlicher wird diese Begierde. Nur noch eine Stunde bleibt uns zum Handeln. Wir erbeben ob der Heftigkeit des Zwiespaltes, der sich in uns erhebt, über den wilden Kampf des Bestimmten mit dem Unbestimmten, des Greifbaren mit dem Schatten. Aber wenn der Kampf bis zu diesem Punkte vorgeschritten ist, so siegt der Schatten – alles Auflehnen ist vergebens. Die Uhr schlägt – die Todesstunde unseres Glückes. Und zugleich die erste Frühstunde für den Nachtalp, der uns bedrückte. Er entweicht – er verschwindet – wir sind frei. Die alte Willenskraft kehrt zurück. Jetzt können wir zur Arbeit schreiten.
    Aber – ach! Es ist zu spät!!!
    Wir stehen am Rande eines Abgrundes. Wir starren in den Schlund, es wird uns übel und schwindlig. Unsere erste Bewegung war, vor der Gefahr zurückzuweichen. Unerklärlicherweise bleiben wir. Allmählich verschmelzen unser Übelbefinden, unser Schwindel, unsere Angst in ein nebelhaftes, nicht zu benennendes Gefühl. Nach und nach und unbemerkbar nimmt der Nebel Gestalt an, wie sich aus dem Wölkchen aus jener bekannten Flasche in Tausendundeine Nacht  der Geist bildete. Aber aus unserer Wolke am Rande des Abgrundes bildet sich und wird immer greifbarer eine Gestalt, die hundertmal schreckhafter ist als irgendein Dämon oder Geist der Fabel; und doch ist es nur ein Gedanke, der das Mark in unseren Gebeinen gefrieren macht und mit wüsten Entzückungen schüttelt. Es ist die einfache Vorstellung: welcher Art wären wohl unsere Gefühle, wenn wir aus solcher Höhe hinabstürzten? Und dieser Sturz, der uns zerschmettern müßte – wir wünschen ihn mit heißer Begier geradezu, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil er uns das gräßlichste, schaudervollste Bild von Tod und Qual zeigen werde, das unser Hirn sich je hat vorstellen können. Und weil uns unser Verstand mit Heftigkeit von dem gefährlichen Rande entfernen will, eben deshalb nähern wir uns ihm nur ungestümer. Keine Leidenschaft ist ungeduldiger als die eines Menschen, der am Rande eines Abgrundes schaudernd steht und sinnt, sich hineinzustürzen. Auch nur einen Augenblick lang nachzudenken bedeutete unausbleiblich Untergang; denn das Nachdenken drängt uns, von dem Plan abzustehen, und eben deshalb , sage ich,  können wir nicht . Wenn kein Freundesarm in der Nähe ist, um uns zurückzuhalten, oder ein krampfhafter Entschluß, uns zu entfernen, erfolglos bleibt, stürzen wir hinunter in die Vernichtung.
    Prüfen wir solche und ähnliche Handlungsweisen, so finden wir, daß sie einzig und allein dem Geiste der Perversität entstammen. Wir begehen dieselben nur, weil wir fühlen, daß wir sie nicht begehen sollten. Darüber hinaus oder dahinter fehlt jeder Beweggrund, und wir müßten in der Tat die Perversität für eine Einblasung des Erzfeindes halten, diente sie nicht auch zuweilen zur Förderung des Guten.
    Ich habe so lange über dies alles geredet, um Ihre Fragen in gewissen Beziehungen zu beantworten – um Ihnen zu erklären, weshalb ich hier bin – um Ihnen etwas zu zeigen, das wenigstens wie der blasse Schatten der Ursache aussehen, Ihnen erklären kann, warum ich Ketten trage und diese enge Zelle bewohne. Wäre ich nicht so weitläufig gewesen, so würden Sie mich gar nicht verstehen und mich wie die Menge für einen Irren halten. Jetzt werden Sie einsehen, daß ich eins der zahllosen Opfer jenes Dämons der Perversität bin.
    Niemals ist eine Tat mit vollkommenerer Überlegung

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