Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
kostbareres Pfand meiner Treue zurücklassen.«
König Roderich nahm das schüchterne und erröthende Mädchen unter seinen väterlichen Schutz, versprach, mit dem Auge eines Vaters über ihr Glück zu wachen und sie unter den bevorzugtesten Fräulein der Königin aufzunehmen. Mit dieser Versicherung der Wohlfahrt seines Kindes reis’te Graf Julian sehr vergnügt nach seinem Statthaltersitze Ceuta ab.
Fünftes Kapitel.
Die Geschichte der Florinda.
Die schöne Tochter des Grafen Julian wurde von der Königin Exilona mit großer Gunst aufgenommen und den Edelfräulein zugesellt, welche den Dienst bei ihr hatten. Sie lebte hier ehrenvoll und scheinbar sicher und von unschuldigen Freuden umgeben. Don Roderich hatte der Königin zu Liebe für ihre Erholung auf dem Lande einen Palast außerhalb Toledo an den Ufern des Tajo bauen lassen. Er war in dem üppigen Style des Morgenlandes ausgeziert und stand inmitten eines Gartens. Wohlriechendes Buschwerk und Blumen erfüllten die Luft mit süßen Düften, und in den Lustwäldchen klangen die Töne der Nachtigall, während der Strom der Bäche und Wasserfälle und das ferne Brausen des Tajo ihn an den heißen Sommertagen zu einem lieblichen Aufenthalt machten. Auch herrschte der Reiz der völligsten Abgeschlossenheit in dem ganzen Raume; denn die Gartenmauern waren hoch, und zahlreiche Wachen standen draußen, um jeden Zudringling fern zu halten.
In dieser reizenden Wohnung, welche eher für einen orientalischen Wollüstling, als für einen Gothenkönig paßte, pflegte Don Roderich einen großen Theil der Zeit hinzubringen, welche für die mühsamen Regierungsgeschäfte hätte verwendet werden sollen. Selbst jene Sicherheit, jener Friede, welche er durch die Vorsicht, mit der er die Mittel und Gewohnheiten des Krieges entfernte, seinem ganzen Reiche zu geben gewußt hatte, trugen dazu bei, einen unseligen Wechsel in seinem Charakter hervorzubringen. Die kühnen und heldenmäßigen Eigenschaften, welche ihm den Weg zum Throne gebahnt hatten, verloren sich allmählig in dem Schoose der Weichlichkeit. Von den Freuden eines müßigen und verweichlichten Hofes umgeben und durch das Beispiel seiner entarteten Edeln getäuscht, ließ er einer unglücklichen Sinnlichkeit den Zügel, welche während der tugendgeschmückten Tage seines Mißgeschicks in seinem Busen geschlummert hatte. Blose Liebe zu weiblicher Schönheit hatte ihn zuerst an Exilona gefesselt; dieselbe, durch üppigen Müßiggang noch genährte Leidenschaft verleitete ihn nun, eine Handlung zu begehen, welche für ihn und Spanien verhängnißvoll war. Wir theilen nachstehend die Geschichte seines Fehltrittes mit, wie wir sie in einer alten Geschichtserzählung aufgezeichnet finden.
In einem entlegenen Theile des Palastes war eine für die Königin bestimmte Wohnung erbaut worden. Sie glich einem östlichen Harem, war dem Zutritt der Männer verschlossen, und nur der König kam, obgleich selten, hierher. Sie hatte ihre eigenen Höfe, Gärten und Brunnen, wo die Königin sich mit ihren Fräulein zu ergötzen pflegte, wie sie es in dem argwöhnisch abgeschlossenen Palaste ihres Vaters zu thun gewöhnt war.
Eines heißen Tages begab sich der König, statt seine Siesta oder Mittagsschlafstunde zu halten, in diesen Theil des Palastes, um die Gesellschaft der Königin aufzusuchen. Als er durch eine kleine Kapelle gekommen war, zog ihn der Klang weiblicher Stimmen an ein mit Myrthen und Jasmin überhangenes Fenster. Es ging auf einen innern Garten oder Hof, welcher mit Orangebäumen besetzt war und in dessen Mitte man einen Marmorbrunnen sah, den ein mit Blumen emaillirter Grasrand umgab.
Es war in den heisesten Stunden eines Sommertages, wo in dem sonnewarmen Spanien die Landschaft vor dem Auge zittert und die ganze Natur nach Ruhe lechzt, den Grashüpfer ausgenommen, der dem im Schatten entschlafenden Hirten sein träumerisches Lied vorsingt.
Um den Brunnen waren viele Fräulein der Königin, welche, der geheiligten Abgeschlossenheit dieses Teils des Palastes vertrauend, in dieser kühlen Einsamkeit der Ruhe pflegten, zu welcher Stunde und Jahreszeit aufforderten. Einige lagen schlafend auf dem blumigen Rasen, andere saßen auf dem Rande des Brunnens und plauderten und lachten, während sie die Füße in seinem frischen Wasser badeten. König Roderich sah zarte, mit dem Marmor an Weiße wetteifernde Glieder in den klaren Wellen glänzen.
Unter den Fräulein war eine, die mit der Königin von den Küsten der Barbarei
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