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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zu beschleunigen. Der Kampf sollte beginnen, ehe einer der patrouillierenden Lehrer dazwischenkommen konnte.
    Mit diesem Verlauf der Dinge hatten Leuchtturm und Göran gerechnet. Leuchtturm würde ihm im Ring der johlenden Zuschauer gegenüberstehen und einen seiner langen Arme ausfahren, um ihm mit den Fingern übers Gesicht zu wischen oder ihm die Mütze vom Kopf zu schlagen. Es würde dann sehr schwer sein, gegen Leuchtturms Abwehr und seine lange Reichweite anzukommen. Und auch auf andere Weise wäre dann nichts mehr zu erreichen, es würde so enden, wie es immer endete, wenn Leuchtturm sich prügelte: er würde auf dem Gegner liegen und zuschlagen, bis die Sache erledigt war.
    So hatten die sich das vorgestellt.
    Als die Entscheidung kam, wusste Erik genau, was er zu tun hatte. Er wusste auch, dass er gewinnen würde, wenn er seine Angst ersticken könnte. Es war absolut entscheidend, dass er auch nicht eine Sekunde zögerte.
    Die Clique versammelte sich am Ende einer Frühstückspause unter den großen Kastanien in der hinteren Ecke des Schulhofs. Erik verteilte die Tageseinkünfte aus dem Wuchergeschäft und gab Leuchtturm einen zusätzlichen Fünfziger mit dem Auftrag, zum Bäcker um die Ecke zu laufen und ihm eine Lage Butterkuchen zu kaufen.
    »Nö«, sagte Leuchtturm beleidigt. »Deinen Kram kannst du dir ja wohl selber kaufen, Mann.«
    Dann warf er den Fünfziger vor Eriks Füßen auf den Boden.
    »Ja, und wenn du schon gehst, kannst du Leuchtturm gleich auch welchen mitbringen«, kicherte Göran im Hintergrund.
    Unter den Kastanien war es jetzt ganz still. Der Fünfziger auf dem Boden konnte nicht falsch verstanden werden. Es gab keinen Weg zurück, Erik musste seinen Plan ausführen, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
    Er lächelte, als er zwei Schritte auf Leuchtturm zuging.
    »Wenn ich richtig verstanden habe, hast du gerade gesagt, dass du nicht einkaufen gehen willst«, sagte er gelassen und weiterhin lächelnd.
    »Genau das«, sagte Leuchtturm mit einer Heiserkeit, die bedeutete, dass sein Mund wie ausgedörrt war, und er hob vorsichtig die Arme, um mit dem Ritual zu beginnen.
    Erik zielte mitten auf den Solarplexus und lächelte auch noch, als er mit aller Kraft zuschlug und sein ganzes Körpergewicht in diese Vorwärtsbewegung legte. Er hatte das Gefühl, dass seine Faust durch die weichen, noch nicht gespannten Bauchmuskeln bis zum Rückgrat durchdrang. Leuchtturm krümmte sich ohne einen Laut zusammen, gelähmt, weil er keine Luft bekam. Mit dem nächsten Schlag zielte Erik auf Leuchtturms Nasenwurzel. Er traf beim ersten Mal nicht perfekt, schlug aber gleich wieder zu und nun setzte das Nasenbluten ein. Danach schlug er eine trockene Rechte schräg nach oben auf Leuchtturms linke Augenbraue. Das brachte den blauen Fleck, das eigentliche Brandmal, das ebenfalls wichtig war.
    Leuchtturm ging in die Knie. Jetzt galt es, die Gelegenheit zu nutzen, solange Leuchtturm den Schreck und die Angst noch nicht überwunden hatte. Er hob Leuchtturms Kopf mit der rechten Hand hoch und zielte mit der linken Faust auf das rechte Auge. Aber er sah, dass das gar nicht mehr nötig war.
    »Ergibst du dich?«, fragte er.
    Leuchtturm nickte stumm. Er bekam schon wieder Luft, aber der Kampf war vorüber.
    »Hier«, sagte Erik und reichte ihm sein Taschentuch. »Wisch dich ab, du siehst unmöglich aus.«
    Dann hob er den Fünfziger auf, reichte ihn Göran und ließ ihn Butterkuchen holen, den er dann mit Leuchtturm teilte. Er wusste, dass Leuchtturm diese Herausforderung niemals wieder wagen würde. Er wusste ebenso, dass er nicht mit heiler Haut davongekommen wäre, wenn er die Schlägerei fortgesetzt hätte. Aber alles war nach Plan gelaufen und die Clique war vor dem Zerfall gerettet. Leuchtturms blaues Auge würde als Abschreckung mehr als genug sein.
    Am selben Abend freute er sich im dunklen Kino, als Robert Mitchum in seiner Super Sabre einen gelben Teufel nach dem anderen abschoss. Für jedes abgeschossene Schlitzauge in seiner MIG 15 brachte man vorn an der Super Sabre einen roten Stern an. Einer der gelben Teufel ließ sich besonders schwer erwischen und hatte sogar etliche blaue Sterne an seinem Flieger. Aber Robert Mitchum brachte ihn nach hartem, ehrlichem Kampf doch noch zur Strecke.
    Er hatte eine Gänsehaut an den Unterarmen, als er das Kino verließ. Dabei wusste man im Kino immer, wie es ausgehen würde. Die Seite, zu der man hielt, gewann. In der Wirklichkeit war es nicht so, schließlich hätte

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