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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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stumpfen Zähne mussten die
Mägen der Dinosaurier die Aufgabe übernehmen, die
ballaststoffreiche Nahrung zu zerkleinern und zu verdauen. Der
Verdauungstrakt der Ankylosaurier arbeitete im Schlafen wie im
Wachen.
    Die Ankylosaurier waren Pflanzen fressende Saurier. Jedoch war
dies auch ein Zeitalter großer, wilder Räuber. Deshalb
wurden diese Tiere, die größer waren als Elefanten, durch
einen Panzer geschützt, einen Verbund aus Knochen, Rippen und
Wirbeln. Ein starkes, gelb-schwarzes Rückgrat prägte den
Rücken. Die Schädel waren derart verstärkt, dass kaum
noch Platz für das Gehirn war. Die Schwänze liefen in einer
Art ›Morgenstern‹ aus, der Beine und Schädel zu
zertrümmern vermochte.
    Die Dinosaurier waren so groß, dass es Purgas
Vorstellungsvermögen überstieg. Sie lebte in einer kleinen
Welt, wo ein umgestürzter Baumstamm oder eine Pfütze schon
ein größeres Hindernis darstellten und wo ein fetter
Tausendfüßler eine seltene Delikatesse war. Für sie
war die dösende Ankylosaurier-Herde ein Wald aus stämmigen
Beinen und lianenartigen Schwänzen, die in keinerlei Verbindung
zueinander standen.
    Dennoch war Purga hier in ihrem Element: Dinosaurier-Kot, der in
großen Haufen über den lehmigen aufgewühlten Boden
verteilt war. In den faserigen Bergen aus halb verdauten Pflanzen
fand sie vielleicht Insekten – sogar Mistkäfer, die sich
anstrengten, die enormen Butzen zu vertilgen. Sie grub sich begierig
in die dampfende Masse.
    Diese Rolle hatten die Vorfahren der Menschen in der langen
Blütezeit der Dinosaurier also gespielt: Sie waren an den Rand
der großen Reptilien-Gesellschaft verwiesen worden, hatten sich
nur des Nachts aus dem Bau gewagt und sich von Kot, Insekten und dem
Abfall des Waldes ernährt.
    In dieser Nacht war die Ausbeute allerdings dürftig. Der Kot
war wässrig und roch faulig. Die durch den Vulkanismus in
Mitleidenschaft gezogene Vegetation hatte für die Ankylosaurier
an Nährwert verloren, und was hinten heraus kam, brachte Purga
nicht nach vorn.
    Sie bewegte sich über die Lichtung und verschwand im Wald.
Hier ragten Koniferen auf und vereinigten sich hoch oben zu einem
ausgedehnten Blätterdach. Dazwischen gab es kleinere Bäume
wie Palmen und ein paar kleine Büsche mit blassgelben
Blüten.
    Purga kletterte gewandt auf die eckigen Äste eines
Ginkgo-Baums. Beim Aufstieg setzte sie mit Drüsen in der Vagina
Duftmarken am Baum. Für sie als Geschöpf der Nacht waren
Gerüche und Geräusche wichtiger als Sicht; und falls andere
ihrer Art innerhalb von einer Woche auf diese Markierungen
stießen, würden sie wie eine Fackel leuchten und ihnen
sagen, dass sie hier gewesen war.
    Das Klettern war ein Genuss: Sie spürte die Muskeln, die sie
geschmeidig hoch über den gefährlichen Erdboden
katapultierten und nutzte den Schwanz als Steuerruder. Das
Höchste war aber, unter Ausnutzung des vollen körperlichen
Potenzials, des Gleichgewichtssinns, der Gewandtheit, der beweglichen
Hände, der scharfen Augen zu springen und für
Sekundenbruchteile von Ast zu Ast zu fliegen. Sie war wohl gezwungen,
in unterirdischen Bauten Schutz zu suchen. Dennoch war sie durch ein
Leben in der komplexen dreidimensionalen Umgebung des Waldes
geprägt, in dem fast alle Primaten-Spezies in der langen
Geschichte dieser Familie Zuflucht finden würden.
    Allerdings hatte der saure Regen der letzten Monate die Bäume
und das Unterholz in Mitleidenschaft gezogen; die Rinde war sauer,
und die Ausbeute an Insekten war mager.
    Purga hatte ständig Hunger. Sie musste jeden Tag das
Äquivalent ihres Körpergewichts verzehren – das war
der Preis der Warmblütigkeit und der Milch, die sie für
ihre beiden Jungen in der Sicherheit des Baus tiefer im Wald
produzieren musste. Widerwillig kletterte sie den Ginkgo-Baum
hinunter. Im Widerstreit von Angst und Hunger erklomm sie noch zwei
Bäume, ohne dass ihr jedoch größerer Erfolg
beschieden gewesen wäre.
    Plötzlich hob sie den Kopf. Die Schnurrhaare zuckten, und die
hellen Augen waren weit geöffnet, um das Dunkelgrün des
Waldes zu durchdringen. Sie roch Fleisch: den verlockenden
Duft von verwesendem Fleisch. Und sie hörte ein verzagtes,
hilfloses Piepen wie von Jungvögeln.
    Sie setzte sich in Bewegung und folgte dem Geruch.
     
    Auf einer kleinen Lichtung am Fuß einer großen
knorrigen Araukarie lag ein aufeinander geschichteter Mooshaufen. An
dessen Rand bewegte sich plötzlich eine schlammige Stelle, die
mit Pflanzenresten übersät war. Bald hob

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