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Exodus

Titel: Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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bloß sanfter!« Dov griff nach ihr, legte die Hände um ihren Hals und drückte ihr die Kehle zu. »Laß mich in Ruhe — hörst du — laß mich in Ruhe!« Karen sah ihm fest in die Augen. »Nimm deine Hände von meinem Hals, augenblicklich.«
    Er ließ die Arme sinken. »Ich wollte dir nichts tun«, sagte er. »Ich wollte dich nur erschrecken.«
    »Erschreckt hast du mich nicht«, sagte sie und ging.
    Eine Woche lang sah ihn Karen weder an, noch sprach sie mit ihm. Dov plagte die Unruhe. Es war ihm unmöglich, wie früher stundenlang dazuliegen und vor sich hinzustarren. Den ganzen Tag ging er ruhelos im Zelt auf und ab. Früher war er mit seinen Gedanken allein gewesen. Jetzt konnte er überhaupt nicht mehr denken!
    Eines Abends war Karen mit ihren Kindern auf dem Spielplatz. Ein kleiner Junge fiel beim Spielen hin und fing an zu weinen. Sie kniete sich zu ihm nieder, legte die Arme um ihn und tröstete ihn. Irgend etwas veranlaßte sie, den Blick zu heben. Vor ihr stand Dov. »Tag, Karen«, sagte er kurz und ging rasch wieder davon.
    Die anderen hatten Karen zwar davor gewarnt, sich mit Dov einzulassen. Doch Karen wußte es besser. Sie wußte, daß er verzweifelt war, daß er einen Menschen brauchte, und daß dieses kurze »Tag, Karen« seine Form dafür war, sie um Verzeihung zu bitten.
    Ein paar Tage später fand sie abends auf ihrem Bett eine Zeichnung: sie stellte ein kniendes Mädchen dar, das einen kleinen Jungen im Arm hielt. Dahinter war Stacheldraht. Sie ging hinüber zu Dovs Zelt, aber Dov drehte ihr den Rücken zu, als er sie kommen sah.
    »Du bist ein sehr guter Zeichner«, sagte Karen.
    »Muß ich ja wohl«, sagte er bissig. »Hab' ja viel Übung gehabt. Meine Spezialität sind George Washington und Abraham Lincoln.« Er saß unbehaglich auf seiner Koje und biß sich auf die Lippe. Karen setzte sich neben ihn. Ihm war sonderbar zumute, denn er hatte, seine Schwestern ausgenommen, noch nie so nahe neben einem Mädchen gesessen. Sie berührte mit dem Finger die blaue Nummer, die auf seinem linken Unterarm eintätowiert war, und fragte: »Auschwitz?«
    »Warum gibst du dich eigentlich mit mir ab?«
    »Bist du noch nie auf den Gedanken gekommen, ich könnte dich vielleicht gern haben?«
    »Mich gern haben?«
    »Du siehst sehr nett aus, wenn du nicht gerade eine finstere Miene machst — was allerdings, das muß ich zugeben, meistens der Fall ist, und du hast eine sehr nette Stimme, wenn du mal nicht brummst oder knurrst.«
    Seine Lippen zitterten. »Ich — ich mag dich auch gern. Du bist nicht so wie all die andern. Du verstehst mich. Mundek, mein Bruder, der verstand mich auch.«
    »Wie alt bist du?«
    »Siebzehn«, sagte Dov. Dann sprang er plötzlich auf, fuhr herum und fauchte: »Wie ich sie hasse, diese gottverdammten Engländer. Sie sind nicht besser als die Deutschen.«
    »Dov!«
    Der heftige Ausbruch war so schnell vorbei, wie er gekommen war. Und doch, es war ein Anfang. Er hatte seinem Herzen Luft gemacht. Es war seit einem Jahr das erstemal, daß er mehr als ein oder zwei Worte hintereinander gesprochen hatte.
    Dov war gern mit Karen zusammen. Er freute sich, wenn sie zu ihm kam, weil sie zuhören konnte und weil sie ihn verstand. Er konnte ihr manchmal eine Weile ganz ruhig irgend etwas erzählen. Dann auf einmal brachen die Erbitterung und der Haß aus ihm heraus. Hinterher zog er sich wieder in sich selbst zurück und versank in düsteres Schweigen.
    Karen faßte allmählich Zutrauen zu ihm und erzählte ihm, wie es wäre, wenn sie ihren Vater in Palästina wiedersähe. In der ganzen Zeit, seit Karen von den Hansens weggegangen war, hatte sie immer soviel Arbeit mit den Kleinen gehabt, daß sie nie die Zeit gefunden hatte, sich mit einem Menschen wirklich anzufreunden. Dov schien stolz zu sein, daß sie gern mit ihm über all diese Dinge redete, und sie — ja, das war sonderbar, aber sie fand es auch sehr schön, sie ihm erzählen zu können.
    Eines Tages geschah etwas sehr Bedeutsames: Dov Landau lächelte, zum erstenmal, nach langer, langer Zeit.
    Es waren nur noch vierundzwanzig Stunden bis zu der letzten, der entscheidenden Phase des Unternehmens Gideon. Ari ben Kanaan versammelte seine Leute im Haus von Mandria.
    David ben Ami übergab Ari die Listen und die Papiere für die Verlegung, die Dov Landau soeben fertiggestellt hatte. Ari prüfte sie und meinte, der Junge sei ein wahrer Künstler. Niemand konnte die Echtheit dieser Dokumente bezweifeln. David erstattete Meldung über den

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