Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Königin, welche nicht zum christlichen Glauben übertraten, sondern nach Afrika zurückkehren wollten, mit kostbaren Geschenken entlassen, und eine Gesandtschaft an den König von Algier geschickt, um ihn von der Vermählung seiner Tochter zu benachrichtigen und ihm die Freundschaft des Königs Roderich’s anzubieten. [Fußnote:
»Como esta Infanta era muy hermosa y el Rey Don Rodrigo disperesto y gentil hombre, entro por medio el amor y aficion, y junto con el regalo con que la avia mandado hospedar y servir fu la causa que el Rey persuadio esta Infanta, que si se tornaba a su ley de cristiano la tomaria por muger, y que la haria sennora de sus Reynos. Con esta persuasion ella fac contenta y aviendose vuelto Christiana, se caso con ella y se celebraron sus bodas con muchas fiestas y regozijos, como era razon.« Abulcacim , Conq. de Espanna, cap. 3.
– Der Verf. ]
Viertes Kapitel.
Vom Grafen Julian.
Don Roderich lebte eine Zeitlang glücklich mit seiner jungen, schönen Gemahlin, und Toledo war der Schauplatz von Festlichkeiten und von Glanz. Die ersten Edeln des ganzen Königreichs begaben sich an den Hof, um dem Könige ihre Ehrfurcht zu bezeigen und seine Befehle hinzunehmen; und Niemand zeigte sich ergebener, als die, welche wegen ihrer Verbindung mit dem letzten Könige verdächtig zu scheinen fürchteten.
Einer der ersten unter diesen war Graf Julian, ein Mann, der bestimmt war, eine schmachvolle Berühmtheit in der dunkeln Geschichte der Leiden seines Landes zu erlangen. Er war aus einer der stolzesten gothischen Familien, Herr von Consuegra und Algeziras, und durch seine Gemahlin mit Witiza und dem Bischofe Oppas verwandt, denn diese, die Gräfin Frondina, war die Schwester der letztern. In Betracht dieser Verwandtschaft, so wie seiner Verdienste, hatte er sich der höchsten Würden und Befehlshaberstellen erfreut; denn er war einer der Espadorios oder königlichen Schwertträger, ein Amt, das nur solche Männer in die unmittelbare Nähe des Monarchen führte, auf welche sie das größte Zutrauen setzten [Fußnote:
Condes Espatorios,
so genannt wegen der gezogenen Schwerter von bedeutender Größe und Breite, mit welchen sie in den Vorgemächern der gothischen Könige Wache standen.
Comes Spathariorum, custodum corporis Regum Profectus. Hunc et Propospatharium appellatum existimo. Patr. Pant. de offic. Goth.
– Der Verf. ] . Man hatte ihm überdies die militärische Statthalterstelle über die spanischen Besitzungen auf den afrikanischen Küsten an der Meerenge anvertraut, welche zu jener Zeit von den Arabern aus Osten, den Anhängern Mahomet’s, bedroht waren, deren siegreiche Fahnen bis zu dem äußersten Ende des westlichen Afrika’s vordrangen. Graf Julian wählte zu seiner Residenz als Statthalter Ceuta, die Gränzveste und eines der weltberühmten Thore des mittelländischen Meeres. Hier widerstand er kühn dem Strome des moslemitischen Einfalles und hielt die Araber im Zaume.
Don Julian war ein Mann von thätigem, aber rellosem Geiste und von umgreifendem Ehrgeiz. Er hegte in sich einen Trieb nach Gewalt und Größe, worin seine stolze Gemahlin es ihm gleich that; sie gedachten mit Schrecken des Sturzes ihrer Familie, welcher ihnen in Witiza’s Schicksal drohte. Sie hatten sich daher beeilt, dem neuen Monarchen ihre Ehrfurcht zu bezeigen und ihn ihrer Treue an seinem Wohle zu versichern.
Roderich überzeugte sich leicht von der Biederkeit der Gesinnungen des Grafen Julian; denn er kannte seine Verdienste als Krieger und Statthalter; er ließ ihm die wichtige bisher von ihm verwaltete Stelle und beehrte ihn mit vielen andern Beweisen eines unbegrenzten Vertrauens. Graf Julian suchte sich in diesem Vertrauen durch jeden Beweis der Ergebenheit zu befestigen. Es war Sitte bei den Gothen, daß eine Anzahl Kinder aus den vornehmsten Familien in der königlichen Hofhaltung erzogen wurden. Sie dienten dem Könige als Pagen, der Königin als Hoffräulein und Staatsdamen, und wurden in allen Gegenständen unterrichtet, welche ihrer edeln Abstammung angemessen waren. Als Graf Julian im Begriff war, nach Ceuta abzugehen, um seine Befehlshaberstelle wieder zu übernehmen, brachte er seine Tochter Florinda mit sich, um sie dem Herrscher vorzustellen. Sie war ein schönes Fräulein, welche das mannbare Alter noch nicht erreicht hatte. – »Ich vertraue sie Euerm Schutze,« sagte er zu dem König; »vertretet Vaterstelle an ihr und laßt sie in den Pfaden der Tugend erziehen. Ich kann Euch kein
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