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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Vielleicht würde ich doch lieber in der Bruchbude mit Plumpsklo leben als eingepfercht zwischen Tausenden in so einer Satellitenstadt. Die paar mickrigen Bäume machen das Fehlen von Grün und Luft erst so richtig sichtbar. Eine unzureichende Entschuldigung für die zubetonierte Landschaft. Luft scheint hier aber ohnehin keiner zu wollen. Zumindest keiner, der im Café „End“ sitzt. Hier wird geraucht, und wie. Einen merkbaren Abzug gibt es nicht. Schlimmer ist allerdings der Geruch, den die vielen Spielautomaten und ihre Benutzer zu verströmen scheinen. Elektroangstschweiß. Bis auf ein dürres Mädchen in einem viel zu großen Pullover sind wir die beiden einzigen weiblichen Wesen da. Trotzdem schaut uns keiner an. Die, die nicht spielen, sind alle so cool, dass sie selbst King Kong nicht beachten würden. Na gut. Vielleicht würde der dunkelhaarige Typ mit der Bomberjacke dort hinten auf King Kong deuten und in die Runde murmeln: „Is’ ein Kumpel von mir.“ Ist er Célines Bruder? Nein, Halbbruder. Darauf scheint sie Wert zu legen. Ein massiger hellhaariger Mann steht auf und kommt auf uns zu. Ich schlucke. Vesna hebt das Kinn. Aus den schlecht eingestellten Lautsprecherboxen dröhnt etwas Punkiges, das klingt wie: „Fuck wonderful world“, ich kann mich aber auch verhört haben.
    „Is’ Céline nicht da?“, fragt der massive Mann. Er sieht viel älter aus als zweiundzwanzig. Tätowierte Unterarme. Die Oberarme verbirgt ein reichlich enges Lederhemd.
    „Roger Maier?“, frage ich zurück.
    Er nickt bloß und deutet auf einen freien Tisch.
    Er holt sein halb ausgetrunkenes Bierglas und ich bemerke, dass uns seine Freunde beobachten. Na ja. In dieser Umgebung sind wir ganz schön exotisch. Roger bereichert mit seinem Bier den roten Kunststofftisch um eine weitere Pfütze. Nicht dass es darauf noch ankäme.
    „Gibt’s einen Gespritzten?“, frage ich. Vesna entscheidet sich für ein Cola, und Roger schnipst einem Mann um die vierzig zu, der aussieht, als würde er in seiner Freizeit Raubmorde begehen. Ich koste vorsichtig. Erstaunlicherweise schmeckt der gespritzte Weißwein ausgezeichnet. Sehr gesprächig scheint Roger nicht zu sein. Also versuche ich die Konversation in Schwung zu bringen, indem ich den Gespritzten lobe.
    „Berts Bruder ist Winzer“, erklärt Roger und deutet auf den mutmaßlichen Raubmörder.
    „Ich bin Mutter von guter Freundin von Céline“, erklärt Vesna. „Sie glaubt, dass Ihre Mutter ermordet wurde. Ich mache so Nachforschungen.“
    „Eine Ausländerin“, sagt Roger in meine Richtung.
    Ich funkle ihn an.
    „Ich hab nichts gegen Ausländer, einer meiner besten Kumpels ist ein Türke“, fährt er fort und glotzt auf seine Tätowierungen.
    „Ich bin Österreicherin“, faucht Vesna.
    „Das sagt mein Kumpel auch immer.“
    Besser, wir wechseln das Thema. „Glauben Sie auch, dass Ihre Mutter ermordet wurde?“
    Roger zuckt mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen? Die Bullen haben mit mir geredet. Da hab ich auch nichts sagen können. Und weil Céline auf der Sache mit dem Handy so herumreitet: Klar kann sie das verloren haben. Meine Mutter war nicht besonders fit.“
    „Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?“
    „Zu Weihnachten. Das heißt am Tag vor Weihnachten. Ich hab ihr so eine Satellitenschüssel besorgt und sie montiert.“
    „Céline hat besorgt“, wirft Vesna ein.
    „Mann. Ich hab sie besorgt, Céline hat sie gezahlt. Ist das wichtig?“
    Ich schüttle beschwichtigend den Kopf und trete Vesna unter dem Tisch auf den Fuß. Sie muss den Kleinen ja nicht lieben, aber wenn sie ihn provoziert, erfahren wir gar nichts. „Das ist fast ein Dreivierteljahr her …“, sage ich vorsichtig.
    „Jaa.“ Er scheint nachzudenken, grinst dann. „Die Zeit rast.“
    Ganz nüchtern ist er nicht mehr, habe ich das Gefühl. „Haben Sie ab und zu mit ihr telefoniert?“
    „Klar, das schon. Es ist nicht so, dass mir das mit dem Tod meiner Mutter nicht leidtut. Sie war immerhin meine Mutter. Aber man kann Tote nicht wieder lebendig machen.“
    Aus den Lautsprechern kreischt etwas wie: „Zombies rockt auf, Zombies rückt auf, greift zu den Waffen.“ Ich muss auf die Box gestarrt haben.
    „Scheiß schwachsinniger Song“, murmelt Roger fast entschuldigend.
    „Haben Sie musikalisches Talent von Mutter geerbt?“, fragt Vesna und ich bin mir nicht sicher, ob das eine neue Provokation sein soll.
    „Das hat Céline. Die hat mich schon als Kind krank gemacht

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