Evers, Horst
coorm
frroorrmm?», und wenn man dann sagt «From Berlin», dann werden sie sagen:
«Oorrrhhh, Böörrlöörrn, greöörrt toorrrnnn, oiirr loorve Böörrlöörrn!», und
wenn man dann antwortet «Orrnd oirr lorrve Öördörn-boooorrrrhhh», dann hat man
wirklich einen Freund gewonnen. Für immer!!! Doch auch diese schöne, gelassen
vor sich hin knödelnde Sprache ist nicht der tiefere Grund meiner
Schottland-Bewunderung.
Das wohl
berühmteste Vorurteil, Schotten seien geizig, ist übrigens völliger Quatsch.
Geiz würde ja bedeuten, dass sie ihr Geld um jeden Preis behalten wollen oder
erst einmal möglichst viel Geld anhäufen, das sie dann um jeden Preis behalten
wollen. So sind sie aber überhaupt nicht. Sie können nur Verschwendung oder
das, was sie für Verschwendung halten, ganz, ganz schwer ertragen. Es scheint
ihnen geradezu körperliche Schmerzen zu bereiten. Immer wieder handelten wir
uns aufgrund der Höhe unserer Trinkgelder tadelnde Blicke, verständnisloses
Kopfschütteln oder offene Kritik ein. Weil sie es zu viel fanden, weil sie
unseren unvernünftigen, verschwenderischen, zügellosen Umgang mit Geld nicht
mit ansehen konnten. Kellner oder Wirte, denen ich wirklich ganz normales,
deutschlandübliches Trinkgeld gegeben habe, redeten auf mich ein, ich solle
endlich zur Vernunft kommen. Meist haben sie dann in ihrer Not dem Kind noch
schnell ein paar Süßigkeiten zugesteckt, die im Regelfall viel mehr wert waren
als das Trinkgeld. Der Taxifahrer, der uns von der Fähre zum Hotel fahren sollte,
hat uns unter Tränen den Busplan zu erklären versucht: «Yooorr shoorrrld
toorrrrke the booorrsss, it iss aör loorrng distoorrnce.» Als wir darauf
bestanden, mit seinem Taxi zu fahren, war er zu höflich, das abzulehnen, und
als wir ihm dann auch noch kaltherzig fast zwei Pfund Trinkgeld aufdrängten,
er aber keine Süßigkeiten für unsere Tochter zur Hand hatte und Zigaretten ihm
als Geschenk unpassend für sie erschienen, hat er uns stattdessen dann schnell
einen kleinen Edinburgher Stadtplan mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten
gemalt.
Mit einem
anderen Taxifahrer, der 8,80 auf der Uhr hatte und dem ich zehn Pfund geben
wollte, musste ich ungelogen zwei Minuten lang feilschen, bis er endlich bereit
war, den Schein anzunehmen. Jedoch nicht ohne mir zu versichern, er würde die
Hälfte des Trinkgeldes dem Sportverein seines Sohnes spenden. In Berlin kaum
vorstellbar. Doch auch dieser Stolz, diese Geradlinigkeit der Schotten, ist
nicht der entscheidende Grund, warum ihr Land so etwas ganz Besonderes ist.
Nein, das große Geheimnis, das Allerbeste, Herausragendste an Schottland ist:
die schottische Küche!
Wer die
englische Küche kennt, der fürchtet sie. Zu Recht. Und warum fürchtet er,
kulinarisch gesehen, nichts so sehr wie die englische Küche? Weil er die
schottische Küche noch nicht kennt.
Die
schottische Küche ist fett und extrem fleischlastig, aber auch fett und total
eintönig, außerdem fett, völlig weißmehl-fundamentiert, ausgesprochen fett,
absolut vitaminfrei, weil komplett verkocht, und zudem noch sehr, sehr, sehr
fett. Wie soll man das zusammenfassen? Ich würde mal sagen: Also, mir
schmeckt's! Ziemlich gut sogar, aber gesund, nee-nee, gesund ist das nicht.
Zur
Veranschaulichung einige Beispiele für die schottische Küche: Als ich am ersten
Morgen beim Frühstück im Hotel fragte, ob es auch Vollkornbrot gebe, sagte die
sehr, sehr nette Hotelfrühstücksfrau: Also Vollkornbrot in dem Sinne hätten sie
zwar nicht, aber sie könnten den Toast gern zweimal für mich toasten,
sozusagen ganz dunkel, das sei dann ja so ähnlich wie Vollkornbrot.
Beispiel
zwei: Nach drei Tagen wollten wir doch mal wieder etwas gesünder und
ausgewogener essen. Die Chance, ausgewogenes und relativ gesundes Essen zu
bekommen, erschien uns in Schottland noch am größten bei einer weltweit
operierenden Fastfoodkette. Wir mussten allerdings feststellen, dass selbst
diese Fastfoodkette dort irgendwie schottisch kocht und brät, also nochmal
fetter und vitaminärmer als ohnehin schon anderswo in der Welt. Beispiel drei:
Als die Freundin einen Schotten nach einem Bioladen fragt, also nach «organic
food», sagt er nicht etwa «Weiß ich nicht!» oder beschreibt einfach den Weg,
nein, er sagt: «Orr, youuoor corrrme frorrm Göörrmöörny! Oiee loorve
Göörrmöörny!» Ich sage: «Orrnd Oirr lorrve Öör-dörnboooorrrrhhh.» Zack!, wieder
einen Freund gewonnen.
Es gibt
aber tatsächlich einen Bioladen in
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