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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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für eine Zeitung wie den
Earth Herald
spielt, die im Durchschnitt drei Millionen Dollar pro Tag einträgt. Dank einem genialen System geschieht übrigens diese Werbung in absolut neuer Form. Das Patent dazu wurde einem armen Teufel, der kurz darauf Hungers starb, für drei Dollar abgeluchst. Es handelt sich um gigantische Plakate, die auf die Wolken projiziert werden. Deren Ausmaße werden dadurch so ungeheuer, daß die Bevölkerung eines ganzen Landes sie zur gleichen Zeit zu sehen vermag. Auf dieser Galerie sind eintausend Projektionsapparate andauernd damit beschäftigt, die Plakate auf die Wolken zu werfen, von denen sie dann in Farben reflektiert werden.
    Doch heute, wie Francis Benett die Galerie betritt, bemerkt er, daß die Mechaniker mit verschränkten Armen vor ihren stillgelegten Projektionsapparaten stehen. Er fragt warum, und sie zeigen anstelle jeder Antwort auf den klarblauen Himmel.
    »Ach ja, schönes Wetter«, murmelt er, »keine Himmelswerbung möglich! Was tun? Wenn es nur eine Frage des Regens wäre! Den könnte man herstellen. Aber wir brauchen nicht Regen, wir brauchen Wolken! …«
    »Jawohl«, meint der Chefmechaniker, »schöne weiße Wolken müssen es sein!«
    »Also gut! Herr Samuel Mark, Sie wenden sich sofort an die wissenschaftliche Redaktion, Abteilung Meteorologie! Richten Sie von mir aus, sie soll sich einmal intensiv mit dem Problem der künstlichen Wolkenbildung befassen! Wir können doch nicht ständig von der Gnade des schönen Wetters abhängig sein!«
    Nach der Inspektion der verschiedenen Zeitungsressorts schreitet Francis Benett in den Empfangsraum, wo ihn die Botschafter und bevollmächtigten Minister, die bei der amerikanischen Regierung akkreditiert sind, bereits erwarten. Diese Herren sind gekommen, um beim allgewaltigen Direktor Rat zu holen. Benett betritt den Salon, wo schon eifrig diskutiert wird:
    »Exzellenz mögen mir verzeihen«, sagt eben der Botschafter Frankreichs zum Botschafter der Russen, »ich sehe nicht ein, was an der Europakarte geändert werden müßte. Der Norden den Slawen, meinetwegen! Doch der Süden den Romanen! Unsre gemeinschaftliche Grenze, der Rhein, scheint mir ausgezeichnet! Im übrigen möchte ich, daß Ihnen folgendes klar ist: Meine Regierung wird sich jedem Unternehmen, das sich gegen Rom, Madrid oder Wien richtet, energisch widersetzen!«
    »Brav gesprochen!« meint Francis Benett dazu, wie er nun mitten unter sie tritt und sich in die Debatte einschaltet.
    »Wie denn, Herr Botschafter von Rußland, ist es möglich, daß Sie an Ihrem riesigen Reich noch nicht genug haben, das sich vom Rhein bis zu Chinas Grenzen erstreckt und dessen Küsten von dem Eismeer, dem Atlantik, dem Schwarzen Meer, dem Bosporus und dem Indischen Ozean umspült werden? Und was sollen denn die Drohungen? Ist denn überhaupt ein Krieg noch möglich bei diesen modernen Erfindungen, diesen erstickungbringenden Geschossen, die man auf eine Distanz von hundert Kilometern abschießen kann; diesen zwanzig Meilen langen elektrischen Entladungen, die mit einem einzigen Schlag ein ganzes Armeekorps zu vernichten vermögen; diesen Projektilen, die, mit Mikroben angefüllt, Pest, Cholera und Gelbes Fieber verbreiten und die innerhalb weniger Stunden eine ganze Nation zu zerstören vermöchten?«
    »Das wissen wir, Herr Benett«, antwortet der russische Botschafter. »Doch kann man immer, wie man möchte? … An unserer Ostgrenze werden wir selber vom Chinesen bedrängt; also müssen wir, koste es was es wolle, gewisse Anstrengungen gegen Westen unternehmen …«
    »Ist das alles, Herr Botschafter?« Francis Benett schlägt einen gönnerhaften Ton an: »Nun gut! Da also die Fruchtbarkeit des Chinesen für die Welt eine Gefahr bedeutet, wollen wir den Sohn des Himmels ein bißchen drücken! Er wird seinen Untertanen eine maximale Geburtenzahl vorschreiben, die sie unter Androhung der Todesstrafe nicht überschreiten dürfen! Ein Kind zuviel? … Ein Vater weniger! Das dürfte die Sache kompensieren. – Und Sie, Herr Konsul?« wendet sich der Direktor des
Earth Herald
nun an den britischen Konsul, »was kann ich für Sie tun?«
    »Viel, Herr Benett! Es dürfte genügen, wenn Ihre Zeitung zu unsern Gunsten einen Feldzug einleiten würde …«
    »Zu welchem Zwecke? …«
    »Ganz einfach: um gegen die Einverleibung Englands in die Vereinigten Staaten zu protestieren …«
    »Ganz einfach!?« meint Francis Benett darauf achselzuckend. »Eine Annexion, die vor hundertfünfzig

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