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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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die Zeit nicht leisten, Joe; es gibt zu viele Dinge, um die ich mich persönlich kümmern muß.“
    Er hämmerte eine Reihe dumpfer Noten. „Und so geht es auch mir, A. W., so geht es auch mir. Ich fürchte, Sie müssen jemand anders suchen.“
    Ich konnte seine Ablehnung weder verstehen noch sie erschüttern, und als ich ihn verließ, hatte ich schon fast beschlossen, das ganze Projekt aufzugeben, denn ich kannte keine weitere vertrauenswürdige Person dafür. Sein Vorschlag, ich sollte selbst teilnehmen, war phantastisch; ich war schon vor langer Zeit an den Punkt gekommen, wo es notwendig ist, alle derartigen Pflichten an Untergebene zu delegieren.
60.

    Vielleicht war es Joes Bemerkung, frische Luft würde mir guttun, vielleicht aber nur die Schwierigkeit, ein Beförderungsmittel zu finden, jedenfalls beschloß ich, den Abend zu nutzen, und zu Fuß zum Hotel zu gehen. Taxis waren natürlich zusammen mit dem Treibstoff verschwunden, aber einfallsreiche Menschen, die nicht auf Almosen angewiesen sein wollten, hatten Rikschas und Fahrradwagen gebaut, die die einzigen innerörtlichen Transportmittel waren. Die Nacht war klar und kühl, die Sterne strahlten in ferner Reinheit, aber rundherum drang der aggressive Geruch der aus den Fugen geratenen Stadt in meine Nase.
    „Im Namen Jesu Christi, Amen. Bruder, bist du errettet?“
    Als die Gestalt aus dem Schatten eines Gebäudes trat und mich ansprach, war mein erster Gedanke, daß es sich um einen Überfall handelte, aber die seltsame Begrüßung ließ dies unwahrscheinlich erscheinen. „Was wollen Sie?“ fragte ich.
    „Bruder, bist du ein Christenmensch?“
    Mir mißfiel seine Aufdringlichkeit, und ich ging weiter; er folgte mir. „Verhärte dein Herz nicht, elender Sünder, sondern laß Jesus deinen Stolz hinwegnehmen, wie er deine anderen Sünden abwäscht. Sei nicht hoffärtig und machtvoll, denn der Hoffärtige wird erniedrigt und der Mächtige schwach sein; in kurzer Zeit wirst du Nahrung für das Gras sein. Das Gras ist Nahrung für den Ochsen, den göttlichen Ochsen mit sieben Hörnern, der bald nach dem Herold mit lautem Trompetenschall und Gebrüll über die Welt kommt.“
    Ich wußte um die Vervielfachung der Geisteskrankheiten und hoffte, das Hotel zu erreichen, bevor er gewalttätig wurde. „Wie heißen Sie?“ versuchte ich ihn zu beschwichtigen.
    „Nenne mich Bruder Paul, denn einst war ich Saul, der Weltliche; jetzt bin ich dein Bruder in Christus.“
    „Bruder Paul! Der Rundfunkprediger?“
    „Wir alle sind Glieder des anderen, und Er, der den Sperling fallen sieht, unterscheidet nicht zwischen den Titeln von Menschenhand. Wir alle, die wir mit der Hilfe von Bruder Paul Jesus Christus gefunden haben, werden Bruder Paul genannt. Komm in die Arme der Liebe, o elender Sünder, und sei auch du ‚Bruder Paul’!“
    Ich hielt das für ziemlich verwirrend. „An Religion war ich schon immer interessiert.“
    „O schwacher Mensch. Am Leben interessiert und am Tod interessiert, am Sein interessiert und an der Schöpfung interessiert, an der Religion interessiert und an Kot interessiert. Wende dich ab davon, das sind nur die Zinsen, die der Teufel auf deine Seelenhypothek zahlt; dein Retter wohnt im Herzen des Grases – enthalte ihm deine kostbare Seele nicht vor. Gerade jetzt wird der Herold geweiht, und danach wird der Ochse kommen, das Gras zu fressen, und dann kommt das Ende der Welt. Gib Bruder Paul deine wertlosen irdischen Besitztümer, gib Jesus deine Seele und spute dich für den glorreichen Tag. Halleluja!“
    Das leidenschaftliche Gestammel endete fast in einem Kreischen.
    Was für eine Verschwendung rednerischer und vielleicht auch organisatorischer Energie, überlegte ich, während ich, um dem Fanatiker zu entkommen, schneller ausschritt. Unter anderen Umständen, dachte ich, könnte dieser Mann einen fähigen Angestellten oder Organisationsleiter abgeben. Plötzlich hatte ich eine Idee.
    „Mr …?“
    „Bruder Paul. Ich habe keinen irdischen Namen.“
    „Ich möchte, daß Sie ein paar Minuten mit mir kommen; ich habe einen Vorschlag, der Sie interessieren könnte.“
    Trotz der Dunkelheit konnte ich sehen, wie er mich argwöhnisch musterte. „Handelte es sich um eine weltliche Verführung vom christlichen Weg?“
    „Ich glaube, Sie werden mein Angebot als materielle Hilfe für Ihre Kirche einschätzen.“
    „Ich habe keine Kirche“, sagte er. „Wir sind Christen und erkennen keine von Menschen geschaffenen Institutionen

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