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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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daß ich die liebe lange Nacht kein Auge zubekam, Was ist das hier für ein Aufruhr, ihr Esel? brüllte der Glatzkopf auf dem Flur, ich dulde keine kommunistischen Ungehörigkeiten auf der Station, Wenn wir zusammen am Strand baden, hauchte die Parfümwolke, nebeneinander auf den Handtüchern liegen, uns gegenseitig eincremen, auf Segeltuchstühlchen die Zeitung lesen, und der Funker stellte sich diese widerliche dicke Alte vor, mit einem lächerlichen Strohhut auf dem Kopf, einer Sonnenbrille mit Mickymäusen auf der Fassung, mit übereinander aus dem Bikini quellenden rosigen Falten: nackte Kinder würden stehenbleiben, um zu gucken, ernste Typen mit den Schuhen in der Hand würden verblüfft mit offenem Mund dastehen, und ich hätte am liebsten den Hörer aufgelegt, ich wäre am liebsten umgezogen, ich wäre am liebsten weggelaufen. Sie wagen es auch noch, schlecht über die Gattin unseres Kommandeurs zu sprechen, würdigen sie auch noch herab, verabscheuen Sie auch noch, Lucília ist im letzten Jahr an Typhus gestorben, tat der Oberstleutnant kund, der breit auf dem Sofa hockte und mit den Fingerspitzen zerstreut einen Männerschuh streichelte, Edite hat es mir beim Abendessen gesagt: Können Sie sich vorstellen, wie ich sie mit Cremes einschmiere, Herr Hauptmann? jammerte der Funker wie ein Verdammter, können Sie sich vorstellen, wie ich ihr den Rücken mit Kastanienbutter bestreiche, Herr Hauptmann? Die Raben werden Sie nicht weiter stören, versprach der
junge Arzt, die Raben werden Sie nie wieder stören, es war jetzt ganz dunkel geworden, und als Melissa, die Göttin des Striptease, auf die Straße trat, gingen gerade die Laternen der Stadt an, große, unförmige, noch helle, noch dem Tag angehörende, noch deutliche Schatten zögerten an den Fassaden, die Geräusche bekamen einen scharfen, gläsernen Klang, die ersten Fledermäuse stiegen in der Stille schnell auf und nieder, der Himmel über den Dächern schrumpfte, und die Häuser waren noch unversehrt, nur geheimnisvoller und drohender und dichter, und die Bäume hatten den Brand doch überlebt, und sie seufzte erleichtert auf, hörte auf, angespannt das Leder der Handtasche mit den Fingern zu zerdrücken, denn alles war wie immer, hatte die ruhige, gelassene, übliche, beinahe geometrische Ordnung von immer.
    – Im Grunde genommen war ich es, der sich allein fühlte, murmelte der Funker zu niemandem, so leise, als würde er beten, und betrachtete mit hohlen Augen das leere Glas. Und zudem häufte sich wegen Esmeraldas Krankheit der Staub, häufte sich der Müll, häufte sich die ungelesene Post, die Wohnung, wissen Sie, wurde ganz allmählich unbewohnbar.
    – Ich habe ihrer Mutter fünfhundert Escudos als Unterstützung für die Beerdigung gegeben, einen Kranz mit einem Kärtchen geschickt, sagte der Oberstleutnant: Ich hatte sie seit weiß ich wie vielen Jahren nicht mehr gesehen. Es hieß, sie wöge einhundert Kilo, wäre wegen nichts und wieder nichts müde, würde von einem Bauunternehmer ausgehalten.
    – Ich machte sauber, saugte Staub, kochte, betete der Funker, während er das Glas mit zittriger Pontifexgeste hob. Ich machte Esmeralda, der Armen, das Bett und zog sie frisch an und schob ihr die Bettpfanne unter die Beine. Im Laufe der Zeit konnte die Arme ihren Stuhl und ihren Urin nicht mehr halten.
    – Haben Sie eine Ahnung, fragte der Oberstleutnant, was eine Beerdigung von hier nach Alcochete kostet?
    – Sie saß den ganzen Tag in einem Lehnstuhl, ging der Funker ins Detail, schaute mit Statuenaugen auf die Straße. Ich redete
mit ihr, Guten Abend, Hallo, Wie fühlst du dich, und die Alte stumm, sie war so viel wie nichts.
    – Und ein steinerner Engel, um das Grab zu schmücken, was? brachte der Oberstleutnant vor. Ein, sagen wir mal, ein Meter großer Engel, nicht größer, der weint, ein offenes Buch in der Hand hält und mit Ruhe in Frieden auf dem Sockel?
    – Sie erkannte mich nicht, antwortete mir nicht, redete nicht, schien überhaupt nichts zu hören, sagte der Funker, während er das Glas segnete. Ich habe den ganzen Heiligenplunder und die Hausaltäre alle verkauft, um sie in ein Heim zu stecken.
    – Seit der Krieg zu Ende ist, ist Sterben höllisch kompliziert, Herr Kommandeur, stimmte der Soldat zu. In Afrika war das wenigstens ein Klacks: ein Schuß, ein in die Fahne gewickelter Sarg, der Küchenmeister konnte weniger Kartoffeln berechnen, keine Zeremonie, keine Sentimentalitäten, keine Tränen, das Telegramm an die

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