Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
dem Ministerpräsidenten von Barbados, und bald drehten vier Flugzeuge ihre Runden über unserer Mastspitze, eins zog so tief herunter, daß der Luftdruck das Großsegel zu drehen drohte. Die Landmasse wuchs, und die Sonne blitzte in fernen Fensterscheiben. Wir entdeckten Häuser, immer mehr. Boote kamen aus dem Landdunst hervor, scharenweise. Ein Rennboot mit Normans Frau Mary Ann und meinen beiden kleinsten Töchtern Marian und Bettina an Bord schoß über die Wellen. Boote aller Typen. Seekranke Gesichter, jubelnde Gesichter, gaffende Gesichter. Einige lachten sich halbtot und riefen und fragten, ob wir mit »dem da« aus Marokko gekommen wären. Von außen gesehen bestanden wir nur aus einer Korbhütte, die hinter einem stattlichen ägyptischen Segel auf dem Wasser schwamm, während vor und hinter uns zwei abgeschnittene Büschel aus dem Wasser ragten. Juris bunter, zerfetzter Vorhang verstärkte nicht gerade den Eindruck eines Ozeanfahrzeugs. Über fünfzig Fahrzeuge aller Typen und Dimensionen eskortierten schließlich die Zielstrecke der Ra II . Wir steuerten auf die Hauptstadt Bridgetown zu. Segelboote, Rennboote, Fischerbarken, viele verschiedene Jachten, ein Katamaran, ein Trimaran, ein Polizeikutter, ein grüner Volltakler, als Piraterischiff dekoriert und mit Touristen beladen, und unsere alte Bekannte, die Culpepper , umkreisten uns. Es herrschte ein solches Chaos, daß sich der friedliebende Carlo zurück in die Einsamkeit des Meeres sehnte. Georges dagegen fühlte sich ganz zu Hause, zündete unsere letzte rote Fackel an und stellte sich wie eine Freiheitsstatue auf das Hüttendach.
So endete die Reise mit der Ra . Vor dem Hafen von Bridgetown fierten wir das verblaßte Großsegel mit der runden Sonnenscheibe zum letzten Mal und rollten es ein, während die Mannschaft auf der Culpepper uns ein Tau zuwarf.
Im Hafengebiet wimmelte es wie in einem Ameisenhaufen. In allen Straßen dichtgedrängte Menschen. Unsere Uhren zeigten fünf Minuten vor 7 Uhr, wir mußten sie nach Barbados-Zeit stellen; uns erwartete ein langer Tag, nachdem wir 3 270 Seemeilen, 6 100 Kilometer, seit unseren letzten Schritten an Land zurückgelegt hatten.
Ehe wir am Kai anlegten, fanden wir acht Gelegenheit, uns gegenseitig die Hand zu drücken. Nicht einer war unter uns, der nicht verstand, daß wir es der friedlichen Zusammenarbeit verdankten, wohlbehalten übers Meer gekommen zu sein.
Wir warfen einen letzten Blick zurück auf das bezwungene Meer. Es lag in scheinbarer Unendlichkeit da, wie zu den Tagen des Kolumbus, wie zu den großen Tagen der Phönizier und Olmeken. Wie lange würden sich da draußen noch Wale und Fische tummeln? Werden die Menschen in letzter Stunde endlich lernen, ihren Abfall zu begraben, ihre Streitaxt gegen die Natur? Werden zukünftige Generationen wieder lernen, Meer und Erde zu schätzen, die von den Inka Mama-Cocha und Mama-Alpa - Mutter-Meer und Mutter-Erde - genannt wurden? Wir sitzen alle in einem Boot.
Wir sprangen barfuß an Land.
Draußen rollte der Meeresstrom weiter. 57 Tage. 5700 Jahre. Haben die Menschen sich verändert? Die Natur nicht. Und die Menschen sind ein Teil von ihr.
Thor Heyerdahl bei C. Bertelsmann:
Fatu Hiva
Zurück zur Natur 366 Seiten mit 111 Abbildungen
Thor Heyerdahl, der hier sein kühnstes Abenteuer erzählt, ist ein Schriftsteller, der sein Leben aufs Spiel setzt, wenn es darum geht, zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Das Fazit:
Eine Rückkehr zur Natur ist nicht möglich. Wir müssen uns heute bewähren, indem wir die Natur in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten oder ihn wiederherstellen
Tigris
Auf der Suche nach unserem Ursprung 400 Seiten mit 64 Seiten Farbfotos Nach seinen Expeditionen mit der Kontiki und der RA startete Thor Heyerdahl diesmal im Nachbau eines navigationsfähigen Sumerer-Schiffes. Obwohl der weltbekannte Forscher das neue Abenteuer aus Protest abbrach, hatte ihm die Reise durch den Arabischen Golf und über den Indischen Ozean den Beweis geliefert, daß die Sumerer, das geheimnisumwitterte Volk am Anfang der Menschheitsgeschichte, über die Meere fuhren.
Wege übers Meer
Völkerwanderungen in der Frühzeit
420 Seiten mit 66 Strichzeichnungen und Karten
Neben seinen Expeditionsberichten hat Thor Heyerdahl die Ergebnisse und Erkenntnisse seiner Forschung in Aufsätzen veröffentlicht, die in wissenschaftlichen Zeitschriften verstreut sind. Zu einem Buch wurden sie erstmals 1966 zusammengefaßt (Neufassung 1975). Nun, nach seiner
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