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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Erstes Kapitel
    »Und ich sage dir, daß wir die Gefahr für uns alle nur vergrößern, wenn wir wieder nach Hause aufbrechen!« sagte Gela Nylf ärgerlich. Sie strich mit vier Fingern der linken Hand über die Tischkante, den Daumen als Führung benutzend. Ihr Gesicht war gerötet, die Augen kniff sie zusammen, die hohe Stirn zog Falten. Sie blickte an ihrem Widersacher, dem Biologen Charles Ennil, ein wenig vorbei. Er wiederum bemühte sich, sie nicht voll anzusehen. Gela Nylf schielte ein wenig, fast unmerklich. Ihr Blick hatte dadurch nicht jene musternde Schärfe, und ihre Partner konnten leicht den Eindruck gewinnen, sie sei nicht ganz bei der Sache. So empfand im Augenblick auch Ennil.
    »Es gab auf der Fahrt hierher im Grunde genommen keine echte Gefahr«, entgegnete er verächtlich. »Was soll unserem Schiff passieren! Dreimal haben uns diese Salmons und die anderen Fische geschluckt, und was war? Außer daß die Scheiben ein wenig blind geworden sind und wir im übrigen gründlich die Orientierung verloren haben, geschah doch nichts! Aber wenn wir hierbleiben…« Er vollendete den Satz nicht. Es war jedem der Anwesenden klar, was er damit sagen wollte. Gela senkte den Blick. Sie spürte wieder den Schauer über ihren Körper laufen wie damals, als dieses Meerungeheuer das Schiff schluckte. Dann tagelang die Finsternis um sie herum, das Schiff eingeschlossen von zersetzten Tierleibern und von Pflanzenresten. Würden diese Biester nicht alles, was sie greifen, hinunterschlucken, sondern kauen, wir wären jetzt… Und wer sagt, daß es nicht welche gibt, die kauen? Der Ozean wimmelt von solchen und noch größeren Ungeheuern geradezu. Und da sagt dieser Charles: Da war doch nichts! Natürlich hat er insofern recht: Außerhalb des Schiffes werden die Gefahren größer sein.
    »Nun, machen wir Schluß mit der Diskussion!« Robert Tocs, der Leiter der Expedition, hatte es energisch gesagt. Er sah unter seiner auf die Stirn geschobenen Brille hervor Charles Ennil zwingend an. »Außer dir, Charles, sind alle dafür, daß wir auch unter diesen Umständen die Aufgabe erfüllen. Es ist mir klar, daß es schwierig und vielleicht auch opferreich sein wird. Aber schließlich war uns das von Anfang an klar.«
    »Aber…«, warf Ennil ein.
    Robert Tocs erhob nur ein wenig die Stimme und fuhr ungeachtet des begonnenen Einspruchs fort: »Charles, ich bin mir sicher, daß es nicht etwa Angst um dein Leben ist, was dich so sprechen läßt. Dafür kenne ich dich zu gut. Du denkst vor allem an uns neunundzwanzig übrige. Das ehrt dich natürlich.
    Aber von Gela, unserem Küken, hast du eben gehört, was sie von deiner Fürsorge hält. Es entspricht unser aller Meinung.
    Also: Morgen startet eine Exkursion ins Landesinnere zur Erkundung eines Stützpunktes.«
    Tocs Blick ging über die Köpfe. Jens Relpek, der Physiker, blickte aus wasserklaren Augen zurück. – Nein, er ist zu weich, zu gründlich auch. Er würde lange wägen vor jeder Entscheidung – auch dann, wenn es auf die Sekunde ankommt.
    Gela – zu unerfahren, sie also noch nicht. Sie brennt sicher darauf, aber es wäre falsch. Ennil ist für die Leitung der Exkursion vorgesehen. Aber jetzt, nach seiner Äußerung? Bei ihm besteht auch die Gefahr, daß er zu tief ins Fachliche gleitet, im Registrieren und Eingruppieren das Leiten vergißt.
    Chris Noloc, sieh nicht so herausfordernd her. Ich weiß, daß du dazu einmal fähig sein wirst, noch bist du mir aber zu draufgängerisch, bringst womöglich deine Begleiter unnötig in Gefahr. Mieh, den Arzt, kann ich nicht von hier fortlassen. Er muß für die Mehrheit da sein. Seine Frau wird die Exkursion begleiten. Leiten kann sie sie nicht. Wer also? – Ich! Das wäre gegen die Vernunft und gegen die Instruktion…
    Wieder machte Tocs Blick die Runde. Dann strich er sich über die Augen und sagte: »Charles Ennil wird die Exkursion leiten. Sie fliegt mit dem kleinen Helikopter. Die Mannschaft stellst du dir selbst zusammen, Charles.
    Ich danke, gute Nacht. – Du bleib noch einen Augenblick, Chris!«
    Tocs war mit den anderen aufgestanden. Als sie gegangen waren, trat er an die große Rundsichtscheibe der Brücke und starrte nach draußen. Sie hatten die Scheinwerfer gelöscht. Das Stück Himmel über ihnen lag in einem fahlen Schein. Nur die großen Sterne durchdrangen ihn. Unmittelbar vor dem Schiff türmte sich die trostlose Geröllwüste.
    Kommandant Tocs lächelte. Er dachte an das schwierige Landemanöver. Erst

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