Ex en Provence
14:32
Andscha, weiißt du was? Isch werde nach-er einfach mal vorbeischauenn bei dir.
O Gott, nein! Irgendwie ist mir das alles – viel zu viel!
Sie haben vier SMS :
Ich schicke dir ein Foto, damit du nicht ganz mich vergisst. Philippe (Samstag, 13. November, 20:31)
Ahaaa! Das Foto. Mmmh … Verdammt. Er sieht ja doch ziiiiemlich gut aus. So kultiviert, so elegant, so … hach, und diese Augen, dieses Lächeln, diese … Aber was ist denn das da im Hintergrund? Das sieht ja fast ein bisschen aus wie der …
Eiffelturm!
Moment, sollte Philippe etwa trotzdem nach Paris gefahren sein? Ohne mich? Mit einer anderen? Das kann nicht sein. Völlig unmöglich! Auf jeden Fall dürfte er inzwischen direkt auf dem Weg zu meiner Wohnung sein, wo meine Mutter …
Kleines, bin jetzt doch an die Côte geflogen. Cannes ist umwerfend. Auch und gerade allein. Setze mich morgen in Mietflitzer, bin abends bei dir. Nehme mir Hotel. Kuss für Jule. (Samstag, 13. November, 20:44)
… und meine Schwester schon auf ihn warten! Aaaaah …
Janis, Liebling. Ich habe jetzt die Energieströme in deiner Wohnung etwas optimiert. Und eure Ankunft recherchiert. Hole euch also vom Bus ab. Freust du dich? (Sonntag, 14. November, 12:33)
Neeeeeiiiiin!
Mein Handy signalisiert mir jetzt eine frisch eingetroffene SMS . Absender unbekannt.
Alles in Ordnung? Du siehst etwas besorgt aus. Schau mal nach links. Und lächeln! (Sonntag, 14. November, 18:12)
Ich drehe mich nach links und blicke frontal in Erics Handy, mit dem er jetzt ein Foto von mir macht. Und gleich noch eins. Und noch eins.
»Hey, was soll das?«
»Das ist Kunst. Das Werk heißt: Anna nach dem Bauernhof.« Eric dreht das Handy zu mir, so dass ich den letzten Schnappschuss sehen kann.
»Ich heiße An- JA ! Gib das Handy her! Ich will das löschen. Ich sehe ja furchtbar aus.«
»Nein, du bist wunderschön«, sagt er.
»Meinst du das jetzt ernst?«
Eric grinst breit.
»Natürlich.«
Hm.
#
Kurze Zeit später
Bei der Ankunft in L’Oublie-en-Provence
»Oma!!! Betty!!! Mama, guck ma. Da sind ja wirklich Oma und Betty! Sie sind wirklich gekommen.«
Ich hab’s befürchtet.
»Ja, toll, nicht wahr, Julchen? Freust du dich?«
»Und wiiiiiieee!« Jule hüpft auf ihrem Sitz in der Reihe vor mir völlig euphorisch auf und ab, während der Bus auf den Parkplatz vor der Schule von L’Oublie-en-Provence rollt.
»Hast du Besuch?«, erkundigt sich Eric, der gerade Chloés Rucksack von der Gepäckablage holt.
»Ja, etwas überraschend. Und ziemlich zahlreich.«
»Ist doch schön, wenn die Familie kommt.«
»Ja, ja.«
»Mama, guck ma«, Jule zeigt aus dem Fenster. »Da ist auch dieser … dieser …«
Philippe!
»… na Philippe, der, den du heiraten willst.«
»Jule! Hör jetzt endlich auf, so einen Quatsch zu erzählen. Und überhaupt geht das ja nicht jeden etwas an.«
Hat Eric eben gestutzt? Kurz innegehalten beim Einräumen von Chloés Kuscheltieren in ihren Rucksack? Nein, kann nicht sein.
»Wieso? Ist doch wahr!« Dann fügt sie kaum hörbar hinzu: »Leider.«
Eric wendet sich jetzt in die uns entgegengesetzte Richtung und sortiert seine eigenen Sachen. Der Bus kommt zum Stehen ,und für französische Schulverhältnisse strömen die Kinder wenig geordnet hinaus. Ich raffe meine Jacke und meine Tasche zusammen und will Jule folgen, die schon auf dem Weg zu unserem mittelgroßen Empfangskomitee vor der Schule ist.
Doch da hält mich Eric plötzlich am Arm fest. »Anna?«
»Ja?«
»Au revoir«, sagt er sanft und küsst mich auf die Wange. Ein Mal! Er riecht nach Outdoor-Urlaub, nach Bergen, nach Wald … und ein bisschen nach Bauernhof.
Huch. Fand ich das jetzt tatsächlich … angenehm?
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Draußen fallen die ersten Kinder ihren heute in gemäßigten Wochenend-Pumps stöckelnden Müttern um den Hals. Auch einige Väter in Freizeitklamotten à la Altrocker Johnny Hallyday sind erschienen. Jule wird von meiner Mutter und von Bettina förmlich zerdrückt. Die Arme. Und Bettina scheint ihr mal wieder ein besonders gelungenes Geschenk mitgebracht zu haben, wenn ich das richtig überblicke. Jedenfalls wedelt meine Schwester mit einem Schirm im besonders dezenten Frosch-Design: breites Maul auf giftgrünem Stoff, und obendrauf zwei überdimensionale Froschaugen. Aus der berüchtigten Serie »Bettys peinliche Froschgeschenke«. Aber Jule scheint sich – ihren Luftsprüngen und Umarmungen nach zu urteilen – wirklich unbändig über dieses grässliche Modell zu
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