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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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ist vollkommen panisch, sie schnappt nach Luft und bewegt sich ganz steif. Andere Leute sind nicht in der Nähe. Einer der Burschen greift nach meinen Haaren, berührt sie. Tazim sieht aus wie eine zum Tode Verurteilte. Jetzt wird sie vergewaltigt, verstümmelt und ermordet, und dann das Ganze noch einmal von vorn, bis sie schließlich roh gefressen wird. Ich drehe mich um.
    »Ich bin nicht deine Schwester. Und hör auf, mich anzufassen«, sage ich auf Swahili. Es ist unglaublich lästig, aber so ist es nun mal – sie versuchen es einfach, wollen uns verunsichern. Die Burschen grinsen, bleiben stehen. Wir gehen weiter, um eine Ecke. Tazim fängt an zu schluchzen.
    »Was ist denn?«, frage ich und nehme sie in den Arm.
    »Ich hatte solche Angst.«
    »Das sind doch nur ein paar Idioten.«
    »Ja, aber ich dachte, jetzt …«
    »Du hast doch nicht etwa geglaubt, die würden uns wirklich etwas tun?«
    »Doch. Das … so was kann passieren.«
    Kolonialistin
    Wir kommen zu dem Haus, in dem Christian jetzt wohnt. Micks Bultaco 350cc steht draußen. Mick ist hier! Nein … er ist doch nach Deutschland geflogen. Mick hat seine beste Maschine verkauft, um in Deutschland ein bisschen Geld in der Tasche zu haben.
    Christian ist allein zu Hause. Er fährt Tazim sofort zur Schule. Kommt zurück und wendet mit dem Motorrad auf dem Hof. Ich sitze auf einem Stuhl vor der Tür. »Soll ich dich auch hinfahren?«
    »Ja, aber ich hab’s nicht eilig«, sage ich, ohne mich zu rühren.
    »Okay.« Er schaltet die Zündung aus, steigt ab, klappt den Ständer herunter. »Kann ich dir etwas anbieten?«
    »Zigaretten und Whisky«, sage ich. Er lacht.
    »Der Alte schließt den Barschrank ab, aber Zigaretten kann ich besorgen. Cola?«
    »Ja.« Er geht ins Haus. Ich folge ihm. Stehe hinter ihm, als er den Kühlschrank öffnet und eine Cola herausnimmt. »Ich will dein Zimmer sehen«, sage ich.
    »Okay.« Er gibt mir die Cola, geht im Flur voraus. Der Koch steht im Wohnzimmer und bügelt. Ich stecke den Kopf hinein, grüße. Er fragt, ob wir etwas essen möchten. »Hast du Hunger?«, will Christian wissen.
    »Klar.« Der Kühlschrank ist gut gefüllt.
    »Ja, wir möchten etwas essen, danke«, sagt Christian in ziemlich gutem Swahili. Wir gehen in sein Zimmer. Er hat eine eigene Stereoanlage, groß. Einen ordentlichen Stapel LP s und eine Menge Kassetten. Er schaltet die Anlage ein. Eddy Grant.
    »Zigaretten«, sagt er und zeigt dabei auf eine große, mit Kuhfell bezogene Trommel, die am Bett den Nachttisch ersetzt. »Bitte.«
    Es sind Marlboro. Ich zünde mir eine an. Sie sind besser als die tansanischen Zigaretten, die im Hals kratzen, zu lose gedreht und zu trocken sind.
    »Hmmm«, stöhne ich und lehne mich zurück, bis ich auf dem Bett liege, atme tief ein. Meine Brüste heben sich. Ich spüre, dass er hinguckt, obwohl mein Blick nur den Rauchringen folgt, die mein Mund ausstößt. »Die sind gut. Marlboro.« Er antwortet nicht. »Wo sind eigentlich deine Eltern?«
    Vor ein paar Monaten gab es an der Schule ein Gerücht, Christians Mutter würde es in der Stadt mit einem anderen Mann treiben. Christian sagt noch immer nichts. Ich schaue zu ihm hinüber. Er steht am Fenster und starrt mich mit leeren Augen an, wobei er so fest an seiner Zigarette zieht, dass der Rauch seinen Kopf einhüllt.
    »Meine Mutter spielt Kolonialistin bei einem holländischen Farmer am West-Kilimandscharo, und mein Vater säuft.«
    »Deine Mutter ist … ausgezogen?« Ich habe sie ein paar Mal gesehen, wenn sie in der Schule war – eine hochgewachsene, hübsche Frau mit großen Brüsten, irgendwie aristokratisch. Christian saugt den letzten Rest Nikotin aus der Zigarette und tritt an den Tisch.
    »Ja. Sie ist abgehauen«, sagt er, während er die Kippe im Aschenbecher ausdrückt. »Sie glaubt, er … Ach, Scheiße, was weiß ich. Sie glaubt wohl, dieser Farmer ist irgendwie mehr als mein Vater. Mehr … Mensch. Oder Mann.«
    »Und, ist er das?«
    »Woher soll ich das wissen?«, entgegnet Christian. »Ich bin schließlich erst siebzehn.«
    »Fährt dein Vater jetzt schwarz?«
    »Schwarzfahren?«
    »Hat er angefangen, schwarzen Frauen nachzusteigen?«
    »Ich weiß nicht«, erwidert er.
    Motorrad
    Ich höre einen Land Rover in der Einfahrt, jemand tritt hart auf die Bremse. Der Motor wird abgestellt, die Tür zugeworfen. Christian sieht mich an und beginnt zu zählen: »Eins, zwei, drei, vier, fünf …« Die Eingangstür klappt, und jemand fängt an, auf Dänisch zu

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