Es grünt so grün
schafft, ruft man einen Appetit ins Leben. Ich stelle mir vor, daß dieser Flecken Cynodon dactylon einfach nicht mehr zu absorbieren aufhören konnte, als er einmal geimpft war.“
„Aha. Wie wenn man einem Mann Geschmack auf Bourbon macht.“
„Wenn Sie es so sehen möchten.“
„Schon gut, und jetzt kommen wir dazu, wie dieses Wachstum gestoppt werden kann. Theoretisch.“
„Soweit ich weiß“, sagte Miss Francis, „kann es nicht gestoppt werden.“
Zwei: Folgen einer Entdeckung
11.
„Aber es muß aufgehalten werden“, rief Gootes aus.
Miss Francis wandte sich schweigend wieder ihrem Blumentopf zu, als hätte sie uns vergessen. Gootes irrte wie ein verwirrter, beunruhigter Hund durch die Küche. „Verdammt noch mal, es muß aufgehalten werden.“ Er zog ein Kartenspiel zur Hälfte heraus, dann steckte er es hastig wieder ein, als wolle er die Bedeutung des Augenblicks nicht entwürdigen.
„Sonst … nun, sonst wird es das Haus verschlucken.“ Schließlich entschied er sich doch für die Karten und balancierte vier von ihnen mit der Kante auf seinem Handrücken. Miss Francis ließ den Blumentopf sofort im Stich und betrachtete das Kunststück mit großen Kinderaugen. „Tatsächlich, wenn Ihre Worte zutreffen, wird es das Haus verschlingen. Es verdauen. Es in Teufelsgras umwandeln.“
„Cynodon dactylon. Meine Worte treffen zu. Wieviel Elementarphysik steckt in diesem Trick?“
„Aber das ist schrecklich“, protestierte Gootes. Er beäugte eine Schüssel mit Algen, als wäre er im Begriff, sie verschwinden zu lassen. Im Innern stimmte ich ihm zu; eine der größten potentiellen Geldquellen des Jahrhunderts war verloren und wertlos.
„Jawohl“, pflichtete sie ihm bei, „es ist schrecklich. Schrecklich wie der Hunger in einem Bienenkorb, wenn der Imker den Honig herausnimmt; schrecklich wie die tägliche Arbeit in einem Schlachthof; schrecklich wie der Appetit des erwachsenen Fisches zur Laichzeit.“
„Puh! Schicksal. Kismet. Natur.“
„Aha; Ihnen machen Katastrophen nichts aus, wenn der Mensch nicht betroffen ist.“
„Der ortsansässige Mensch“, schränkte Gootes ein. „Los-Angeles-Mensch. Pithecanthropus filmiensis. Die Drösel in Konstantinopel sind alle AP-Angestellte.“
„Mir scheint“, schaltete ich mich ein, „daß Sie beide zuviel hineinreden. Ich sehe nichts, was das Wort Katastrophe verdient.
Ich bin sicher, es würde mir leid tun, wenn das Dinkman-Haus verschlungen wird, wie Gootes meint, aber noch ist es nicht geschehen, und ich bin sicher, diese Befürchtung ist übertrieben. Die Behörden werden etwas tun, oder das Gras wird zu wachsen aufhören. Ich halte es nicht für sinnvoll, die schlechteste aller Möglichkeiten zu betrachten.“
Gootes öffnete den Mund in gespielter Überraschung. „Ich nehm’s auf meinen Eid: Der Junge ist ein Philosoph.“
„Sie sind nicht sonderlich betroffen, Weener, oder?“
„Ich kenne keinen Grund, warum ich es sein sollte“, gab ich zurück. „Ich habe Ihr Produkt in gutem Glauben verkauft, und ich bin nicht verantwortlich …“
„Oh, blind, blind! Können Sie sich vorstellen, daß ein Mensch leiden kann, ohne daß Sie leiden? Ist Ihr Name Simeon Stylites? Glauben Sie auch nur einen Augenblick lang, daß das, was irgendeinem Menschen geschieht, nicht allen Menschen geschieht? Sind Sie nicht der Hüter Ihres Bruders?“ Sie rang die Hände. „Nicht verantwortlich! Nein, Sie sind verantwortlich für alle Brutalität und Bosheit, für jedes Unglück und jede Exekution in der Welt.“
Ich hatte schon oft gehört, die Grenzlinie zwischen Tiefgründigkeit und Irrsinn sei sehr dünn, und jetzt war klar, auf welcher Seite sie stand. Ich blickte zu Gootes, um festzustellen, wie er ihren hysterischen Ausbruch aufnahm, aber er hatte einen Satz leerer Reagenzgläser gefunden und konstruierte ein gefährlich schwankendes Gebilde aus ihnen.
„Natürlich, gewiß“, stimmte ich besänftigend zu, „Sie haben völlig recht.“
Sie ging hin und her, als sei ihr unbeholfener Körper eine Last. „Ist die spontane Reaktion auf eine offensichtliche Wahrheit – eine Binsenwahrheit sogar – stets eine Diagnose auf Wahnsinn? Ich spreche einen Gedanken aus, der so alt ist, daß niemand weiß, wer ihn zuerst formuliert hat, und ein Zuhörer fühlt sich verpflichtet, entweder sich beleidigt zu fühlen oder den Sprecher zu verachten. Glauben Sie mir, Weener, ich habe keine persönliche Anklage aufgeworfen: Auch ich bin schuldig –
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