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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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auf
ihrem üblichen Weg zur U-Bahn-Station Dupont Circle. Für den flüchtigen Betrachter
war sie nur eine junge Frau in einem Hosenanzug, die die Straße hinuntereilte.
Aber sie zitterte innerlich vor Schock. Sie nahm kaum ihre Umgebung wahr.
Stattdessen lief vor ihrem inneren Auge immer wieder der Film ab, wie Laprea im
Aufzug stand und die Stahltüren sich vor ihrem verwüsteten Gesicht schlossen.
    Auf der Connecticut Avenue ging Anna automatisch auf die Rolltreppen
der U-Bahn zu. Sie sollte ins Büro zurück, Jack suchen und ihm erzählen – was?
Sie musste nachdenken. Und sie wollte nicht in die U-Bahn hinunter. Sie wollte
in Bewegung bleiben. Sie würde laufen. Sie atmete tief und lange durch,
versuchte ihre Mitte zu finden, als ob dies eine Yoga-Übung wäre.
    Anna machte einen Bogen um die U-Bahn-Station und lief weiter,
vorbei an den gut besuchten Coffeeshops und Geschäften, überquerte den
Kreisverkehr und lief durch den Park auf dem Dupont Circle. Die Fröhlichkeit
der vielen Menschen, die auf Bänken um den Marmorbrunnen saßen und die ersten
Frühlingstage genossen, stand im Gegensatz zu der kalten Leere in ihrer Brust.
    Erst Green, nun Nick – war jeder Mann, dem sie vertraut hatte, ein
Lügner? Was für ein schreckliches Geheimnis würde Jack hüten? Nein, sagte Anna
sich. Jack war nicht perfekt, aber er war aufrichtig. Doch das war kein großer
Trost, nun, da er sie hasste.
    Anna ging sogar noch schneller, reagierte ihren Frust am Gehweg ab.
Als sie das schicke Einkaufszentrum am Golden Triangle der Connecticut Avenue
erreichte, blieb sie vor den glitzernden Schaufenstern eines Juwelierladens
stehen. Verlobungsringe wurden ausgestellt, deren Diamanten das Sonnenlicht in
eine Million winzige Regenbogen streute. Sie musste zugeben, dass sie vorhin
noch über Ringe wie diese nachgedacht hatte, als Nick ihr berichtete, dass er
seinen Job aufgab.
    War es wirklich erst diesen Nachmittag gewesen? Es schien schon
Monate her zu sein.
    Sie hatte gedacht, Nick zu kennen. Ein Konkurrent zwar, aber fair,
davon war sie ausgegangen. Könnte er stattdessen jemand sein, der einem Opfer
rät, unter Eid zu lügen, um seinen Mandanten zu schützen? Könnte er Laprea in
die Wohnung gelassen und mit ihr gesprochen und sie später nach Hause gefahren
haben, wo D’marco sie getötet hat? Oder könnte die Wahrheit noch schlimmer
sein? Anna dachte an das Tierhaar auf Lapreas Leiche; könnte es von Nicks
Alpakafell stammen? Sie erinnerte sich daran, wie sehr Nick seinen Mandanten
dazu gedrängt hatte, zu Beginn seines Falls einen Deal einzugehen, und wie
ungewöhnlich nichtssagend sein Eröffnungsplädoyer heute Morgen ausgefallen war.
Und sie wunderte sich über die Tatsache, dass D’marcos Verhandlung so schnell
stattgefunden hatte, ohne die sonst üblichen Verzögerungstaktiken der
Verteidigung.
    Vielleicht hatte Nick gewollt , dass sein
Mandant verurteilt wird.
    Dann dachte Anna daran, wie Nick sie angesehen hatte, wenn sie
zusammen schliefen. Von dem Gegensatz zwischen dieser Erinnerung und den
schrecklichen Dingen in ihrer Vorstellung wurde ihr ganz schwindlig.
    Die Connecticut Avenue endete am Lafayette Park, einer öffentlichen
Anlage mit Rasenflächen und Blumenbeeten vor dem Weißen Haus. Anna nahm den
Weg, der diagonal durch den Park führte, folgte dann dem schwarzen Metallzaun
um das Weiße Haus und lief die 15th Street hinunter. Wenn sie links in die F
Street einbog, wäre sie in ein paar Minuten in ihrem Büro. Sie zögerte einen
Augenblick, dann ging sie die 15th Street weiter Richtung Süden, überquerte die
Mall und achtete nicht auf die Jogger und die Kinder, die hier ihre Drachen steigen
ließen. Am Ende des langen Rasenstücks überquerte sie eine weitere belebte
Straße und fand sich dann auf dem Fußweg wieder, der das Tidal Basin umrundete.
    Die Blüten der japanischen Kirschbäume waren gerade dabei, sich zu
öffnen, und umgaben das weitläufige Wasserreservoir mit einem duftigen Rosa.
Das Jefferson Memorial befand sich am einen Ende am Wasser, seine weiße
Marmorkuppel und die ionischen Säulen standen im Kontrast zu den lila
Tretbooten auf dem Wasser vor dem Monument. Es war fast siebzehn Uhr, aber der
Weg am Wasser war noch voll mit Touristen, die fotografierten, Kinderwagen
schoben und hier und da Blumen pflückten. Anna war froh, sich der Menge
anschließen

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