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Essays: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Essays: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Essays: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel de Montaigne
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Miene? Wer von ihnen ließ jemals, stehend oder fallend, Zeichen der Furcht blicken? Welcher zog jemals den Hals zurück, wenn dem Schwerte geboten ward, ihn zu treffen?
     
    14 Tibul I, 8, 45: Cephise rauft alle Silberhaare gar emsig mit der Wurzel aus. Auch das Gesicht läßt sie sich schinden und freut sich der jungen Haut.
     
    15 Cicero, Tusc. disp. III, 28: Woraus erhellt, daß der Gram nicht in der Natur liegt, sondern in der Meinung.
     
    16 Livius XXXIV, 17: Ein wildes Volk, das glaubt, ohne Krieg sei's nicht der Mühe wert zu leben.
     
    17 Catull IV, 18: Auf so viel ungestümen, falschen Wellen.
     
    18 Ex Mim. Publ. Syri: Das Glück gleicht dem Glas an Glanz und Zerbrechlichkeit.
     
    19 Sallust, De rep. ordin. I, 1: Jedermann ist seines Glückes Schmied.
     
    20 Seneca, Epist. 74: Bei vollem Reichtum darben ist des Elends größtes.
     
    21 Cicero, Paradox. VI, 3: Nicht kauflustig sein, ist reich sein; der hat des Geldes genug, der nichts auszuzahlen bedarf.
     
    22 Cicero, Paradox. VI, 2: Des Reichtums Frucht ist Überfluß, und Überfluß liegt im Genug.
     
    23 Cicero, Tusc. disp. II, 22: Es liegt eine verzärtelte, eitle Einbildung bei unserem Wohl und Wehe zugrunde, die uns so schlaff und weichlich macht, daß wir keinen Bienenstich mit Geduld ertragen können. Das ganze Geheimnis dagegen ist: lerne dich selbst regieren.
Von der Angewohnheit und von der Mißlichkeit, gewohnte Gesetze zu ändern.

    Derjenige hat meiner Meinung nach die Macht der Gewohnheit sehr richtig eingesehen, welcher zuerst die Erzählung 1 erfand; eine Bauersfrau habe ein Kalb in der Stunde, da es geboren worden, auf den Arm genommen und gestreichelt, und da sie mit diesen Liebkosungen täglich fortgefahren, sei sie durch die Gewohnheit dahin gelangt, daß sie dasselbe Tier noch auf den Armen getragen, zu einem so großen Ochsen es auch herangewachsen sei.
    Denn es ist wahrlich eine heftige und listige Schulmeisterin, diese Gewohnheit! Ganz unvermerkt setzt sie sich bei uns auf den Fuß der Herrschaft; hat sie aber mit Hilfe der Zeit diesen sanften und unvermerkten Anfang genommen, so zeigt sie uns nach und nach ein trotziges und tyrannisches Gesicht, gegen welches wir nicht einmal ferner die Freiheit behalten, unsere Augen aufzuschlagen. Bei jeder Gelegenheit sehen wir sie die Regeln der Natur überwältigen. Usus efficacissimus rerum omnium magister. 2 Dies läßt noch an die Höhle des Plato in seiner Republik glauben und macht es mir begreiflich, wie die Ärzte so oft, ihrer Herrschaft zufolge, die Gründe ihrer Kunst beiseite setzen können und wie jener König durch ihre Hilfe seinen Magen dergestalt einzurichten vermochte, daß er endlich vom Gift sich nähren konnte, und wie das Mädchen, von dem Albertus erzählt, sich gewöhnen konnte, von Spinnen zu leben. Und wie man in der neuen indischen Welt, unter ganz verschiedenen Himmelsstrichen, große Völkerschaften fand, welchen sie zur Speise dienten, die solche sammelten und einmachten, ebenso wie Heuschrecken, Ameisen, Eidechsen und Fledermäuse, und daß bei einer großen Teuerung eine Kröte um sechs Reichstaler verkauft wurde. Man kocht sie dort und richtet sie an mit allerlei Brühen. Man hat andere Völker angetroffen, denen unsere Fleischspeisen giftig und tödlich waren. Consuetudinis magna vis est. Pernoctant venatores in nive; in montibus uri se patiuntur; pugiles caestibus contusi ne ingemiscunt quidem. 3
    Diese wundersamen Beispiele verlieren ihr Wundersames, wenn wir beherzigen, wie es uns ganz gewöhnlich geht und wie die Gewohnheit unsere Sinne stumpft. Wir dürfen nicht erst auf Reisen gehen, um zu erfahren, was man von den Einwohnern in der Nähe der Katarakte des Nils erzählt, und um uns von dem zu überzeugen, was die Philosophen von der Harmonie der Sphären meinen. Die Körper dieser Kreise, die fest, dicht und glatt sind, können, indem sie sich berühren und im Vorüberfahren sich reiben, nicht fehlen, eine bewunderungswürdige Harmonie zu erregen, nach deren Rhythmus sich die Wendungen und Gänge der Sterne in ihrem Tanz richten; aber das Gehör der Geschöpfe dieses Erdbodens ist durch die ununterbrochene Dauer dieses Klanges so wie die Ägypter von den Katarakten betäubt, und sie können nichts davon vernehmen, so stark er auch übrigens sei. Die Schmiede, Tischler, Blechschläger und Faßbinder könnten das Geräusch, das sie machen, nicht aushalten, wenn es ihnen ebenso stark gellte als uns.
    Mein Riechkissen dient meiner Nase; wenn ich es

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