Expedition zur Sonne
so war.
Und dann stürmte er in den Instrumentenraum. Er war etwas besserer Laune, weil sich herausgestellt hatte, daß er am Versagen der Kamera nicht schuld war. Das machte er den wartenden Männern klar, sobald er seinen Helm abgenommen hatte.
»Die Kamera arbeitet bei normalen Temperaturen, und sie arbeitet auch bei Kometen-Temperaturen. Aber leider arbeitet sie nicht, wenn die verschiedenen Segmente nicht fast dieselbe Temperatur haben. Als ich das Ding hinausbrachte, funktionierte es vorzüglich. Bei Schiffstemperatur. Als dann die Hitze in den Kometen kroch, spielte sie verrückt. Später, als die Temperatur sich abkühlte, funktionierte die Kamera wieder. Eine nette Konstruktion.«
»Aber sie war doch schon seit Tagen draußen.«
»Sicher – draußen im Sonnenlicht. Sie mußte sich ein paar hundert Grad Hitze anpassen. Und auf der anderen Seite spürte sie die Eiseskälte.«
»Kann man nicht ein Kontrollsystem einbauen, das die Differenz der Temperaturen ausgleicht?« fragte der Kommandant mild. »Das ist Ihr Fachgebiet. Sicher können Sie etwas konstruieren, das ...«
»Oh, sicher. In einer Minute, wenn es hier eine technische Werkstatt gäbe.« Ärgerlich vor sich hin murmelnd, ging er davon.
Als sie sich der Sonne bis auf fünfzehn Millionen Meilen genähert hatten und ein weiterer Meter an der der Sonne zugewandten Seite des Kometen geschmolzen war, trat Ries mit seinem Werk aus seinem Labor. Er war offensichtlich übermüdet und in schlechterer Stimmung als je zuvor während des Flugs.
»Müßte die Sonne jetzt nicht auf den Tunneleingang scheinen?« fragte er.
Einer der Astronomen rechnete kurz im Kopf nach.
»Ja. Sollen wir Ihnen helfen?«
»Nein«, knurrte Ries und verschwand. Der Astronom zuckte mit den Schultern.
Ries trug die schwere Kamera durch den Tunnel, was eigentlich ein Risiko darstellte. Die Gefahr bestand, daß man zu schnell ging und für immer aus dem Kometen geschleudert wurde. Ries hielt sich immer wieder an den Haltegriffen an den Tunnelwänden fest, um sein Tempo nicht zu sehr zu beschleunigen. Am Tunneleingang befestigte er die Kamera, so daß die Linse nach Norden blickte, und wartete auf den Sonnenaufgang. Bald flammte das Licht am Horizont auf, bildete eine gleißende Korona, die sich purpurrot färbte, und schließlich tauchte die strahlende Photosphäre auf.
Die Photosphäre war nicht heller als vom Rand der Erdatmosphäre aus gesehen. Aber sie schien auch nicht schwächer. Ries konnte aber nicht in die Photosphäre sehen, als er die Kamera darauf richtete. Danach kehrte er durch den Tunnel in das Innere des Kometen zurück. Er fand einen Interferenzfilter.
Jetzt war nur noch das Problem zu lösen, wie Ries das Funktionieren der Kamera beobachten und den schützenden Filter anbringen sollte, was zweifellos eine Weile Zeit in Anspruch nehmen würde. Und fünfzehn Millionen Meilen von der Sonne entfernt konnte man nicht lange arbeiten, wenn man keinen Schutz außer einem Raumanzug besaß. Die Expedition war natürlich so sorgfältig geplant worden, daß keiner der Männer je in die Verlegenheit kommen sollte, in der Sonnenhitze zu arbeiten. Aber alles ließ sich eben nicht voraussehen. Grumpy Ries mußte ein oder zwei Stunden im vollen Sonnenlicht arbeiten. Aber sobald er sich zehn Minuten der Hitze draußen ausgesetzt hatte, mußte er zwanzig Minuten im kühlen Tunnel verbringen. Und das hieß, daß er für seine Arbeit zu lange brauchen würde.
Die Vorratslager der Mannschaft enthielten Rollen von Aluminiumfolie und Drahtspulen. Ries fertigte einen Schild aus zwei Lagen Folie an. Der Zwischenraum zwischen den zwei Lagen wurde mit Eis gefüllt. Mit Hilfe des Drahtes verlieh er seinem Schild Festigkeit, und in seinem Schutz hatte er in kurzer Zeit das neue Kontrollsystem und den Filter eingebaut.
Mit der ihm eigenen Kürze teilte er den anderen mit, daß er seine Arbeit erledigt hatte. Das Kontrollsystem wurde von innen getestet. Wie Würmer zog man Ries aus der Nase, wie er das bewerkstelligt hatte, und die Bewunderung der Wissenschaftler zauberte beinahe ein Lächeln auf sein bärbeißiges Gesicht.
Beinahe. Aber ein eingefleischter Griesgram ändert sich nicht von einer Sekunde auf die andere. Wenn er sich überhaupt je ändert.
Zehn Millionen Meilen vom Zentrum der Sonne. Noch einundzwanzig Stunden. Aber noch zählten sie nicht die Minuten. Die Sonne kroch ein wenig höher über den nördlichen Horizont, vom Eingang des Tunnels aus gesehen, und jedesmal,
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