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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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ausgeführt worden. Wochenlang, monatelang brütete ich über dem Mordanschlag. Ich verwarf tausend Pläne, weil sie eine Möglichkeit der Entdeckung enthielten. Da las ich einmal in alten Memoiren die Geschichte einer Frau, die durch eine zufällig vergiftete Kerze in eine tödliche Krankheit verfiel. Der Gedanke schlug wie ein Blitz in meine Seele. Ich wußte, daß mein Opfer die Gewohnheit hatte, im Bett zu lesen. Ich wußte, daß sein Zimmer klein war und kaum einem Luftzug Eintritt gewährte. Doch ich will Sie nicht mit müßigen Details ermüden. Ich will Ihnen nichts von der billigen List erzählen, mit der ich eine selbstverfertigte Kerze in seinen Leuchter stecken ließ. Am nächsten Morgen fand man ihn tot in seinem Bett und der Spruch des Leichenbeschauers lautete auf ›Tod durch Gottes Gegenwart‹.*
    * Englischer Ausdruck für plötzlichen Tod. (Anm. d. Übers.)
    Ich erbte sein Vermögen, und alles ging ein paar Jahre lang gut.
    Der Gedanke, meine Tat könne entdeckt werden, kam mir nie. Die Überbleibsel der gefährlichen Kerze hatte ich sorgfältig vernichtet.
    Nichts war da, das mich hätte verraten, ja auch nur verdächtigen können. Ein unbeschreibliches, ein überströmendes großes Empfinden von Genugtuung schwoll jedesmal in meiner Brust auf, wenn ich mich dem Gefühl meiner vollständigen Sicherheit hingab. Eine lange Zeit schwelgte ich so in der Wollust dieses Gefühls. Und sein Genuß gewährte mir weit mehr wirkliches Glück als die materiellen Vorteile, die mir mein Verbrechen gebracht hatte. Doch einmal kam ein Tag, von dem ab sich dies Gefühl allmählich und unmerklich in einen Gedanken verwandelte, der mich ganz gefangennahm, mich nicht mehr verließ. Keinen Augenblick lang konnte ich mich von ihm befreien.
    Es ist eine ganz bekannte Sache, daß einem zuweilen die Ohren bis zur Ermattung vom Refrain irgendeines gewöhnlichen Liedes oder einiger unbedeutender Takte aus einer Oper klingen können. Und die Qual ist keine geringere, wenn das Lied an sich gut oder die Opernmelodie schön ist. So überraschte ich mich dabei, daß ich, während ich so in meiner Sicherheit schwelgend ging, mit leiser Stimme immer den Satz wiederholte: »Ich bin sicher.« Eines Tages, als ich durch die Straßen schlenderte, hörte ich mich plötzlich die gewohnten Worte mit fast lauter Stimme sprechen. Und in einem Anfall von Heftigkeit fügte ich noch hinzu: »Ich bin sicher – ich bin sicher – wenn ich nicht närrisch genug bin, mich selbst zu verraten.« Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, so fühlte ich einen eisigen Schauder bis in mein Herz kriechen. Ich hatte einige psychologische Erfahrung, wußte schon von den Anfällen jener Perversität, die ich Ihnen eben so unzureichend zu erklären gesucht habe, und erinnerte mich wohl, daß ich ihr noch in keinem Falle hatte widerstehen können. Und nun trat plötzlich meine eigene zufällige Annahme, ich könne Narr genug sein, mich selbst zu verraten, wie der Schatten des Gemordeten vor mich hin und winkte mir.
    Anfangs machte ich alle Anstrengungen, den Alp abzuschütteln.
    Ich ging ungestüm, schneller und schneller, und endlich lief ich. Ich fühlte eine wahnwitzige Begierde, laut zu schreien. Jede neue Gedankenwelle wälzte neues Entsetzen über mich. Ich wußte nur zu gut, daß denken jetzt meinen Untergang bedeutete. Ich beschleunigte meine Schritte noch mehr, ich stürzte wie ein Rasender durch die menschengedrängten Straßen. Schließlich wurden die Leute unruhig und verfolgten mich. Da fühlte ich mein Schicksal besiegelt. Hätte ich mir die Zunge ausreißen können, ich hätte es getan, doch schon klang eine rauhe Stimme an meinem Ohr, packte mich eine rauhere Hand an der Schulter. Ich wandte in mich um – ich rang nach Atem.
    Einen Augenblick lang fühlte ich alle Qualen der Erstickung. Ich wurde taub, blind, schwindlig, und dann warf mich ein unsichtbarer Feind mit seiner mächtigen Hand zu Boden. Das lang eingekerkerte Geheimnis brach aus meiner Seele.
    Man sagt, daß ich sehr deutlich, mit vielem Kraftaufwand und leidenschaftlicher Eile sprach, als hätte ich Furcht, daß man mich unterbräche, ehe ich jene kurzen, verhängnisvollen Sätze beendet hätte, die mich dem Henker und der Hölle überlieferten.
    Als ich alles erzählt hatte, was meine Richter überzeugen konnte, sank ich ohnmächtig nieder.
    Was soll ich noch hinzufügen? Heute trage ich Ketten und bin hier !
    Morgen bin ich fessellos, doch wo ?

DAS SYSTEM DES DR. TEER UND

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