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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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kenne ich«, sagte er. »Sie waren mal Polizist, nicht wahr? Irgendein hohes Tier im Hauptquartier.«
    »Ich hatte das Gefühl, ein Berufswechsel würde mir gut tun.«
    Floyd holte einen frischen Zahnstocher aus der Hemdtasche, steckte ihn in den Mund und biss darauf. Die Spitze grub sich so tief ins Zahnfleisch, dass es blutete.
    »Ein ganz schöner Absturz, von anspruchsvoller Polizeiarbeit zu dem hier«, fuhr der Inspekteur beharrlich fort und stellte den Werkzeugkasten ab.
    »Wenn Sie es sagen«, antwortete Custine.
    Der Inspekteur hob den Kontrabass auf und schüttelte ihn mit konzentrierter Miene, um ihn dann wieder auf den Tisch zurückzulegen. »Da klappert nichts«, sagte er und griff nach dem Werkzeugkasten. »Aber Sie könnten innen etwas festgeklebt haben. Wir werden den Burschen zerlegen müssen.«
    Floyd sah, wie Custine scharf nach Luft schnappte und die Hände schützend auf das Instrument legte. »Sie können ihn nicht zerlegen«, widersprach Custine ungläubig. »Der Kontrabass ist ein Musikinstrument. Man kann ihn nicht auseinander nehmen.«
    »Ich habe die Erfahrung gemacht, dass früher oder später alles zerlegt wird«, erklärte der Inspekteur.
    »Bleib ruhig«, sagte Floyd. »Lass sie. Es ist nur ein Stück Holz.«
    »Hören Sie auf Ihren Freund«, bestätigte der Wachmann. »Er ist vernünftig, besonders für einen Amerikaner.«
    »Nehmen Sie bitte die Hände vom Instrument«, sagte der Inspekteur.
    Custine würde nicht gehorchen, und Floyd konnte es ihm nicht einmal verdenken. Der Kontrabass war Floyds wertvollster Besitz, den Mathis Emyquatre eingeschlossen. Sofern ihnen nicht ein neuer Fall in den Schoß fiel, war er auch das Einzige, das sie noch vor der totalen Verarmung bewahrte.
    »Lass los.« Floyd bildete die Worte lautlos mit den Lippen. »Ist die Sache nicht wert.«
    Der Inspekteur und Custine rangen um das Musikinstrument. Von der Unruhe angezogen verließ der Wachmann mit dem Maschinengewehr, der sie angehalten hatte, seinen Posten und schlenderte zu ihnen herüber. Der Kontrabass befand sich mittlerweile nicht mehr auf dem Tisch, sondern zwischen den beiden Männern, die verbissen an ihm zerrten.
    Der Wachmann entsicherte sein Gewehr. Der Kampf wurde hitziger, und Floyd befürchtete schon, dass der Kontrabass entzweibrach. Dann gewann Custines Gegner die Oberhand und entriss ihm das Instrument. Einen Augenblick lang erstarrte der Inspekteur, dann warf er den Kontrabass in einer einzigen fließenden Bewegung über die niedrige Mauer hinter dem Untersuchungstisch. Die Zeit dehnte sich: Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Floyd das grausame Splittern hörte, als der Kontrabass unten auf das Kopfsteinpflaster traf. Custine sackte auf dem Stuhl neben dem Untersuchungstisch zusammen.
    Floyd spuckte den Zahnstocher aus und zertrat ihn wie einen Zigarettenstummel. Langsam ging er zur Mauer hinüber und blickte hinab, um den Schaden zu begutachten. Bis zum gepflasterten Kai ging es zehn oder zwölf Meter abwärts. Der Hals des Instruments war abgebrochen und der Klangkörper in Hunderte scharfe Splitter zerborsten, die einen weiten Kreis um den Aufschlagpunkt bildeten.
    Das Geräusch von Stiefeln zu seiner Rechten erregte Floyds Aufmerksamkeit. Der zweite Wachmann ging über eine Steintreppe, die aus der Wand hervorragte, zum Kai hinab. Zu seiner Linken hörte Floyd ein gequältes Stöhnen und sah, wie Custine über die Brüstung blickte. Seine Augen waren weit aufgerissen und fast völlig weiß. Der Schock hatte seine Pupillen zu kleinen Punkten zusammenschrumpfen lassen. Nach und nach verwandelte sich sein Stöhnen in verständliche Laute.
    »Nein. Nein. Nein.«
    »Es ist geschehen«, sagte Floyd. »Und je schneller wir hier wegkommen, desto besser für uns.«
    »Sie haben ein Stück Geschichte zerstört!«, schrie Custine den Inspekteur an. »Das war Sodieux’ Kontrabass! Django Reinhardt hat dieses Holz berührt!«
    Floyd drückte seinem Freund eine Hand auf den Mund. »Er ist ein wenig aufgewühlt«, erklärte er. »Sie müssen ihn entschuldigen. In letzter Zeit stand er wegen einiger persönlicher Schwierigkeiten unter großem Druck. Er entschuldigt sich vorbehaltlos für sein Verhalten. Nicht wahr, André?«
    Custine schwieg. Zitternd starrte er die Überreste des Kontrabasses an. Er will die Zeit zurückdrehen, dachte Floyd. Er wollte die letzten paar Minuten seines Lebens ungeschehen machen und von einem früheren Punkt aus weiterleben. Beim zweiten Mal würde er gehorchen,

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