Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
herübergekommen war. Ihre Hautfarbe hatte den dunkeln Widerschein Mauritaniens, aber sie war klar und durchsichtig, und das hohe, reiche Rosenroth brach aus dem lieblichen Braun hervor. Ihre Augen waren schwarz und voller Feuer, und schossen Flammen mit den langen seidenen Wimpern.
Ein muthwilliger Streit über die gegenseitige Schönheit der spanischen und maurischen Formen erhob sich unter den Mädchen; aber das mauritanische Mädchen enthüllte Glieder von üppigem Ebenmaas, welche jeder Nebenbuhlerschaft zu trotzen schienen.
Die spanischen Schönheiten waren im Begriff, dem Siege zu entsagen, als sie sich der jungen Florinda, der Tochter des Grafen Julian, erinnerten, die, einem Sommerschlummer hingegeben, auf dem rasigen Ufer lag. Die sanfte Gluth der Jugend und Gesundheit war über ihre Wangen ausgegossen; ihre mit langen Wimpern besetzten Augenlieder bedeckten kaum die schlafenden Sterne; die frischen Rubinlippen waren sanft geöffnet und ließen eben noch einen Schimmer von ihren elfenbeinernen Zähnen sehen, während ihre unschuldige Brust sich unter dem Leibchen hob und senkte, wie das sanfte Aufwallen und Sinken einer ruhigen Welle. Es war eine athmende Zartheit und Schönheit in der schlafenden Jungfrau, welche, gleich den Blumen umher, Süßigkeit auszuhauchen schien.
»Seht,« riefen ihre Gefährtinnen frohlockend, »seht hier die Streiterin für spanische Schönheit!«
In ihrem muthwilligen Eifer hatten sie die unschuldige Florinda halb entkleidet, ehe sie es gewahr geworden. Sie erwachte jedoch noch zeitlich genug, um ihren geschäftigen Händen zu entfliehen; aber der König hatte genug von ihren Reizen gesehen, um überzeugt zu sein, daß die vollendetsten Schönheiten Mauritaniens nicht mit ihr wetteifern konnten.
Von diesem Tage an war Roderich’s Herz von einer unglücklichen Leidenschaft entflammt. Mit glühender Begierde schaute er auf die schöne Florinda und suchte in ihren Blicken zu lesen, ob Leichtsinn oder Ueppigkeit in ihrem Busen wohne; aber das Auge des Fräuleins sank stets vor seinen Blicken zu Boden und blieb in jungfräulicher Bescheidenheit auf die Erde geheftet.
Vergebens bemühte er sich, des heiligen Vertrauens, das Graf Julian auf ihn setzte, und des Versprechens zu gedenken, das er ihm gegeben hatte, über seine Tochter mit der Sorgfalt eines Vaters zu wachen; sein Herz wurde von sinnlichem Begehr heimgesucht, und das Bewußtsein seiner Macht hatte ihn in Bezug auf seiner Wünsche Erfüllung selbstsüchtig gemacht.
Als er eines Abends in dem Garten war, wo die Königin sich mit ihren Fräulein ergötzte, und zu dem Brunnen kam, wo er die unschuldigen Jungfrauen mit ihrem Spiele beschäftigt gesehen hatte, konnte er die Leidenschaft nicht länger zurückhalten, die in seinem Busen wüthete. Er setzte sich an den Brunnen und rief Florinda zu sich, daß sie ihm einen Dorn auszöge, welcher sich in seiner Hand festgesetzt. Die Jungfrau kniete zu seinen Füßen nieder, und die Berührung ihrer zarten Finger zuckte ihm durch seine Adern. Auch fielen, während sie knieete, ihre duftigen Locken in reichen Ringen um ihren schönen Kopf, ihr schuldloser Busen klopfte unter dem hochrothen Leibchen, und ihr schüchternes Erröthen vermehrte den Glanz ihrer Reize.
Nachdem sie des Königs Hand vergeblich untersucht hatte, blickte sie mit unschuldiger Verwirrung in sein Antlitz empor.
»Señor,« sagte sie, »ich kann weder Dorn, noch ein anderes Zeichen von einer Wunde finden.«
Don Roderich ergriff ihre Hand und preßte sie an sein Herz. – »Hier ist der Dorn, holde Florinda,« sagte er; »hier ist er, und du allein kannst ihn ausziehen.«
»Mein edler Herr!« rief das erröthende und erstaunte Mädchen.
»Florinda,« sagte Don Roderich, »liebst du mich?«
»Señor,« sagte sie, »mein Vater lehrte mich, Euch lieben und verehren. Er vertraute mich Eurer Sorgfalt, daß Ihr Vaterstelle bei mir verträtet, wenn er in weiter Ferne wäre und Eurer Majestät mit Leben und Treue diente. Möge Gott Eure Majestät geneigt machen, mich stets als Vater zu schirmen.«
Bei diesen Worten senkte das Mädchen ihre Augen auf den Boden und blieb auf ihren Knieen; aber ihr Antlitz war todtenbleich geworden und sie zitterte, während sie dakniete.
»Florinda,« sagte der König, »entweder verstehst du mich nicht, oder du willst mich nicht verstehen. Du sollst mich nicht als Vater, nicht als König lieben, sondern als einen, der dich anbetet. Warum erschrickst du? Niemand soll unsere
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