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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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mich anzuschauen, und sprach zum ersten Mal.
    Ihre Stimme war tief und hatte das Timbre einer alten Bronzeglocke. „Yuma“, sagte sie.
    „Yuma, Arizona?“ fragte ich idiotisch.
    Wieder nickte sie leicht. Voll Panik überschlug ich den Inhalt meiner Brieftasche. Etwa vierzig Dollar, überlegte ich – nein, dreißig. Würde uns das nach Yuma bringen? So eben, vielleicht, und ich müßte den Intelligencer wegen des Geldes für die Rückfahrt anrufen. Außerdem wäre die Reise beim momentanen Zustand der Straßen eine Sache von mehreren Tagen, und ich wußte, sie würde nur das Allerbeste akzeptieren. Wie konnte ich es möglich machen? Sollte ich zum Intelligencer zurückfahren und um einen Vorschuß auf mein nächstes Wochengehalt bitten? Ich hatte von mehr als einem mißgestimmten Reporter gehört, daß dies eine Unmöglichkeit war. Herr im Himmel, dachte ich, ich werde sie verlieren, wenn ich nicht irgendwie an Geld kam.
    Was auch passieren mochte, ich mußte sie so weit wie möglich mitnehmen; ich durfte sie nicht gehen lassen, ehe ich nicht absolut dazu gezwungen war. Nachdem dieser Entschluß feststand, galt mein nächster Gedanke der Zeit, denn solange ich in dieser Blechmasse mitkroch, verbrannte ich Benzin, ohne irgendwohin zu kommen. Jetzt zahlte sich aus, daß ich Seitenstraßen kannte; bei der ersten Gelegenheit scherte ich aus und konnte, da ich Stadtkerne und Highways mied, normale Geschwindigkeit erreichen.
    Sie blieb immer noch stumm, bis ich schließlich, als wir an üppigen Orangenhainen vorbeifuhren, zu sprechen wagte. „Ich heiße Albert Weener. Bert.“
    Das rechte Hinterrad wirbelte etwas Staub hoch, als ich, nervös wie ich war, von der Fahrbahn abkam. Irgendwo über uns jagte ein Flugzeug durch den heißen Samthimmel.
    „Ääh … wie … äh … wollen Sie mir Ihren Namen nicht sagen?“
    Immer noch nach vorn blickend, erwiderte sie: „Das ist nicht nötig.“
    Nach einigen Meilen wagte ich es erneut. „Leben Sie … haben Sie in Los Angeles gelebt?“
    Ungeduldig schüttelte sie den Kopf.
    Also wirklich, dachte ich …! Und dann: Armes Ding, wahrscheinlich ist sie völlig durcheinander. Hat vielleicht Heim und Familie verloren. Das ganze Geld weg. Hilflos. Ihren Stolz unterdrückend auf dem Weg nach Osten, um mit Hilfe ungeliebter Verwandter einen neuen Anfang zu machen. Ich bin der einzige, auf den sie sich verlassen kann – ich darf sie nicht enttäuschen. Brich das Eis, egal, welches Benehmen ihr natürlicher Stolz ihr diktiert, biete deine Hilfe an!
    „Ich bin beim Daily Intelligencer “, sagte ich. „Der Mann, der als erster über das Gras gelaufen ist.“
    Zehn Meilen später erkundigte ich mich: „Wäre es nicht bequemer, wenn Sie die schwere Pelzjacke ausziehen würden? Ich kann sie hinten zu Ihrem Gepäck tun, dann wird sie nicht geknautscht.“
    Sie schüttelte den Kopf noch ungeduldiger.
    Plötzlich fiel mir das Autoradio ein, das erst vor wenigen Tagen eingebaut worden war. Ein wenig heitere Musik beruhigt die Seele. Ich schaltete es ein und bekam eine Band rein, die einen brandneuen Hit sang: „Grün wie Gras.“
    „Oh, nein. Keinen Lärm!“
    Natürlich. Wie gedankenlos von mir. Schon das Wort „Gras“ erinnerte sie wieder an ihre tragische Lage. Ich ohrfeigte mich innerlich für meine Taktlosigkeit.
    Wir umfuhren Riverside und kamen bei Beaumont wieder auf den Highway, wo wir unentrinnbar von der langsamen Blechflut aufgesogen wurden. „Es tut mir leid“, entschuldigte ich mich, „aber ich kann es bei Banning noch einmal versuchen und in die Berge hinauffahren, um dem hier zu entkommen.“
    Eine Stunde später schlug ich vor anzuhalten, um etwas zu essen. Sie schüttelte den Kopf. „Aber es wird schon spät“, sagte ich. „Wir müssen uns schon bald Gedanken machen, wo wir über Nacht anhalten.“
    Sie hob die linke Hand gebieterisch. „Fahren Sie die ganze Nacht durch!“
    Das hätte gewiß einen Teil meines finanziellen Problems gelöst, aber ich war hungrig und durch ihre Weigerung, etwas zu essen, gereizter als durch ihre Ungeselligkeit. „Ich muß essen, auch wenn Sie es nicht müssen“, teilte ich ihr barsch mit. „Bei der nächsten Gelegenheit werde ich anhalten.“ Mit derselben linken Hand machte sie eine resignierende Geste.
    Ich hielt an der Raststätte. „Wollen Sie Ihre Meinung nicht doch ändern und mit hereinkommen? Wenigstens auf eine Tasse Kaffee?“
    „Nein.“
    Verärgert ging ich hinein und aß. Wer war sie, daß sie mich wie einen

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