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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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aber …«
    »… aber du bist fast 60! Das sagen vielleicht 16-Jährige. Und in Berlin selbst die kaum noch, das ist schon längst wieder aus der Mode.«
    »Nein, nein. Da irrst du dich. Auf jeden Fall finde ich es cool. Aber hör mal zu, da ist noch was viel Wichtigeres …«
    Hoffnungslos.
    »Vielleicht könnt ihr euch ja irgendwie arrangieren. Du und deine Schwester.«
    »Womit arrangieren?«
    Meine Mutter reicht Jule jetzt ihren pinkfarbenen iPod nach hinten.
    »Hier, sieh mal, Julchen, das ist mein neuer iPod. Voll krass, oder?«
    »Hä«, tönt Jule von hinten. »Ach so, ein Walkman«, sagt sie dann etwas enttäuscht, steckt sich aber trotzdem die Kopfhörer ins Ohr. »Mamas ist aber viiiel größer.«
    »Du hast noch einen Walkman? Oh, Schatz, du bist ja so was von … Na, egal, jetzt können wir wenigstens reden. Hör zu, Janis-Liebling. Ich meine ja schon immer, dass man das alles ein bisschen lockerer sehen sollte. Du solltest deine altmodischen Vorstellungen vielleicht doch langsam mal aufgeben und …«
    »Mama, was hast du geraucht?«
    »Nichts. Ich meine es ganz ernst. Also, dein Philippe, wie soll ich sagen, der ist ja sicher kein Kind von Traurigkeit, oder?«
    Wie kommt es eigentlich, dass so einer … Ich höre es schon!
    »Nein, er ist ganz unterhaltsam, falls du das meinst.«
    »Nicht direkt. Also, um es kurz zu machen: Als er vorhin zu uns nach Hause kam …«
    »Du meinst, zu mir nach Hause?«
    »Ja, natürlich. Also, als er vorhin ankam, war Bettina schon da. Und manchmal ist es ja wirklich lustig, so mit Zwillingen. Sogar noch in eurem Alter …«
    »Mama, komm zum Punkt.«
    »Also, ich glaube, er hat euch verwechselt.«
    Unmöglich.
    »Jedenfalls hat er zu Betty gesagt: ›Chérie, du bist aber schlank geworden. Und dieser Haarschnitt steht dir auch viel besser.‹«
    Nein!
    »Ja, das waren seine Worte. Alles okay, Janis-Schätzchen? Take it easy, okay? Er hat es natürlich mit ganz viel von diesem bezaubernden französischen Akzent gesagt. Na ja, und Betty hat ihn ja dann auch aufgeklärt. Also genau genommen aber erst, als er sie schon geküsst hatte. Natürlich in der Annahme, sie sei du. Du verstehst?«
    Durchaus.
    »Oma, diese Musik ist aber voll doof.« Jule reicht den zu klein geratenen Walkman zurück nach vorn. »Hast du nicht Bibi Blocksberg?«
    Meine Mutter ignoriert Jule und schaut mich an. »Hallo? Du sagst ja gar nichts?! Janis?«
    »Ich heiße Anja.«
    »Natürlich.«

25. Kapitel
    Fünf Minuten später
    Im Appartement über der Bäckerei
    »Gefällt es dir?«, erkundigt sich meine Mutter und stößt wie einst Monsieur Croizet mit Schwung meine Wohnungstür auf. Direkt in der Mitte des kleinen Eingangsbereichs steht jetzt meine Palme, die ums Überleben kämpft, seit ich sie bei meiner simulierten Magen-Darm-Grippe mit Jules Gesundheitstee gegossen habe. Nun dürfte ihr Schicksal besiegelt sein, denn Sonnenlicht ist hier absolute Fehlanzeige.
    »Komm mit, Janis, vor allem im Salon fließt die Energie jetzt viel besser als vorher«, schwärmt sie. »Du weißt ja, Feng-Shui eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Ich kann damit dein ganzes Leben auf den Kopf stellen.«
    Das geht auch ohne Feng-Shui.
    Meine Mutter zieht mich ins Wohnzimmer, wo mein Samtsofa jetzt schräg vor der Balkontür thront, mit dem Rücken zum Fernseher. Dieser wiederum sowie die beiden Sessel und der kleine Glastisch stehen mit maximaler Entfernung zueinander in je einer Zimmerecke. In der Mitte ist eine freie Fläche entstanden, die durchaus für eine mittelgroße Tanzparty reichen würde.
    »Ganz frei können die Ströme so fließen. Völlig ungestört, ganz befreit von jeglichem Ballast …«
    … wie praktischen Überlegungen.
    Aus dem Flur dringt lautes Gepolter zu uns, aus der Küche strömt ein Geruch, der mich irgendwie an Erdnussflips erinnert.
    »Aua!«, brüllt Jule. »Mama, die Blume steht mitten im Weg! Und hier stinkt’s. Wo ist eigentlich Betty?«
    Gute Frage.
    »Ich habe eine peruanische Spezialität vorbereitet«, sagt meine Mutter und wendet sich jetzt meiner Pfanne zu, die auf meinem Herd steht. »Cuy, das sind Meerschweinchen mit gerösteten Erdnüssen, scharfer Salsa …«
    »Meerschweinchen?«, kreischt Jule. »Wie Caramel?«
    »Caramel?«, fragt meine Mutter zurück.
    »Das Meerschweinchen von Chloé. Oma, das geht doch nicht!«
    »Nein, das geht wirklich nicht«, sagt Oma und klingt etwas enttäuscht. »Ich habe auf dem Markt heute Morgen nämlich leider kein Meerschweinchen gefunden.

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