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Es stirbt in mir

Es stirbt in mir

Titel: Es stirbt in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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lang im Freien tummeln durften. Ich war ein guter Softballspieler. Ohne viel Muskeln, aber mit erstklassigen Reflexen und einem guten Augenmaß; außerdem hatte ich immer den Vorteil, genau zu wissen, was der pitcher, der Werfer, dachte. Er überlegte zum Beispiel: Dieser Bursche da ist zu mager, um gut zu treffen, also lege ich ihm einen hohen, schnellen Ball vor. Aber ich war darauf vorbereitet, rannte los und hatte eine ganze Runde vollendet, bevor einer wußte, was überhaupt los war. Oder die andere Seite versuchte einen dummen Trick, etwa einen ›Hit-and-Run‹, aber ich lief einfach rüber, schnappte mir den Bodenball und startete das Doppelhaus. Gewiß, es handelte sich nur um Softball, eine weniger harte Version des Baseball, und meine Klassenkameraden waren zumeist dicke Flaschen, die nicht mal richtig laufen, geschweige denn Gedanken lesen konnten, aber ich genoß das mir ungewohnte Triumphgefühl, ein hervorragender Sportler zu sein, und schwelgte in Träumen, in denen ich Zwischenspieler bei den Dodgers war. Die ›Brooklyn Dodgers‹, erinnern Sie sich? In meinem zweiten Collegejahr wurde das South Field umgepflügt und zu Ehren des 200. Gründungstags der Universität zu einem Paradestück von Park gestaltet. Das war 1954. Mein Gott, wie lange ist das her! Ich werde alt… Ich werde alt… Trag hochgekrempelt die Hosen bald… Hörte zwar der Nixen Gesang, glaub’ aber nicht, daß er mir galt…
    Ich steige die Treppe hinauf und nehme ungefähr fünfzehn Fuß links von der Bronzestatue der Alma Mater Platz. Dies ist mein Büro – ob Sonne, ob Regen, ob’s stürmt oder schneit. Die Studenten wissen, wo sie mich finden, und wenn ich da bin, verbreitet sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Außer mir bieten noch fünf bis sechs andere ihre Dienste an, zumeist mittellose Examenskandidaten, aber ich arbeite am schnellsten und zuverlässigsten und erfreue mich daher einer begeisterten Anhängerschaft. Heute gehen die Geschäfte allerdings zunächst zögernd. Zwanzig Minuten sitze ich da, rutsche unruhig hin und her, versuche im Beckett zu lesen oder starre die Alma Mater an. Vor ein paar Jahren hat die Bombe eines Radikalen ihre Seite aufgerissen, der Schaden ist aber wieder behoben. Ich weiß noch genau, daß ich zuerst über die Nachricht erschrocken war. Schließlich, was ging mich diese dämliche Statue an, das alberne Symbol einer idiotischen Schule? Das war, glaube ich, 1969. In der Steinzeit.
    »Mr. Selig?«
    Ein großer, muskulöser Kerl. Enorme Schultern, pausbackiges, naives Gesicht. Anscheinend zutiefst verlegen. Er hat Literatur 18 belegt und braucht möglichst schnell einen Aufsatz über Kafkas Romane, von denen er keinen gelesen hat. (Der Football hat jetzt Hochsaison; er spielt als Halfback und hat überhaupt keine Zeit.) Ich nenne ihm die Bedingungen, mit denen er sich hastig einverstanden erklärt. Während er vor mir steht, taste ich ihn innerlich ab, prüfe seine Intelligenz, schätze seinen mutmaßlichen Wortschatz und seinen Stil. Er ist klüger als er aussieht. Das sind die meisten. Fast alle könnten ihre Arbeiten selber schreiben, wenn sie sich nur die Zeit dazu nähmen. Ich mache Notizen, halte meinen Eindruck von ihm fest, und er schlendert äußerst zufrieden davon. Und auf einmal geht es Schlag auf Schlag: Er schickt einen Fraternity-Bruder, der Fraternity-Bruder schickt einen Freund, der Freund schickt einen seiner Fraternity-Bruder, von einer anderen Fraternity, und so weiter, bis ich am frühen Nachmittag feststelle, daß ich genug Arbeit habe. Ich kenne meine Kapazität. Und so ist wieder alles gut! Ich werde zwei oder drei Wochen lang ausreichend zu essen haben, ohne die widerwillig gewährte Großzügigkeit meiner Schwester in Anspruch nehmen zu müssen. Judith wird froh sein, eine Zeitlang nichts von mir zu hören. Auf, nach Hause, und ans Werk! Ich bin ein guter Ghostwriter – gewandt, ernst, nachdenklich in der typischen Collegemanier. Und ich kann meinen Stil variieren. Ich kenne mich aus in Literatur, Psychologie, Anthropologie, Philosophie. Gott sei Dank habe ich meine eigenen Semesterarbeiten aufbewahrt; sogar nach über zwanzig Jahren sind sie noch eine Goldgrube. Ich nehme 3.50 Dollar pro Maschinenseite, manchmal auch mehr, wenn mein Sondieren ergibt, daß der Student über genug Geld verfügt. Dafür garantiere ich mindestens eine 2-plus, andernfalls Geld zurück. Ich habe noch nie eine Rückzahlung leisten müssen.
2
    Als David siebeneinhalb Jahre alt war und

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