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Es geht uns gut: Roman

Es geht uns gut: Roman

Titel: Es geht uns gut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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daß die Anspielung mit ihren triefenden Haaren zu tun hat und ein Kompliment sein soll, wenn auch bestimmt keines, das den Gepflogenheiten des diplomatischen Dienstes entspricht.
    – Mach mir jetzt nicht den Hof, das Leben ist auch so anstrengend genug.
    – Ich sehe da keinen Zusammenhang. In welcher Welt lebst du?
    – Ich?
    – Du. Du hast schon richtig gehört.
    Er blickt ihr vergnügt und offen in die Augen.
    Vor zwanzig Jahren hätte sie das noch nervös gemacht, heute macht es sie nach wie vor nervös, aber es ist eine andere Nervosität, eher so, wie man auf die Uhr schaut, eher wie die Kameraführung dieser neuen Franzosen, die nicht mehr neu sind, es für Alma aber bleiben werden. Sie denkt, ich sollte Fritz und Susanne mal wieder zum Essen einladen, ist auch schon Monate her seit dem letzten Mal, keine Ahnung, ob das an Richard liegt, daß mir die Lust vergangen ist, und Kienasts lassen sich auch immer seltener blicken, seit die Gespräche so quer gehen, dito mit Grubers, dasselbe in Grün, auf Dauer ist das allen zu blöd. Recht haben sie.
    Sie tritt durch das Gartentor, das Fritz ihr aufhält. Ein betonierter Plattenweg, die Platten in Dreierreihen, Gras und Moos in den Fugen, weil das besser aussieht. Alma steuert auf den Quittenbaum zu. Fritz folgt ihr. Vom Übergewicht, dem Rauchen und Trinken ist er kurzatmig, er redet in ihrem Rücken, schnauft, abwechselnd, stoßweise:
    – Es gefällt mir, daß du mit einer Königin zu tun hast, die ihren Hochzeitsflug absolviert.
    Alma stellt die Schwarmkiste in den Rasen, ganz froh über die kleine Aufregung:
    – Du verstehst nichts von Bienen.
    – Da ist was dran, räumt er ein: Verzeihung.
    – Das ist die alte Königin. Ihr Hochzeitsflug war im vergangenen Frühling. Die Vorräte in ihren Samenschläuchen reichen noch für mindestens drei Jahre.
    – Welche Vorräte?
    – Zum Eierlegen. Die Königin wird in ihrem Leben nur einmal begattet.
    Fritz runzelt die Stirn:
    – Warum züchtet man eine so freudlose Spezies? Das schlägt am Ende auf einen selbst.
    Alma gibt ihm einen Klaps auf die Baskenmütze. Statt sich die Mütze zurück in die gewohnte Position zu korrigieren, mimt Fritz den Beleidigten und schiebt sich die Mütze tiefer in die Stirn.
    Er ist der Sproß eines Nebenzweiges einer österreichischen Schauspielerfamilie und zur Einsicht in die Uneinheitlichkeit seines Charakters erzogen worden, in die Vielfalt von Wünschen, Antrieben und Inkonsequenzen. Alma mag ihn. Zwar hat er sich mit den Jahren ein bißchen zu sehr auf die Rolle des charmanten Schwerenöters abonniert, der weiß, daß seine Zeit abgelaufen ist. Dennoch ist er ein Mensch mit einem beträchtlichen Repertoire an Unbeständigkeit. Ganz im Gegensatz zu Richard. Bei dem muß immer alles stabil und berechenbar sein, und er hat ein Leben lang Form und Förmlichkeit verwechselt, wie es ihm daheim am Mittagstisch vorgelebt wurde: Die Ellbogen müssen an den Körper gedrückt und die Zeigefinger in Längsrichtung des Stiels an das Besteck angelegt sein, wobei die Spitzen des Bestecks nicht in die Höhe zeigen dürfen.
    Fritz sagt:
    – Als Entschädigung für die Tätlichkeit bekomme ich ein halbes Kilo Honig.
    Alma, die ihrerseits etwas murmelt, schenkt ihm keine Beachtung mehr. Sie inspiziert die Traube, die sich in Kopfhöhe, leicht erreichbar, im Blattwerk der Quitte gebildet hat, eine ausgefranste, zähflüssige, laut summende Masse ohne scharf gezogene Grenzen, aber innerhalb bestimmter Radien, so daß dieses gespenstisch schwebende Wimmeln dem Stillstand trotzdem näher scheint als der Bewegung. Ein ungewöhnlich kräftiger Geruch strahlt von dem Schwarm ab, malzig, muffig, weil die Bienen reichlich Wasser abbekommen haben. Alma schöpft mit dem Löffel einen Teil der Masse ab, dort, wo sie am dichtesten ist. Das Gebilde dehnt sich, wie zur Illustrierung der japanischen Weisheit, daß man dem Feind, der als Berg angreift, als Meer begegnen soll. Breiig quellen Bienen über den Rand der Kelle, fliegen teilweise von selbst in die Schwarmkiste, was vermuten läßt, daß Alma die Königin auf Anhieb erwischt hat. Sie hat die Königin im vergangenen Jahr nicht finden können, als sie die anderen Königinnen markierte, sie heuer nur einmal gesehen, doch während sie den Pinsel holte, war ihr das Biest ausgekommen. Diesmal hat Alma mehr Glück. Vorsichtig, weil sie keine der anderen Bienen zerquetschen will, schließt sie den Deckel der Schwarmkiste. Der Rest der Traube fällt

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