Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
wußte selbst in dem Feinde das Verdienst zu schätzen. Als Sacarus, der Befehlshaber von Merida, vor ihm erschien, zollte er dem Muth und der Geschicklichkeit, welche er bei der Vertheidigung der Stadt gezeigt hatte, hohes Lob, nahm seinen eigenen Säbel, welcher von großem Werthe war, und gürtete ihm denselben um. »Trage ihn,« sagte er, »als einen armen Beweis meiner Bewunderung für dich; ein Krieger von solcher Tugend und Tapferkeit ist bei weitem höherer Ehren würdig.«
Gern hätte er ihn überredet, in seine Dienste zu treten, oder als einer der ersten Vasallen des Kalifen in der Stadt zu bleiben; aber der hochsinnige Sacarus verschmähte es, sein Haupt unter das Joch der Eroberer zu beugen; auch vermogte er es nicht über sich, ruhig in seiner Heimath zu leben, so lange sie unter der Herrschaft der Ungläubigen seufzte. Er sammelte alle die, welche es vorzogen, ihn in die Verbannung zu begleiten, um sich und schiffte sich ein, um ein Land aufzusuchen, wo er in Frieden und in freier Ausübung seiner Religion leben könnte. Auf welchem Gestade »die Pilger des Oceans« landeten, ist nie bekannt geworden; die Sage läßt uns jedoch vermuthen, es sei auf irgend einer unbekannten Insel, fern in dem Schoose des atlantischen Meeres, gewesen. [Fußnote: Abulcasim , Perdida de Espana, lib. I. cap. 13. – Der Verf. ]
Zehntes Kapitel.
Abdalasis Zug gegen Sevilla und »das Land von Tadmir.«
Nach der Einnahme von Merida gab Musa seinen Feldhauptleuten und den ausgezeichnetsten Kriegern in dieser prachtvollen Stadt ein großes Festmahl. Bei diesem kriegerischen Gelage waren viele arabische Edle, welche in den mannichfachen Schlachten gegenwärtig gewesen waren, und nun mit einander wetteiferten, die kühnen Thaten zu erzählen, welche sie vollbracht, und der glänzenden Siege zu gedenken, deren Zeugen sie gewesen waren. Während sie mit Entzücken und Begeisterung sprachen, saß Abdalasis, Musa’s Sohn, allein schweigend und mit niedergeschlagenem Antlitz da. Als endlich eine Pause entstand, wendete er sich zu seinem Vater und redete ihn mit bescheidenem Ernste an:
»Mein Herr und Vater,« sagte er, »ich erröthe, wenn ich deine Krieger von den Mühen und Gefahren sprechen höre, welche sie bestanden haben, während ich noch nichts gethan habe, das mich berechtigt, mich ihren Genossen zu nennen. Wenn ich nach Egypten zurückkehre und vor den Kalifen trete, wird er mich fragen, was ich in Spanien gethan, welche Schlacht ich gewonnen, welche Stadt oder Veste ich weggenommen habe. Welche Antwort werde ich ihm geben können? Wenn Ihr mich daher als Euern Sohn liebt, so übergebt mir eine Befehlshaberstelle, vertraut mir ein Unternehmen an und laßt mich einen Namen erwerben, der würdig ist, unter Männern genannt zu werden.«
Musa’s Augen funkelten vor Freude, als er sah, wie glühend Abdalasis sich nach Waffenruhm sehnte.
»Allah sei gepriesen!« rief er aus; »mein Sohn hat das Herz an der rechten Stelle! Es ziemt der Jugend, das Antlitz empor zu richten und nach dem Höchsten zu streben. Dein Wunsch, Abdalasis, soll erfüllt werden.«
Es bot sich in derselben Zeit eine Gelegenheit dar, die Kühnheit und Umsicht des jungen Mannes zu erproben. Während der Belagerung von Merida war die Schaar der Christen, die sich nach Baja geflüchtet hatte, von Penaflor her verstärkt worden, und sie kehrten plötzlich zurück und zeigten sich vor den Thoren der Stadt Sevilla [Fußnote:
Espinosa , Antiquid, y Grand. de Sevilla. lib. II. c. 3.
– Der Verf. ] . Einige christliche Bewohner der Stadt öffneten ihnen die Thore und ließen sie ein. Die Schaaren stürzten gegen den Alcazar, nahmen ihn durch Ueberraschung und ließen viele von der sarazenischen Besatzung über die Klinge springen; die Uebrigen flüchteten in aller Eile und suchten das Lager der Araber vor Merida auf, indem sie Sevilla in den Händen der Christen ließen.
Da die Belagerung von Merida zu Ende war, beschäftigte sich der alte Musa mit dem Gedanken an die Wiedereinnahme von Sevilla und an die Bestrafung der Bewohner dieser Stadt, und in dieser Zeit redete Abdalasis obige Worte zu ihm.
»Sieh da,« rief er aus, »sieh da, ein würdiges Unternehmen für dich, mein Sohn! Nimm alle Truppen mit dir, welche du von Afrika herüber gebracht hast; unterwerfe die Stadt Sevilla wieder und pflanze deine Fahne auf ihrem Alcazar. Allein beschränke dich nicht darauf. Trage dein siegreiches Schwert in die südlichen Theile Spaniens; du wirst dort eine Aernte
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