Evers, Horst
zwei große Holzkübel mit Blumenerde auf
dem Bürgersteig. Herr Carl, der ja bereits genug damit zu tun hat, die
Fahrräder bei uns im Hof zu beschimpfen, meinte, darum könne er sich jetzt
nicht auch noch kümmern, das müsse ich machen. Ich habe mich nicht getraut,
Herrn Carl zu fragen, warum er findet, dass ich das machen müsse, sondern
einfach mal in den umliegenden Geschäften nachgeforscht. Niemand hat diese Kübel
da hingestellt. Auch beim Bezirk und beim Grünflächenamt weiß keiner etwas.
Trotzdem sind diese beiden Kübel nun mal da. Wie ja immer wieder irgendwelches
Zeug plötzlich da ist. Nicht nur auf der Straße oder im Hof, sondern manchmal
auch in der Wohnung. Zeug, von dem niemand weiß, wo es herkommt. Warum es
existiert. Irgendwelche Töpfe zum Beispiel. Töpfe, bei denen ich manchmal aber
auch Freunde im Verdacht habe. Freunde, die vielleicht zum Essen da waren, und
hinterher steht da dann plötzlich so ein Topf. Wenn man anruft, tun sie ahnungslos:
«Ein Topf, nein, wir hatten keinen Topf dabei, warum auch, wir haben überhaupt
nie so einen braunen Topf gehabt... Was? Woher ich weiß, dass der braun ist?
Na, das hast du doch ... Nein, ich weiß von keinem Topf, wir haben keinen
dabeigehabt.» Sie streiten natürlich alles ab, aber der Verdacht bleibt. Ich
bin mir sogar ziemlich sicher, dass sie das waren, denn ich mache es ja
schließlich auch. Bei mir ist es aber immer nur zum Besten der Freunde, wenn
ich ihnen heimlich Sachen in ihre Wohnung stelle. Es sind nur ausgewählte
Dinge, die wirklich gut in die Wohnung passen. Viele meiner Freunde haben ja
die Angewohnheit, ihre Räume viel zu leer zu lassen. Da ist es schön, wenn ein
anderer mitdenkt, was man da noch alles reinstellen könnte. Dinge, die die
Wohnung wirklich bereichern und die bei mir ja sowieso nur sinnlos rumstehen
und vollstauben. Dort, in den Wohnungen der Freunde, können sie nochmal richtig
Freude bereiten. Oft muss man allerdings ein bisschen helfen, beim dran
Gewöhnen. Zunächst muss man die Sachen irgendwo stehenlassen, wo sie nicht
sofort auffallen, versteckt in einem Schrank oder der Abstellkammer, dann
entdeckt man den Schatz bei einem der nächsten Besuche ganz zufällig und
sprudelt über vor Begeisterung, so in der Art: «Mensch, das ist ja eine tolle
Schale, die passt ja gut hier rein, dass ihr so was Schönes habt! Hui, die ist
wirklich super!» Das wiederholt man jahrelang bei jedem Besuch. Möglichst immer
euphorischer, bis man irgendwann nach langer Zeit und viel Überzeugungsarbeit
endlich den Punkt erreicht, wo sie plötzlich sagen: «Ja, genau, die ist uns ja
so ans Herz gewachsen, wir sind so froh, dass wir die haben!» Und dann kann man
auftrumpfen und sagen: «Jaha, und wisst ihr, wie die hier in den Haushalt
gekommen ist? Wer die heimlich mitgebracht und hier stehengelassen hat? Jaha,
wer hat euch wohl dieses wunderbare Geschenk gemacht? Hahaaaa!» Und dann ist
man nämlich der Held und wird bewundert und mit Dankbarkeit überschüttet und
gelobt und alles. Leider habe ich diesen Punkt bislang noch kein einziges Mal
erreicht.
Die Kübel
auf dem Bürgersteig sind aber definitiv nicht von mir.
Wenn man
alle wahrscheinlichen Antworten ausschließen kann, und es bleibt nur eine
Antwort übrig, dann ist sie laut Sherlock Holmes die richtige, auch wenn sie
noch so unwahrscheinlich klingen mag. Hinsichtlich dieser Kübel sind Sherlock
Holmes und ich zu einer zwar verblüffenden, aber letztlich allein logischen
Antwort gekommen: Vermutlich sind die Kübel von Außerirdischen. Mehr noch,
vermutlich beamen uns Außerirdische ständig irgendwelches Zeug auf die Erde.
Was natürlich die Frage erzeugt: Warum? Warum machen Außerirdische so was? Ich
sehe drei Möglichkeiten:
Möglichkeit
1: Es ist ein Test. Außerirdische sind ja höchstwahrscheinlich irrsinnig intelligent.
Sie verfügen über eine Intelligenz, die schon unser Vorstellungsvermögen von Intelligenz
bei weitem übersteigt. Eine Form der Intelligenz, die wir gar nicht beschreiben
und noch viel weniger begreifen können. Diese Intelligenz ermöglicht es ihnen,
anhand unseres Umgangs mit scheinbar sinnlosem Müll, den sie auf die Erde
beamen, direkt zu errechnen, wie lange unser Hirn und letztlich die Menschheit
insgesamt noch braucht, um den Photonenantrieb, den
Materie-Antimaterie-Reaktor, einen Koaxial-Warp-Antrieb und den
Flux-Kondensator oder was auch immer zu entwickeln, also irgendeine Technologie,
die es uns ermöglichen würde, unsere Galaxie
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