Essen kann jeder
Abfüllerei Wahnsinn. Vor allem, wenn die Flaschen aus Plastik sind. Laut einer Studie des Instituts ESU-Services in Zürich verbraucht die Plastikverpackung tausendmal mehr Energie als Wasser aus der Leitung. Für die Herstellung einer PET-Flasche werden circa 94 ml Erdöl verbraucht. Für Flaschenspülung, Etikettierung und Verpackung kommen noch mal 13 ml Erdöl hinzu. Wenn das Wasser innerhalb eines Umkreises von 50 km verkauft wird, erhöht sich der Saldo erneut, und zwar um 4,9 ml Erdöl. Wird das Wasser in fernere Länder transportiert, addieren sich pro 1 000 Kilometer 97 ml hinzu. Das heißt, wenn ein Liter Wasser mit dem Lkw aus dem 16 000 Kilometer entfernten Fidschi zum Supermarkt auf Usedom gefahren wird, werden fast zwei Liter Erdöl verbraucht. So ist es doch eigentlich verwunderlich, dass ein Liter Wasser billiger ist als ein Liter Benzin.
Das ist noch nicht das Ende vom Lied, denn irgendwo müssen die leeren Flaschen auch wieder hin. Und was bietet sich da an? Richtig, in den USA landen jährlich 38 Milliarden Plastikflaschen auf dem Müll. In Deutschland schaffen es immerhin 30 Prozent der PET-Flaschen in die Recyclinganlage. Dort werden sie geschreddert, zu 50 Prozent mit frischem Plastik vermengt, eingeschmolzen und zu neuen Flaschen gegossen. Der Rest wird thermisch verwertet, also verbrannt. Oder biologisch gelagert, sprich weggeworfen. Laut Umweltschutzorganisation Oceana landen jede Stunde rund 340 Tonnen Plastikmüll im Meer. Kunststoffteppiche von der Größe Nordeuropas treiben munter im Pazifik umher. 90 Prozent aller toten Eissturmvögel auf den Färöer-Inseln haben Plastik im Bauch. Aus chemischer Sicht gleichen unsere Nordseevögel eher Quietscheentchen.
Verzeihen Sie, wenn mich an dieser Stelle der Kulturpessimismus übermannt. Aber was sind wir Menschen doch für einfältige Barbaren! Gerade mal 30 000 Jahre gibt es den Homo sa piens, und schon sieht es auf diesem Planeten aus wie bei Hempels unterm Sofa. Wissen Sie, wie lange der Dinosaurier die Erde bevölkert hat? 180 Millionen Jahre. Wir Menschen denken im mer, die Dinos wären tumbe Zeitgenossen gewesen. Viel Panzer, wenig Hirn! Wenig Hirn? Apatosaurier hatten sogar zwei Gehirne: Eines im Kopf und eines in der Nähe des Afters. Ein eigenes Hirn, nur zum Scheißen! Unsere Spezies dagegen hat einfach Scheiße im Hirn. Das ist etwas vollkommen anderes.
Glauben Sie, ein so hoch entwickeltes Wesen wie der Dinosaurier würde Nespresso trinken, Regenwälder für Biosprit abholzen und Gletscher zum Trinken auftauen? Drei Viertel der Dinos waren Vegetarier, außerdem waren sie Kaltblüter. Wurde es klimatisch ein bisschen kälter, haben sie sich nicht mal mehr bewegt! Dinosaurier waren also keine Monster, das waren prähistorische Buddhisten! Mit zugegebenermaßen sehr scharfen Zähnen. Sie glauben mir nicht? Dann graben Sie bitte in der Erde nach! Und was finden Sie da? Dinoknochen! Mehr nicht. Was von uns Menschen übrig bleibt, sind Capri-Sonne, Autoreifen, Elektroschrott … Welche Schlussfolgerungen werden kommende Spezies daraus über unsere Kultur ziehen? Vielleicht steht in Äonen von Jahren ein Lehrer mit seinen reptilienähnlichen Schülern im Museum für Frühgeschichte und doziert: »Das ist ein sogenanntes Atommüllfass aus dem späten 20. Jahrhundert. Uran war damals eine beliebte Grabbeigabe. Was hast du gesagt, Klaus? Zum Schutz gegen Grabräuber? Nein, man ver mutet, die Menschen glaubten, Uran hätte kosmische Energie, die ihnen die Ewigkeit offenbaren würde. Wir dürfen nicht vergessen, wie primitiv diese Wesen waren. Ihr wisst ja, was man über Menschen sagt: Viel Fernsehen, wenig Hirn!«
Jetzt höre ich viele aufschreien: »Dürfen wir jetzt gar nichts mehr konsumieren? Sollen wir Menschen zurück in die Höhlen kriechen und Felswasser von den Wänden lecken?« Nein, Müll ist Teil der menschlichen Existenz, Leben heißt Müll produzieren. Wir werden irgendwann selbst zu Müll und landen auf dem großen Komposthaufen von Mutter Natur. Ich bin mir meiner eigenen mülligen Sündhaftigkeit vollkommen bewusst. Mein öko logischer Fußabdruck ist ein kräftiger Tritt in den Arsch dieses Planeten. Aber trotzdem wird man doch ein paar kritische Worte äußern dürfen, wenn man feststellt, dass Müllerzeugung heute als globaler Volkssport betrieben wird.
Verpackung ist gefährlich
Übrigens: Wir verdrecken schließlich nicht nur unseren Plane ten wie Helmut Schmidt seine Lunge, sondern auch unsere eigene Gesundheit.
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