Exodus
Deutschland, via Dänemark.«
»Ich wüßte nicht, was es darüber zu reden gäbe.«
»Ich glaube doch.«
»Sie ist einfach ein reizendes Mädchen, und ich habe sie gern. Sie mag mich, und ich mag sie.«
»Lügen war nie deine Stärke.«
»Ich mag nicht darüber reden!«
»Du läßt dich da auf etwas ein, was zwangsläufig schiefgehen muß. Das letztemal bist du nackt im Bett eines Matrosen gelandet. Diesmal wirst du vermutlich draufgehen.«
Sie sah zur Seite und sagte: »Dabei bin ich immer so vernünftig gewesen, mein ganzes Leben lang.«
»Willst du etwa versuchen, alles, was du in dieser Beziehung versäumt hast, jetzt auf einmal nachzuholen?«
Sie legte die Hand auf seine Hand. »Ich verstehe es auch nicht — aber mir ist, als wäre ich neu geboren. Sie ist ein so ungewöhnliches Mädchen, Mark.«
»Und was machst du, wenn sie auf die Exodus geht? Hast du vor, sie nach Palästina zu begleiten?«
Kitty zerdrückte ihre Zigarette im Aschenbecher und trank ihren Cocktail aus. Ihre Augen wurden schmal, und ihr Gesicht zeigte einen Ausdruck, den Mark an ihr kannte. »Was hast du getan?« fragte er.
»Karen geht nicht mit auf die Exodus. Das war die Bedingung, unter der ich mich bereit erklärte, für Ari ben Kanaan zu arbeiten.«
»Was für ein Blödsinn, Kitty — was für ein verdammter Blödsinn!« »Hör auf!« sagte sie. »Hör auf, so zu tun, als ob irgend etwas dabei nicht in Ordnung wäre. Ich bin einsam gewesen, habe gehungert nach einer Zuneigung, einer Liebe, wie sie dieses Mädchen mir geben kann. Und ich kann für sie der Mensch sein, nach dem sie verlangt.«
»Du willst gar nicht ,ein Mensch' sein — du möchtest ihre Mutter sein.«
»Na, und wenn? Auch das wäre ganz in Ordnung.«
»Also, hör mal, wir wollen uns hier nicht weiter anschreien. Wir wollen in aller Ruhe darüber reden. Ich weiß nicht, was du dir da ausgedacht hast, aber ihr Vater ist vermutlich noch am Leben. Und wenn nicht, dann hat sie die Hansens in Dänemark. Und drittens: dieses Mädchen ist von den Leuten aus Palästina genauso verrückt gemacht worden wie alle anderen auch. Sie will unbedingt nach Palästina.«
Kittys Augen bekamen einen traurigen Ausdruck, und Mark bereute, was er gesagt hatte.
»Es war falsch von mir«, sagte Kitty, »daß ich sie nicht auf die Exodus gehen lassen will. Ich wollte sie ein paar Monate um mich haben, wollte ihr Vertrauen gewinnen, wollte ihr allmählich beibringen, wie wunderbar es wäre, wenn sie mit mir nach Amerika käme. Ich dachte, wenn ich ein paar Monate mit ihr zusammen sein könnte, dann wüßte ich genau —.«
»Kitty, Kitty! Karen ist nicht Sandra. Du hast die ganze Zeit nach Sandra gesucht, von dem Augenblick an, als der Krieg zu Ende war. Du hast nach ihr gesucht in diesem Waisenheim in Saloniki. Vielleicht war das der Grund, weshalb du Ben Kanaans Herausforderung annehmen mußtest; denn in Caraolos waren Kinder, und du dachtest, eins von diesen Kindern könnte vielleicht Sandra sein.«
»Bitte, Mark — hör auf.«
»Schon gut. Und was kann ich für dich tun?«
»Versuche festzustellen, ob ihr Vater am Leben ist. Wenn er nicht lebt, möchte ich Karen adoptieren und sie nach Amerika mitnehmen.«
»Ich werde mein möglichstes tun«, sagte er. Er sah Ari ben Kanaan, der, als Captain Caleb Moore verkleidet, rasch herankam und bei ihnen am Tisch Platz nahm. Sein Gesicht war kühl und beherrscht wie immer. Kittys Gesicht leuchtete, als sie ihn sah.
»Ich habe eben eine Nachricht von David aus Caraolos bekommen. Ich muß sofort hin. Und es scheint mir das Beste, Sie kommen mit«, sagte er zu Kitty.
»Was ist los?« fragten Mark und Kitty voller Aufregung im gleichen Atemzug.
»Genau weiß ich es auch nicht. Dieser Landau, der Junge, der die gefälschten Papiere für uns herstellt — er arbeitet im Augenblick an den Listen für die Überführung der dreihundert Kinder. Er weigert sich, weiterzumachen, ehe er nicht mit mir gesprochen hat.«
»Und was soll ich dabei?« fragte Kitty.
»Ihre Freundin Karen ist so ziemlich der einzige Mensch, der mit ihm reden kann.«
Kitty wurde blaß.
»Diese Papiere müssen innerhalb der nächsten sechsunddreißig Stunden fertig sein«, sagte Ari. »Es könnte notwendig werden, daß Sie Karen veranlassen, mit dem Jungen zu reden.«
Kitty stand schwankend auf und folgte Ari widerstandslos. Mark schüttelte bekümmert den Kopf und sah noch lange zu der Tür, durch die sie verschwunden waren.
Karen stand in dem Klassenzimmer,
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