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Evolution der Leere: Roman

Evolution der Leere: Roman

Titel: Evolution der Leere: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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deckenhohe Bogenfenster des Wohnzimmers fiel. In ein weites, gestreiftes Nachthemd gekleidet lag er ausgestreckt auf der Couch, auf der er die Nacht zugebracht hatte. Während er langsam seine Schulterblätter bewegte und versuchte, die Verspannungen aus seinen Muskeln zu lösen, schaltete sein U-Shadow die Fensterverdunkelung hoch. Die neuerdings tätigen Biononics schienen wenig Wirkung auf seine Steifheit zu haben, entweder das, oder aber er war nicht so versiert darin, sie zu programmieren, wie er geglaubt hatte.
    Ein Maidbot brachte einen Becher heißen, bitteren Kaffee herbei, und vorsichtig nippte er daran. Ein Croissant gab es auch dazu, und das begann abzublättern und zu zerbröseln, kaum dass er es in die Finger genommen hatte. Was die synthetische Herstellung der Basics betraf, waren die Kücheneinheiten auf den Inneren Welten einfach unschlagbar. Für ein Fünf-Sterne-Gastronomie-Erlebnis bedurfte es zwar immer noch eines gelernten Chefs de Cuisine, um eines zum anderen zu fügen, simple Snacks jedoch wurden fast überall nur noch künstlich hergestellt.
    Er ging zu dem abgetönten Fenster hinüber und schaute auf das Straßennetz der City hinab. Schon strömten Kapseln über die alten Hauptverkehrsadern, schwirrten zahllose Ovale aus farbigem Chrom in ihrer vorgeschriebenen Flughöhe von einhundert Metern dahin. Draußen auf dem See, dem die Stadt ihren Namen verdankte, bewegten sich große Tageskreuzfahrtschiffe und schoben sich träge in die Hafenanlagen. Die liebenswert altmodischen Fähren pflügten bereits ihren ersten Anlaufhäfen entgegen, hinter sich breite, grüne Kielwasserspuren aufwühlend. Bis jetzt waren nur vereinzelt Fußgänger unterwegs. Es war noch viel zu früh, und außerdem befanden sich die Menschen wegen der Sol-Barriere immer noch ein wenig unter Schock.
    Die größte Teil der Stadtbevölkerung hatte es genauso gemacht wie Laril, nämlich die ganze Nacht die Unisphären-Berichte über die Barriere verfolgt und sich angehört, was der Präsident und die Navy dagegen zu unternehmen gedachten. Die knappe Antwort lautete »sehr wenig«. Oaktiers Planetarer Politischer Kongress seinerseits hatte in einer öffentlichen Stellungnahme das Vorgehen der Accelerator-Fraktion aufs Schärfste verurteilt und sie aufgefordert, die Barriere zu deaktivieren.
    Wirklich 'ne große Hilfe, dachte Laril. Das war genau der Aspekt einer Umwandlung zum Higher, den er nach wie vor nicht ohne eine gewisse spöttische Verachtung betrachten konnte. Diese unglaublich vielen offiziellen Komitees. Eins hierfür und eins dafür, auf lokaler Ebene wie auf planetarer; samt und sonders eingebunden in eine verrückte Hierarchie, welche die repräsentative Regierung der Welt bildete. Doch das war nun einmal die Art und Weise, wie die Higher ihre gesamte Bürgerschaft an Rechtsstaatlichkeit teilhaben ließen: jedem die Möglichkeit zu bieten, in offizieller Funktion handeln zu können. Es war die logische Konsequenz aus der Higher-Philosophie, dass das Volk der Souverän ist.
    Da er gerade erst im Begriff stand, sich als Higher zu qualifizieren, konnte Laril lediglich für Komitees niedrigster Rangordnung kandidieren, und bis in die schwindelnden Höhen der Exekutivebene waren es mindestens siebzehn Stufen. Oaktier hatte keinen Präsident oder Großen Vorsitzenden oder Premierminister, es hatte eine Plenarregierung (von den Einheimischen auch spöttisch Politbüro genannt) mit kollektiver Zuständigkeit. Als ihm in seinem Staatsbürgerkurs die verfassungsrechtliche Grundordnung erklärt worden war, war Laril irgendwie überrascht gewesen. Trotz aller Super-Smartcores, welche die tägliche Datenarbeit erledigten, brauchte man praktisch immer noch eine amtliche Genehmigung fürs Scheißen, so bürokratisch ging es auf Oaktier zu. Und dabei war dies noch einer der liberaleren Higher-Planeten.
    Gleichsam ein Abbild sowohl Oaktiers auf die Spitze getriebener Demokratie wie auch seiner Langmut war, dass auch das Gaiafield des Planeten an diesem Morgen beinahe bar jeglicher emotionaler Textur war, wie Laril bemerkte. Jeder hielt seine Bewusstseinsströme zurück, ein allseitiger Ausdruck der Verachtung für Living Dreams Pilgerschaftsvorhaben, das die eigentliche Ursache für die ganze Krise war.
    Und nochmals: eine echt große Hilfe. Obwohl es ihm in diesem Fall schon schwerer fiel, zynisch zu sein. Immerhin bekundete sich hier eine Einigkeit und Entschlossenheit, die selbst er beeindruckend fand.
    Laril hoffte nur, dass

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