Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
von Ruhm finden, die noch von keiner Schnitterhand berührt worden ist.«
Abdalasis verlor keine Zeit, zu diesem Unternehmen zu schreiten. Er nahm den Grafen Julian, Magued el Rumi und den Bischof Oppas mit sich, um von ihrer Kenntniß des Landes Nutzen zu ziehen. Als sein Auge der schönen Stadt Sevilla ansichtig ward, welche, wie eine Königin, inmitten ihrer goldnen Ebne thronte, während der Guadalquivir ihre Mauern bespülte, schaute er mit dem Auge eines Liebenden darauf und beklagte es in seiner Seele, daß er sie als Rächer heimgesucht hatte. Seine Schaaren blickten jedoch zornerfüllten Auges hin und gedachten nur ihrer Empörung und des Todes ihrer Landsleute in dem Alcazar.
Der angesehenere Theil der Bevölkerung der Stadt hatte an jenem hochherzigen aber vergeblichen Aufstande keinen Theil genommen, und jetzt, da sie das Heer des Abdalasis auf den Ufern des Guadalquivir gelagert sahen, wären sie gern hinausgegangen, um Erläuterungen zu geben und um Gnade zu bitten. Das Volk untersagte es jedoch einem Jeglichen, die Stadt zu verlassen, schloß und verrammelte die Thore und schickte sich an, die Stadt bis auf das Aeußerste zu vertheidigen.
Der Platz wurde mit einer Wuth angegriffen, der nichts Widerstand leisten konnte. Bald waren die Thore gesprengt, und die Moslemen stürzten racheschnaubend herein. Sie beschränkten ihr wildes Gemetzel nicht auf die Krieger in dem Alcazar, sondern stürmten durch alle Straßen und Gassen, schonten weder des Schuldigen noch des Unschuldigen bei ihrem blutigen Thun, und nur mit der größten Mühe konnte Abdalasis es zuletzt dahin bringen, daß sie von dem furchtbaren Blutbad abließen. [Fußnote:
Conde , p, I. cap. 14.
– Der Verf. ]
Musa’s Sohn bewies sich im Siege eben so mild, als er in dem Kampfe unerschrocken gewesen war. Die Mäßigung und das Wohlwollende seines Benehmens verminderte die Schrecken der Besiegten, und seine weisen Vorsichtsmaasregeln stellten die Ruhe wieder her.
Nachdem er die geeigneten Vorkehrungen zum Schutze der Bürger getroffen hatte, legte er eine starke Besatzung in die Stadt, um einem künftigen Aufstande vorzubeugen, und zog dann weiter, um seine Unternehmungen zu verfolgen.
Wohin er kam, waren seine Waffen siegreich, und dieselbe Milde, dieselbe Großmuth zeichnete seine Siege aller Orten aus. Endlich erreichte er die Gränzen jenes schönen Landes, das, von hohen und steilen Gebirgen durchzogen, mit reichen und anmuthigen Ebenen geschmückt, später unter dem Namen des Königreichs Murcia bekannt geworden ist. Dieser ganze Theil des Landes wurde von dem alten Theudemir vertheidigt, welcher durch sein kluges und geschicktes Walten nach der Niederlage an den Ufern des Guadalata die Trümmer seiner Schaaren um sich gesammelt hatte.
Theudemir war ein tapferer Krieger, aber ein eben so umsichtiger und kluger Mann. Er hatte sich überzeugt, daß es eine Thorheit wäre, den Arabern auf dem offenen Felde Widerstand leisten zu wollen, wo ihre Reiterei und die treffliche Bewaffnung ihnen eine große Ueberlegenheit gab. Bei ihrer Annäherung zog er daher seine gesammte waffenfähige Mannschaft zusammen und besetzte mit ihr die Höhen und Gebirgspässe. – »Hier,« sagte er, »ist ein einzelner Ziegenhirte, der Felsen und Steine hinabrollen kann, so gut, wie ein in das beste Eisen gekleideter Ritter.« – Auf diese Weise beunruhigte und hinderte er das moslemitische Heer in allen seinen Bewegungen, ließ von den überhängenden Klippen und Felswänden Wurfgeschosse aller Art auf sie niederregnen und in den engen, wilden Bergpässen ihnen Hinterhalt bereiten und sie da angreifen, wo wenige ungeübte Schaaren sich einem Heere entgegen stellen konnten.
Theudemir war auf dem besten Wege, seine Feinde zu schwächen und sie zu nöthigen, sich aus seinen Gebieten zurückzuziehen; unglücklicher Weise aber hatte der alte Krieger zwei Söhne bei sich, junge Leute von einer hitzigen und stürmischen Tapferkeit, welche der Ansicht waren, all diese Klugheit ihres Vaters schmecke nach Feigheit, und vor Begier brannten, ihren Muth auf dem offenen Felde zu zeigen.
»Welcher Ruhm,« sagten sie, »ist dabei zu erlangen, wenn man einen Feind auf diese Weise, aus einem Walle von Felsen und hinter dem Dickigt des Waldes her vernichtet?«
»Ihr sprecht, wie junge Leute,« sagte der Greis; »der Ruhm ist ein Preis, um welchen man wohl draußen fechten und kämpfen mag; aber Sicherheit ist die erste Rücksicht, wenn der Feind vor dem Thore
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