Essen kann jeder
betreiben etwa 15 000 Menschen mit einfachsten Mitteln kleine Insektenfarmen. Die Produktionskosten sind relativ überschaubar. Man darf kein Glatzkopf sein, verzichtet konsequent auf jegliche Form von Haarpflege, knuddelt hier und da mal einen Straßenköter, und schon hat man sein eigenes kleines Läusegehege auf dem Kopf. In Asien stellen Insekten kein Arme-Leuteessen dar: Alle sozialen Schichten lieben die kleinen, knackigen, knusprigen Dinger. Auch ich habe einmal in Bangkok eine frittierte Heuschrecke gegessen, und ich muss sagen, ich fand es weder ästhetisch noch geschmacklich ekliger als meine erste Gabel Ochsenmaulsalat. Wenn man den ersten Abwehrreflex überwunden hat, kann man wirklich auf den Geschmack kommen. Auch in Deutschland gibt es schon Internet-Shops für essbare Insekten. Bei »Braidy Snack« kann man sich von Seidenwürmern über Rhinokäfer all das ins Haus schicken lassen, wofür man früher den Kammerjäger geholt hätte. Denn aus kulinarischer Sicht haben Insekten einen entscheidenden Vorteil: Sie sind unglaublich abwechslungsreich. Es gibt weltweit mehr als 1 400 essbare Insektenarten. Da wartet ein entomologisches Schlaraffenland auf uns. Die Viecher heißen nicht umsonst Grillen. Warum sollte man nicht Silberfische in Konserven anbieten wie Ölsardinen? Es haben sogar schon die ersten Insektenrestau rants aufgemacht. Das wäre doch ein Menü für den Hochzeitstag: Maikäferschaumsüppchen, Frühlingssalat mit Raupen-Croutons, Hirschkäfergulasch und zum Abschluss flambierte Skorpione mit Honigbienenmus. Herrlich! Und wenn in Zukunft ein Arbeitskollege sagt, er hat Schmetterlinge im Bauch, ist er nicht verliebt, sondern kommt aus der Kantine.
Vielleicht halten Sie das alles für sehr abwegig. Doch es geht noch extravaganter. Der japanische Forscher Mitsuyuki Ikeda hat nämlich eine Methode entwickelt, aus menschlichen Fäkalien Bakterien und Proteine zu extrahieren. Das gewonnene Kotfleisch ist sterilisiert und gesundheitlich absolut unbedenklich. Jetzt wissen wir auch, dass Kackwurst und Knackwurst nicht nur phonetisch eng verwandt sind. Geschmacklich soll ein echter Shitburger entfernt an Rindfleisch erinnern. Das ist mehr, als mancher Big Mac von sich behaupten kann. Was lehrt der Volksmund? Esst Scheiße, Millionen Fliegen können sich nicht irren! Doch einen Wermutstropfen hat die Sache: Noch scheint man kein reines Fäkalienfleisch formen zu können. Dem Produkt muss offensichtlich zu einem Drittel Soja beigemischt werden. Und Tofu ist halt wirklich eklig.
Wir fassen zusammen: Entweder finden wir unsere Bulette künftig in der Petrischale, im Komposthaufen, oder wir müssen ganz tief ins Klo greifen. Wieder drei Gründe, seinen Fleisch konsum etwas zu überdenken.
12 NOCH MEHR MÜLL!
Ein Aktionsstand versperrt uns den Weg. Eingemauert in exotischem Trockenobst, bietet uns eine Angestellte mit gezwungener Fröhlichkeit Fruchtstückchen an. Wir flüstern, um ihr den Tag nicht noch mehr zu versauen.
»Schau dir das an, Philipp! Sechs Datteln, eingepackt in einen Karton, der wiederum in Klarsichtfolie eingeschweißt ist.«
»Krass!«
»Und zwei Datteln sind noch mal mit wachsbeschichtetem Papier umwickelt.«
»Wer hat das entworfen? Christo? Da verbraucht man ja beim Auspacken mehr Kalorien, als in so einer Dattel drinstecken.«
»Und das schimpft sich ›Bio‹. Aus der Müllmasse, die bei diesem Bio entsteht, können wir uns problemlos einen neuen Planeten bauen.«
»Hier steht, das Plastik sei biologisch abbaubar.«
»Das ist Strontium auch. Dauert nur länger …«
»Aber Strontium darf ich nicht auf den Kompost schmeißen!«
»Bioplastik auch nicht. Der Verein ›Bundesgütegemeinschaft Kompost‹ sagt: Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen gehören nicht in die Biotonne! Aber über die Recycling tonne kann man sie auch nicht entsorgen, denn das Zeug stört beim Kunststoffrecycling. Deshalb gehört das Ökoplastik in die Restmülltonne. Es wird also wahrscheinlich verbrannt.«
»Echt? Sogar beim Müll werden wir heute verarscht?«
Hurra, wir vermüllen!
Häufig trügt der schöne Verpackungsschein, denn viele Produkte sind echte Luftnummern. 2011 untersuchte die Verbrau cherzentrale Hamburg 30 Artikel: Bei 23 davon befand sich in der Verpackung mehr als 30 Prozent Luft. Ab diesem Prozentsatz darf man offiziell von einer Mogelpackung sprechen. Bei »Milky Way Minis« bestand der Artikel sogar zu 61 Prozent aus reiner Atmosphäre. Wobei der Produzent Mars nur
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